Schuster bei "Lanz": "Wahlumfragen in Beton gegossen"

Journalisten-Runde bei "Lanz":Schuster: "Wahlumfragen in Beton gegossen"

von Felix Rappsilber
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Gregor Peter Schmitz sagt, demokratische Kräfte hätten den "Mut zu Zumutungen" verlernt. Für Melanie Amann ist der Wahlkampf "in jeder Hinsicht seltsam und außergewöhnlich".

Markus Lanz vom 20. Februar 2025: Markus Lanz, Melanie Amann, Martin Machowecz, Gregor Peter Schmitz, Jacques Schuster
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 20. Februar 2025 in voller Länge.20.02.2025 | 74:46 min
"Wirkt der Wahlkampf überhaupt?", hinterfragte Jacques Schuster am Donnerstagabend bei "Markus Lanz". Am Vorabend der Bundestagswahl kam dort die Führungsriege der "Welt am Sonntag", der "Zeit", des "Spiegel" und des "Stern" zusammen, um den Wahlkampf Revue passieren zu lassen.

Einzigartiger Wahlkampf

Schuster, Chefredakteur der "Welt am Sonntag", analysierte: "Dieser Wahlkampf ist einzigartig in der Tatsache, dass die Wahlumfragen wie in Beton gegossen sind."
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Wie viele Unentschlossene gibt es aktuell noch? Gibt es bei der Sonntagsfrage Bewegung? Stefan Leifert mit den Zahlen der letzten Politbarometer-Umfrage vor der Bundestagswahl.20.02.2025 | 3:03 min
Schaue man sich die Umfrageergebnisse der großen Parteien vor einem Jahr an, zeigten sie das "Ergebnis, das wir heute haben". Diese seien trotz der Polarisierung, der TV-Duelle und der Quadrelle "betoniert".
Schuster kritisierte zudem, dass die derzeitige außenpolitische Krise im Wahlkampf "gar nicht" vorkomme: "Man müsste doch mal reden: Brauchen wir jetzt eigentlich eine Wehrpflicht? Wer ist dafür? Wer ist dagegen? Nichts, nichts, nichts."

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Klar konturierte politische Lager

Martin Machowecz, stellvertretender "Zeit"-Chefredakteur, sprach hingegen von einer "ordentlichen Richtungsentscheidung", die am Wahlsonntag getroffen werden könne:

Wir haben sehr klar konturierte politische Lager.

Martin Machowecz, stellvertretender "Zeit"-Chefredakteur

Man könne sich in der Wirtschaftspolitik "sehr straight" entscheiden, ob man "eher eine staatsgläubige oder eher eine staatskritische Haltung haben möchte". Man könne sich in der Flüchtlingspolitik "sehr stark" entscheiden, ob man "eher eine Flüchtlings-zugewandte oder eher eine abschottende Politik haben möchte".
Zwischen dem CDU-FDP-Lager und dem rotgrünen Lager sei eine "klare Grenze" sichtbar. Insgesamt seien es "sehr abwechslungsreiche Wochen" des Wahlkampfs gewesen.
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Schrille Begleitmusik

Wochen des Wahlkampfs, die Melanie Amann als "in jeder Hinsicht seltsam und außergewöhnlich" bezeichnete. Die stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteurin empfand die Anfangsphase "unerträglich inhaltsleer": "Dann kippte es zu Inhalten, aber immer mit einer gewissen schrillen Begleitmusik."
Amann spielte auf die Debatte um das Zustrombegrenzungsgesetz an, "wo man das Gefühl hatte", es gehe nicht um relevante Inhalte, sondern um das Prozedere: "Wie hat Herr Merz abgestimmt? Wie wird diskutiert?" Die Journalistin zeigte sich ernüchtert:

Bis auf einige Momente in diesen vielen Duellen, Quadrellen, Wahlarenen wurde nie so richtig über die Probleme und die Lösungen kontrovers diskutiert, dass man am Ende das Gefühl hätte: Ich gehe mit einem guten Gefühl ins Wahlbüro und mache mein Kreuz.

Melanie Amann, stellvertretende "Spiegel"-Chefredakteurin

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Kein Mut zu Zumutungen

Die demokratischen Kräfte hätten verlernt, "Mut zu Zumutungen" zu haben, pflichtete Gregor Peter Schmitz bei. Der "Stern"-Chefredakteur sagte:

Die Bereitschaft wirklich über die Themen, die gerade anstehen, zu verhandeln, war sehr niedrig und gleichzeitig waren die Erwartungen sehr niedrig.

Gregor Peter Schmitz, "Stern"-Chefredakteur

Schmitz zeigte sich überrascht, dass viele Leute "schon feierten, dass Friedrich Merz und Olaf Scholz freundlich und höflich miteinander umgegangen sind". Das sei sicherlich besser als im US-amerikanischen Wahlkampf, "gleichzeitig haben sie aber über ganz viele Sachen nicht gesprochen".
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Der Journalist kritisierte den Wahlkampf als "ernüchternd" und "extrem rückwärtsgewandt": "Wenn man viele TV-Duelle schaute, musste man den Eindruck bekommen: Wir sind ein Land, dass ein bisschen zu viele Flüchtlinge aufgenommen hat, aber sonst läuft alles super und wir müssen eigentlich gar nichts erneuern."
Alle beteiligten Kanzlerkandidaten hätten eine politische "Historie, die sie mit sich herumschleppen". Deren persönliche Beliebtheitswerte, so Schmitz, seien "bemerkenswert": "Je mehr sie sich dem Wähler präsentiert haben, desto unbeliebter sind sie in den Umfragen geworden."

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Quelle: dpa

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