Kriegsdienstverweigerung: Mehr Interesse bei Beratungsstellen

Zulauf zu Beratungsstellen:Wachsendes Interesse an Kriegsdienstverweigerung

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Die Bundesregierung will mit dem neuen Wehrdienstmodell mehr Soldaten rekrutieren. Mehr junge Menschen wollen den Kriegsdienst verweigern, melden Beratungsstellen.

Medizinischen Test im Zentrum Nachwuchsgewinnung Ost der Dahme-Spree-Kaserne der Bundeswehr in Berlin Gruenau

Mit medizinischen Tests wie hier in Berlin wird die Eignung für einen Dienst an der Waffe geprüft.(Archivfoto)

Quelle: Imago

Die Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerung registrieren angesichts des Kabinettsbeschlusses der Schwarz-roten Koalition wachsenden Zulauf. Grund sind die Einführung eines neuen Wehrdienstes sowie die anhaltende Debatte über eine Rückkehr zur Wehrpflicht.

Bei uns gehen immer mehr Anfragen ein, wenn das Thema Wehrdienst und Wehrpflicht in den Medien ist.

Michael Schulze von Glaßer, Geschäftsführer Deutsche Friedensgesellschaft (DFGVK)

"Das war etwa in der letzten Woche so und ist auch noch nicht abgeebbt", ergänzte der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFGVK), Michael Schulze von Glaßer, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Er fügte hinzu: "Allein unsere Website zählte im August 54.946 Aufrufe. Im Mai lag die Zahl noch bei 24.151."

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Die Regierung hat die Einführung eines neuen Wehrdienstes beschlossen. Danach soll der Wehrdienst zunächst freiwillig bleiben. Die Union hat Bedenken.

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Friedensgesellschaft: Strategiewechsel Verweigerung

Seit dem Kabinettsbeschluss am vergangenen Mittwoch habe man einen Strategiewechsel in der Beratung eingeführt, erläuterte Schulze von Glaßer.

Seit letzter Woche empfehlen wir allen jungen Menschen - insbesondere denen, die nach dem 1. Januar 2010 geboren wurden - einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen.

Michael Schulze von Glaßer, Geschäftsführer Deutsche Friedensgesellschaft (DFGVK)

Denn nach dem neuen Wehrdienstgesetz müssten sowieso alle gemustert werden, ergänzte Schulze von Glaßer. "Bis vor Kurzem haben wir Ungedienten - also Zivilisten, die bislang noch nichts mit der Armee zu tun hatten - empfohlen, noch keinen Verweigerungsantrag zu stellen, da sie dann zur Musterung eingeladen worden wären", so Schulze von Glaßer. So könnten sie "unter dem Radar fliegen" und würden der Armee nicht auffallen. Dies werde sich aber mit der Neuregelung ändern.

Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) bestätigte ebenfalls einen Zuwachs an Anfragen. Sie teilte gegenüber dem RND mit, die Wehrpflicht-Debatte habe die Zahl der Beratungsanfragen bereits im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent ansteigen lassen.

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Musterung ab 2027 wieder Pflicht

Der Gesetzentwurf für den neuen Wehrdienst sieht vor, dass junge Männer ab Jahrgang 2008 vom 1. Januar nächsten Jahres an in einem Fragebogen Auskunft geben müssen, ob sie zu einem Wehrdienst fähig und bereit sind. Junge Frauen können die Fragebögen ausfüllen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Zunächst wird nur eine Auswahl des Jahrgangs zu einem "Assessment" - einer Beurteilung - eingeladen. Ab dem 1. Juli 2027 soll aber auch die Musterung für Männer verpflichtend sein.

Beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das über die Anträge entscheidet, gingen in diesem Jahr bis Ende Juni bereits 1.363 Anträge zur Anerkennung auf Kriegsdienstverweigerung ein.

Im gesamten vergangenen Jahr lag die Zahl bei 2.241 Anträgen, 2023 bei 1.079 und 2022 bei 951 Anträgen.

Quelle: Reuters, dpa

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