Wahl im Bundestag: Wer die Neuen am Bundesverfassungsgericht sind

Richterwahl im Bundestag:Die drei Neuen am Bundesverfassungsgericht

von Christoph Schneider
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Günter Spinner, Ann-Katrin Kaufhold und Sigrid Emmenegger heißen die neuen Richter am Bundesverfassungsgericht. Wer die drei sind und warum eine weitere Personalie bedeutsam ist.

Barette der Richter im Bundesverfassungsgericht

Die drei neuen Verfassungsrichter müssen nach ihrer Wahl noch ein paar Tage warten, bis sie ihre Büros in Karlsruhe beziehen können. Die Ernennung durch den Bundespräsidenten ist für Anfang Oktober geplant.

Quelle: dpa | Deck, Uli

Der Bundestag hat im zweiten Anlauf drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt. Die von der SPD nominierten Kandidatinnen Sigrid Emmenegger und Ann-Katrin Kaufhold sowie der Unions-Kandidat Günter Spinner erhielten in geheimer Wahl jeweils die notwendige Zweidrittelmehrheit. Ein Überblick über die drei Neuen.

Günter Spinner

Der 53-jährige Günter Spinner ist seit zwei Jahren Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht - BAG - in Erfurt. Er steht dort dem 8. Senat vor. Spinner ist durch und durch ein Arbeitsrichter.

Das undatierte Bild zeigt Günter Spinner, Richter am Bundesarbeitsgericht.

Günter Spinner wird Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Ersten Senat, Josef Christ.

Quelle: dpa

Schon 2000 nach seinem Studium promovierte er über "Die vereinbarte Betriebsverfassung" an der Uni Freiburg, war danach an Arbeitsgerichten in Baden-Württemberg tätig, ehe er ans BAG kam: Von 2006 bis 2008 war er dort wissenschaftlicher Mitarbeiter, kam dann 2011 als gewählter Richter wieder dorthin zurück.

Als neuer Verfassungsrichter wurde Günter Spinner Ende Mai vom Bundesverfassungsgericht selbst vorgeschlagen, nachdem in der abgelaufenen Legislaturperiode keine Wahl mehr durch den Bundestag zustande kam.

Vorschlagsberechtigt für seine Wahl ist die Union, die sich den Vorschlag des Verfassungsgerichts zu eigen machte. Spinner wird im Ersten Senat Verfassungsrichter Josef Christ ablösen, der seit November sein Amt weiterführen musste, weil seine Nachfolge bis jetzt ungeklärt war.

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Ann-Katrin Kaufhold

Als Nachfolgerin von Verfassungsrichter Ulrich Maidowski im Zweiten Senat, der aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden will, hat die vorschlagsberechtigte SPD die Münchner Jura-Professorin Ann-Katrin Kaufhold präsentiert. Sie wurde im Wahlausschuss des Bundestags mit der nötigen Zweidrittelmehrheit schon am 7. Juli gewählt - ebenso wie übrigens Günter Spinner. Sie stand dann auch heute zur Wahl.

Ann-Katrin Kaufhold, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, vor einem Gebäude am 10.07.2025 in München.

Ann-Katrin Kaufhold, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wird Nachfolgerin für den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Zweiten Senat, Ulrich Maidowski.

Quelle: dpa

Kaufhold, 1976 geboren, hat an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht inne, ist außerdem Frauenbeauftragte der Juristischen Fakultät der Uni. Studiert hat sie u. a. in Freiburg, war auch wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Prof. Andreas Voßkuhle, dem einstigen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), bei dem sie über das Thema "Die Lehrfreiheit - ein verlorenes Grundrecht" auch 2005 promovierte.

Von 2006 bis 2009 war sie wissenschaftliche Referentin im Bundesjustizministerium. Die akademische Laufbahn ging weiter - habilitiert hat sie sich 2015 auch in Freiburg zum Thema "Systemaufsicht". Als Staatsrechtslehrerin hat sie sich rasch einen Namen gemacht.

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Sigrid Emmenegger

Sie ist die Neue unter den jetzt Gewählten, nachdem die zunächst vorgeschlagene Frauke Brosius-Gersdorf ihren Verzicht auf eine Kandidatur mitgeteilt hat. Emmenegger wurde von der vorschlagsberechtigten SPD als Nachfolgerin für Doris König vorgeschlagen. Zunächst wurde sie im Wahlausschuss des Bundestags am Montag mit der nötigen Zweidrittelmehrheit gewählt und jetzt auch vom Bundestag gewählt.

Sigrid Emmenegger

Sigrid Emmenegger arbeitete zuletzt am Bundesverwaltungsgericht und tritt die Nachfolge von Doris König am Bundesverfassungsgericht an.

Quelle: Justizministerium Rheinland-Pfalz

Die 48-jährige Emmenegger stammt aus Freiburg, hat an der dortigen Uni Jura studiert und später auch promoviert. Insofern ähneln sich die Biografien der neuen Verfassungsrichterinnen Kaufhold und Emmenegger. Emmenegger schrieb ihre Doktorarbeit über das Thema "Gesetzgebungskunst. Gute Gesetzgebung als Gegenstand einer legislativen Methodenbewegung in der Rechtswissenschaft um 1900 - Zur Geschichte der Gesetzgebungslehre". Ihr Doktorvater war Prof. Andreas Voßkuhle.

In Rheinland-Pfalz begann sie ihre Laufbahn als Verwaltungsrichterin, war am Verwaltungsgericht Koblenz, aber auch am Oberverwaltungsgericht in Koblenz. Zudem kennt sie auch schon das Bundesverfassungsgericht, war von 2009 bis 2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin beim damaligen Verfassungsrichter und späteren Präsidenten des Gerichts, also bei Andreas Voßkuhle. 2021 wurde sie ans Bundesverwaltungsgericht gewählt. Sie gehört dort dem 11. Senat an.

Wer wird die Vizepräsidentin des Gerichts?

Spannend bei der Personalwahl für das Verfassungsgericht ist auch, wer denn im Zweiten Senat die Nachfolge von Doris König als Senatsvorsitzende und Vizepräsidentin des Verfassungsgerichts übernimmt.

Die Wahl zur Vizepräsidentin erfolgt auch nicht im Bundestag, sondern im Bundesrat, der dann nach der erfolgten Richterwahl im Bundestag am morgigen Freitag unter TOP 87 darüber bestimmt. Das Vorschlagsrecht bei dem "Vizeposten" liegt bei der SPD, die Ann-Katrin Kaufhold vorschlägt.

Kaufhold könnte 2030 Präsidentin werden

Diese Personalie ist insofern wichtig, weil regelmäßig die Vizepräsidentin auf den Präsidenten folgt. Wenn also die zwölfjährige Amtszeit von Gerichtspräsident Stephan Harbarth im November 2030 endet, könnte die Vizepräsidentin auch Präsidentin werden - Kaufhold wäre dann die zweite Frau an der Spitze des höchsten deutschen Gerichts nach Jutta Limbach. Doch 2030 wäre auf jeden Fall dafür erst einmal ein weiterer formeller Wahlakt erforderlich.

Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.

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