Gabriel: Trumps Sicherheitsstrategie ist "Epochenbruch"

Interview

Vorsitzender der Atlantikbrücke:Gabriel: Trumps Sicherheitsstrategie ist "Epochenbruch"

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Der frühere Bundesaußenminister Gabriel sieht in der US-Sicherheitsstrategie einen "Epochenbruch" zwischen Europa und den USA. Die EU sei Trump "ein Dorn im Auge", so Gabriel.

Gabriel zur Sicherheitsstrategie der USA: "Ein Epochenbruch"

Der frühere Bundesaußenminister und Chef der Atlantikbrücke warnt vor einem "Epochenbruch" zwischen Europa und den USA. "Die Interessen der Amerikaner enden am Ärmelkanal", sagte Gabriel.

11.12.2025 | 7:14 min

Der ehemalige SPD-Chef und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA als einen "Epochenbruch" bezeichnet. "Die Interessen der Amerikaner enden am Ärmelkanal", sagte der Vorsitzende der Atlantikbrücke im Interview mit phoenix. "Was danach kommt, Europa, Westeuropa und Russland wollen sie sich selbst überlassen." Die neue US-Strategie zeige, dass Europa derzeit überhaupt nicht ernstgenommen werde.

Wenn Europa stärker wird, vor allen Dingen wirtschaftlich stärker wird, wenn wir militärisch stärker werden, dann werden wir auch wieder ernst genommen.

Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantikbrücke

Angesichts dieser strategischen Verschiebung warnte Gabriel davor, gegenüber US-Präsident Donald Trump auf Beschwichtigung zu setzen. "Ich glaube, was niemand hoffen darf, ist, dass er jetzt durch Nettigkeiten oder durch Unterwürfigkeit den amerikanischen Präsidenten vom Gegenteil überzeugt. Das Gegenteil ist richtig", sagte der frühere Außenminister.

Stattdessen forderte er eine rasche militärische Stärkung Europas innerhalb der Nato, um wieder ernst genommen zu werden. "Wir sollten die Amerikaner nicht von uns aus wegstoßen, aber wenn das jetzt nicht passiert, dann kann einem um Europa wirklich Angst und bange werden."

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Gabriel: US-Fokus liegt auf China und Lateinamerika

"Wir haben aber natürlich viele in Amerika, die nach wie vor an guten Beziehungen zu Europa interessiert sind", so Gabriel. Diese finde man allerdings nicht in Trumps Regierung. Der neue Fokus Washingtons verschiebe sich auf China, den eigenen Kontinent und Lateinamerika.

Das, glaube ich, wird auch der nächste amerikanische Präsident nicht rückgängig machen.

Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantikbrücke

Es sei zwar nicht so, "dass ganz Amerika hier gegen Europa aufgestellt ist, aber politisch muss man jetzt zur Kenntnis nehmen, sind die Amerikaner keine verlässlichen Verbündeten mehr, weder militärisch noch in anderen Fragen", sagte der ehemalige Außenminister. Zudem sehe man, dass die USA sich im Ukraine-Krieg in Teilen bereits jetzt schon mit "unserem ärgsten Feind in Moskau" verbünden.

Es nützt nichts, da jetzt irgendwie weiße Salbe drauf zu schmieren.

Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantikbrücke

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Gabriel: EU ist Trump "ein Dorn im Auge"

Trump halte nichts von Staatenbündnissen und setze stattdessen auf bilaterale Verhandlungen. Daher sei die EU dem US-Präsidenten "ein Dorn im Auge", so Gabriel. Was es nun in Europa brauche, sei diese "Koalition der Willigen".

Die, die Mut haben, die müssen sich in Europa zusammentun. Und sie dürfen nicht warten, bis Viktor Orban und andere da auch zustimmen. Wir werden das im Zweifel ohne die und allein machen müssen.

Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantikbrücke

Viele Länder in der Welt wollten sich weder von China noch von den USA oder Russland führen lassen. "Das sind unsere zukünftigen Partner, aber dafür brauchen wir ein kräftiges Europa und in der Mitte dieses kräftigen Europas ist Deutschland, ist Frankreich, ist Polen. Das sind die Länder, die da zusammenhalten müssen", betonte der frühere Bundesaußenminister.

Quelle: ZDF
Über dieses Thema berichtete phoenix in der Sendung phoenix der tag am 11.12.2025 ab 17:30 Uhr.

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