Nach Wadephuls verschobenem Besuch:Grüne: China-Reise von Klingbeil wirkt "planlos"
Finanzminister Lars Klingbeil reist nach Peking, um sich unter anderem für einen fairen Wettbewerb einzusetzen. Die Grünen sehen das nach Wadephuls abgesagtem Besuch kritisch.
Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil reist zu finanzpolitischen Gesprächen nach Peking.
Quelle: dpaDie Grünen haben die China-Reise von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) kritisiert. "Wenn der Außenminister seine Reise wegen fehlender ernsthafter Gesprächsangebote absagen muss, während der Finanzminister gleichzeitig wie geplant einreist, wirkt das außenpolitisch schlicht planlos", sagte Grünen-Chefin Franziska Brantner den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Montag.
Die Bundesregierung sendet ein völlig widersprüchliches Signal nach Peking.
Franziska Brantner, Grünen-Chefin
Eine Regierung könne international nur glaubwürdig auftreten, wenn ihre Signale zusammenpassten, betonte Brantner.
"Es war ungeschickt und vielleicht auch ein Fehler", sagt China-Experte Eberhard Sandschneider zur verschobenen China-Reise von Außenminister Johann Wadephul.
27.10.2025 | 3:24 minWadephul musste China-Reise verschieben
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hatte im Oktober eine geplante Reise nach China verschoben. Das Auswärtige Amt erklärte zur Begründung, die chinesische Seite habe die Termine Wadephuls nicht bestätigen können. Der Besuch soll aber nachgeholt werden.
Grünen-Chefin Brantner sagte nun mit Blick auf die China-Reise von Finanzminister und Vizekanzler Klingbeil, gerade angesichts von Chinas Rolle im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und neuer Handelsbeschränkungen brauche Deutschland eine "klare, abgestimmte China-Strategie". Sie fügte hinzu:
Nach der Moskau-Connection brauchen wir nicht noch eine Peking-Connection.
Franziska Brantner, Grünen-Chefin
Klingbeil müsse mit den chinesischen Verantwortlichen über Drohungen mit dem Stopp von Lieferungen von Chips oder seltener Erden sprechen, sagte Brantner den RND-Zeitungen weiter. "Ich erwarte von Herrn Klingbeil, dass er in Peking auf einen fairen Wettbewerb pocht."
Die Importe aus China übersteigen die Exporte um rund 87 Milliarden Euro. ZDF-Wirtschaftsexpertin Stephanie Barrett erklärt die Gründe für die hohen Einfuhren nach Deutschland.
04.11.2025 | 1:38 minKlingbeil: China spielt im Ukraine-Krieg entscheidende Rolle
Klingbeil nimmt am Montag am deutsch-chinesischen Finanzdialog in Peking teil. "Wir suchen den Dialog mit China, um trotz wachsender internationaler Spannungen Lösungen für drängende Probleme zu finden", erklärte der Finanzminister am Sonntag vor seiner Abreise.
Er fand dabei auch mahnende Worte: "Der Zugang zu kritischen Rohstoffen und der Abbau chinesischer Überkapazitäten in Sektoren wie Stahl und Elektromobilität sind für Wirtschaft und Arbeitsplätze in Deutschland von hoher Bedeutung. Wir scheuen keinen Wettbewerb, aber er muss fair sein."
"Die Abhängigkeit von China ist grundsätzlich ein Problem, die von Taiwan wird mehr und mehr zum Problem, zitiert Frank Bethmann an der Börse eine Bitcom-Studie.
15.10.2025 | 1:24 minMit Blick auf den Ukraine-Krieg erklärte Klingbeil, China spiele eine "entscheidende Rolle, wenn es darum geht, diesen Krieg zu beenden". Am Mittwoch wird Klingbeil nach Shanghai weiterreisen und sich dort mit Vertretern deutscher Unternehmen austauschen, die in China aktiv sind. Am Donnerstag soll es nach Singapur weitergehen.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) ist als erster Minister der schwarz-roten Regierung für politische Gespräche in China. Es dürfte seine erste diplomatische Bewährungsprobe sein - denn das Verhältnis zum Land in Fernost ist kompliziert und belastet, sowohl außen- als auch wirtschaftspolitisch. Die Problemfelder im Überblick:
Eigentlich sollte Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach China reisen, doch in letzter Minute sagte er seine Reise ab. Die chinesische Seite hatte ihm nur ein Treffen mit seinem Amtskollegen Wang Yi zugesagt - zu wenig aus Sicht des Deutschen. Gleichzeitig kamen aus Peking deutliche Töne gegen Wadephuls wiederholt kritische Äußerungen zur chinesischen Taiwan-Politik. Auch ein klärendes Telefonat schaffte offenkundig nicht alles aus der Welt: Laut chinesischem Außenamt warnte Wang sein Gegenüber, von "Mikrofon-Diplomatie" und unbegründeten Anschuldigungen abzusehen.
Offen ist, ob es Vizekanzler Klingbeil gelingt, in dieser angespannten Situation den richtigen Ton zu treffen. Er reise in enger Abstimmung mit Außenminister und Kanzler, betont er.
Politiker bewegen sich bei Besuchen in China diplomatisch auf dünnem Eis. Lehrmeister aus dem Westen mag man dort nicht. Doch zugleich gibt es Themen, die ein deutscher Politiker nicht unausgesprochen lassen kann. In der Volksrepublik werden immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen kritisiert, außerdem müssen sich westliche Gäste meist zur Taiwan-Frage verhalten.
China zählt Taiwan zu seinem Territorium, obwohl die Inselrepublik seit Jahrzehnten eine demokratisch gewählte Regierung hat. In Peking zieht man Parallelen zur deutschen Wiedervereinigung - schließt aber auch einen Militäreinsatz nicht aus. Beinahe täglich trainiert Chinas Volksbefreiungsarmee mit Kriegsschiffen und Kampfjets vor Taiwan.
China sieht sich als Gewinner der Handelsstreitigkeiten mit den USA und hat an Selbstbewusstsein gewonnen. Zuletzt sorgten chinesische Handelsbeschränkungen für Seltene Erden sowie ein Streit zwischen Peking und den Niederlanden über den Automobilchip-Zulieferer Nexperia für Beunruhigung in Europa.
Die Metalle der Seltenen Erden und die daraus gefertigten Magnete stecken in Bildschirmen von Smartphones oder Fernsehern, in den Antrieben für Elektromotoren, Halbleitern oder Turbinen. Die deutsche Industrie ist deshalb darauf angewiesen. China hat ihren Export beschränkt, deutsche Unternehmen müssen aufwendige Genehmigungsverfahren durchlaufen. Darüber wolle er sprechen, kündigt Klingbeil an.
Ein weiteres Thema, bei dem der deutsche Vizekanzler offen sprechen will, ist Chinas Rolle im russischen Krieg gegen die Ukraine. In Bezug auf Russland wird den Chinesen viel Einflussmöglichkeit zugesagt. Staats- und Parteichef Xi Jinping empfing Anfang des Monats Russlands Ministerpräsidenten Michail Mischustin, die Beziehung der beiden Atommächte wird enger.
Kremlchef Wladimir Putin bezeichnet der Chinese gerne als "alten Freund". Die bisherigen chinesischen Friedensvorschläge verfolgen aus Sicht der Ukraine russische Interessen. Hinzu kommt, dass China mit seinen Öl-Importen aus Russland weiter Geld in deren Kriegskasse spült.
Quelle: dpa
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