Gesundheitsministerin :Warken warnt: Krankenkassen unter massivem Druck
Mehr Einnahmen, aber auch deutlich höhere Kosten: Krankenkassen stehen trotz eines Milliardenüberschusses unter Druck. Gesundheitsministerin Warken fordert dringende Reformen.
Die Ausgaben der Krankenkassen steigen weiter an, genauso wie ihre Einnahmen. Diese dienen jedoch zur Auffüllung der Finanzreserven auf das gesetzlich geforderte Mindestniveau.
05.09.2025 | 0:19 minVor dem Hintergrund der Milliardenlöcher bei Gesundheit und Pflege hat Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) rasche Maßnahmen angemahnt. Am Freitag sagte Warken bei einer Pressekonferenz in Berlin:
Der Handlungsbedarf ist klar: Wir brauchen kurzfristige Maßnahmen und langfristig wirkende Strukturreformen.
Nina Warken, Bundesgesundheitsministerin
Sollten diese Reformen nicht umgesetzt werden, drohten abermalige Beitragssteigerungen, warnte die Ministerin. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", sagte die Politikerin der CDU.
Die Koalition sei sich einig, dass die Spirale von immer zu Jahresbeginn steigenden Beiträgen durchbrochen werden müsse, hieß es weiter. Doch die Beiträge würden auch absehbar "unter Druck bleiben".
Warken: Milliardenlöcher bei Versicherung und Pflege
Warken zufolge klafft bei der Gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr ein Loch von vier Milliarden Euro, bei der Pflege sind es zwei Milliarden. Die Ausgaben seien in beiden Bereichen "ungebrochen hoch", sagte Warken. Das System sei "ohne tiefgreifende Reformen nicht mehr zu finanzieren".
Warken kündigte an, noch in diesem Monat eine Expertenkommission einzuberufen, die zeitnah Vorschläge für Reformen erarbeiten solle. Dazu laufe derzeit "regierungsintern die finale Abstimmung". Die Reformen sollen dazu führen, dass ab 2027 die Beiträge stabilisiert würden.
"Wir geben zu viel Geld aus und in der Qualität sind wir nicht so, wie wir sein müssen", sagte Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, kürzlich im ZDF-Morgenmagazin zur Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenversicherungen.
20.08.2025 | 4:58 minIm Etat 2025 stellt die schwarz-rote Koalition kein zusätzliches Geld über die bisherigen Pläne hinaus bereit, um drohende neue Anhebungen der Krankenkassenbeiträge zu verhindern, wie die Fraktionen von Union und SPD mitteilten. Vorgesehen sind für 2025 und 2026 aber bereits Finanzspritzen für die gesetzlichen Krankenkassen über Darlehen. Erst Anfang 2025 hatte es eine Welle kräftiger Beitragserhöhungen gegeben.
Krankenkassen: 2,8 Milliarden Euro Überschuss
Die immer stärker steigende Ausgaben setzen die Politik bei den Krankenkassen-Finanzen zunehmend unter Druck. So stiegen die Leistungsausgaben der noch rund 90 Krankenkassen im ersten Halbjahr um 7,95 Prozent auf 166,1 Milliarden Euro, wie aus neuen Kennzahlen des GKV-Spitzenverbands hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
Auffällig ist der auf 2,8 Milliarden Euro gestiegene Überschuss der Krankenkassen. Nach Rekorddefiziten im Jahr 2024 war bis Ende März bereits ein Überschuss von 1,8 Milliarden Euro entstanden. "Aber das sollte niemanden beruhigen", sagte der Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Oliver Blatt, der dpa.
Die Ausgabendynamik ist im ersten Halbjahr ungebrochen.
Oliver Blatt, Vorsitzender des GKV-Spitzenverbandes
Der Überschuss sei dringend notwendig, um die gesetzliche Mindestreserve der Kassen wieder aufzufüllen. In den vergangenen Jahren hatte es einen Rücklagen-Abbau gegeben. "Gerade mit Blick auf die dynamische Ausgabenentwicklung ist aber noch offen, ob das gelingen kann", sagte Blatt.
Den gesetzlichen Krankenversicherungen könnte laut Expertengremium 2025 eine Finanzierungslücke von 47 Milliarden Euro entstehen. Dabei zahlen die Beitragszahler nicht nur für Ärzte und Medizin.
03.06.2025 | 8:02 minAnstieg größer als im vergangenen Jahr
Allein beim größten Kostenblock, den Krankenhausbehandlungen, übertraf das Plus mit 9,6 Prozent noch das des ersten Halbjahres 2024 (7,9 Prozent). 54,5 Milliarden Euro flossen nun zu den Kliniken. Die Ausgaben für Ärzte stiegen um 7,8 Prozent auf 27,0 Milliarden, die für Arzneimittel um 6 Prozent auf 28,9 Milliarden Euro. Blatt sagte:
So kann es nicht weitergehen, solche Steigerungsraten hält kein Gesundheitssystem der Welt auf Dauer aus.
Oliver Blatt, Vorsitzender des GKV-Spitzenverbandes
GKV-Spitzenverband fordert Strukturreformen
Blatt forderte ein Ausgabenmoratorium und Strukturreformen. Diese sollten für die Versicherten im Alltag spürbar werden - zum Beispiel durch schnellere Arzttermine. Langfristig will Blatt aber auch verhindern, dass die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen weiter auseinanderklafft, und "wieder zu stabilen Finanzen kommen".
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