Deutsches Bataillon in Litauen:Soldatenalltag an der Nato-Ostflanke
von Anne Stadtfeld
Knapp 350 Soldaten aus Mecklenburg-Vorpommern sind für sechs Monate in Litauen. Besonders jetzt vor Weihnachten vermissen viele ihre Familien.
Direkt an der Nato-Ostflanke, an der belarussischen Grenze trainieren Soldaten aus verschiedenen Bündnisländern für den Ernstfall. Mit dabei Bundeswehrsoldaten aus Mecklenburg-Vorpommern.
29.11.2025 | 4:01 minAuf dem Truppenübungsplatz in Pabrade in Litauen herrscht höchste Konzentration. Deutsche Soldaten des Panzergrenadierbataillons 411 aus Viereck in Mecklenburg-Vorpommern trainieren ein Gefechtsszenario. Mit scharfer Munition. Hauptmann David ist der Kompaniechef:
Hier wird scharf gesprengt und scharf geschossen und das ist mehr oder weniger das Ausbildungshighlight der gesamten Rotation für uns.
David, Bundeswehr-Hauptmann
Eine Rotation dauert sechs Monate, solange sind die Soldaten vor Ort. Kommandeur Tobias Tiedau leitet den deutschen Kampftruppenverband aus dem Nordosten. In Litauen ist er auch für die gesamte multinationale Battlegroup der Nato verantwortlich. Dazu gehören 1.400 Soldaten aus verschiedenen Bündnis-Ländern.
Die Multinational Battlegroup der Nato ist ein Kampfverband in Litauen, bestehend aus Truppenteilen aus sieben Bündnis-Ländern. Deutschland, Belgien, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Niederlande und Norwegen. Unter deutschem Kommando dienen mehr als tausend Soldaten im Baltikum. Sie leben in der Kaserne in Rukla, 30 Kilometer von Kaunas entfernt. Die Nato hat die Battlegroup bereits im Mai 2017 aufgestellt, um militärische Stärke gegenüber Russland zu demonstrieren. Alle sechs Monate werden die Soldaten von anderen Kameraden abgelöst. Ein Zyklus heißt Rotation. Aktuell läuft die 18. Rotation.
Ich hab auch eine Kampfkompanie, das ist eine holländische, eine Kampfkompanie ist eine norwegische, das ist ein ganz bunter europäischer Haufen.
Tobias Tiedau, Kommandeur
Die Wehrpflicht-Debatte hat erstmal ein Ende, doch die Unsicherheit bei Jugendlichen bleibt. Das Interesse bei jungen Leuten ist aber da, wie "Schnuppertage" bei der Bundeswehr zeigen.
15.11.2025 | 4:23 minSechs Monate Einsatz in Litauen: eine Dauerbelastung
Zur Battlegroup gehören insgesamt 900 Fahrzeuge, wie Schützenpanzer Marder oder Radpanzer Boxer. Für die Organisation der Instandhaltung ist der technische Offizier Tim zuständig. Bei der Verladung der Marder im Juli in Jägerbrück bei Torgelow freute sich der 28-Jährige vor allem auf die Erfahrung mit den ausländischen Kameraden. Mittlerweile habe der Dienst rund um die Uhr vor Ort Spuren hinterlassen.
"Das Schwierigste ist, dass man dauerhaft im Dienst ist", und dass man nicht abschalten könne oder mal ein Wochenende zur Erholung frei habe, erzählt er. Vor allem die ersten Monate seien eine intensive Zeit mit hoher Arbeitsbelastung gewesen.
Alltag in der Kaserne: Vorbereitung auf den Ernstfall
Ständig einsatzbereit, kaum Privatsphäre, selbst auf der Stube in der Kaserne in Rukla nicht. Evgenij zeigt seine drei gepackten Rucksäcke, die vor seinem schmalen Bett stehen. Mindestens zehn Tage müssen er und seine Kameraden damit bei Übungen und im Ernstfall autark leben.
Man macht sich Gedanken, aber solange es ruhig ist, denkt man wenig dran.
Evgenij, Bundeswehrsoldat
Die Kampfbrigade in Litauen sei Teil einer "Allianz", sagt der Kommandeur der Panzerbrigade 45, Huber. Man könne "jeden Zentimeter des NATO-Bündnisgebiets gemeinsam verteidigen".
23.05.2025 | 4:33 minZentral auf dem Gelände der Kaserne gelegen, sind große, stabile Zelte aufgebaut. In einem gibt es Tischtennisplatten oder Dart-Scheiben. Frau Oberstabsarzt Amelie nutzt eine freie Minute zum Match mit ihrem Kameraden.
"Um auch ins Gespräch zu kommen, wie der Tag bei dem jeweils anderen war und kurz den Kopf freizubekommen", sagt sie. Das sei als Ausgleich sehr wichtig.
Im nächsten Zelt ist ein kleines Fitnessstudio aufgebaut, direkt daneben die Einsatzkantine. Eine beleuchtete Bar und gemütliche Lounge-Sofas stehen vor einer großen Leinwand. Wenn es um Erholung geht, sei diese Kantine das Herzstück der Kaserne, sagen viele.
Auch die Kampfschwimmer der Bundeswehr durchlaufen ein extrem forderndes Training, um jederzeit einsatzbereit und für den Ernstfall gerüstet zu sein.
19.08.2025 | 17:59 min"Sich vielleicht mal einen Film anzugucken oder auch mit Kameraden mal was zu essen oder auch ein alkoholfreies Bier genießen können", erklärt Michael. Er macht den Service der Bar und hat sich freiwillig für den Auslandseinsatz gemeldet.
Weihnachten ohne Familie
Besonders jetzt vor Weihnachten vermissen viele Soldaten ihre Familien. Kommandeur Tobias Tiedau ist selbst Vater von zwei Kleinkindern. Auch dem 42-Jährigen fällt es schwer, nicht zuhause zu sein.
Nichtsdestotrotz weiß ich, dass ich das genau für diese wichtigen Menschen in meinem Leben mache und hier bin, damit wir zufrieden und in Freiheit zuhause Weihnachten feiern können und auch in Zukunft.
Tobias Tiedau, Kommandeur
Die Bundeswehr auf besonderer Mission in Neuseeland. Mit zwei Transportern vom Typ A400 übt sie dort extremen Tiefflug, um feindlichem Radar oder Luftabwehrstellungen zu entgehen.
15.11.2025 | 2:42 minUm Sorgen und Nöte zu besprechen, arbeitet in der Kaserne auch Militärpfarrer Sven Hofmann. Er sei da und könne erstmal zuhören: "Von Konflikten mit Ehefrauen, Ehepartnern. Wenn mit den Kindern irgendetwas ist. Es kann Probleme mal mit den Vorgesetzten geben."
In der Einsatzkantine blinkt bereits der geschmückte Tannenbaum. Weihnachten werden sie noch alle gemeinsam in der Kaserne feiern, bevor es Anfang Februar zurück nach Mecklenburg-Vorpommern geht. Dann übernehmen ihre Kameraden aus dem hessischen Schwarzenborn.
Anne Stadtfeld ist Redakteurin im ZDF-Studio Schwerin.
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