Studiengebühren als Waffe: Wie China kritische Forschung stoppt

Studiengebühren als Waffe:Wie China kritische Forschung in Sheffield stoppt

von Wolf-Christian Ulrich, London

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Aus Angst vor dem Verlust chinesischer Studiengebühren stoppte die Uni Sheffield Forschung über Zwangsarbeit. Ein Spagat zwischen Lehrfreiheit und ökonomischer Abhängigkeit.

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Weil eine britische Wissenschaftlerin zu Menschenrechtsverletzungen durch die chinesische Regierung forschte, wurde sie von China massiv unter Druck gesetzt.

14.11.2025 | 2:20 min

Wie die Abhängigkeit von Chinas Wirtschaft Europa in die Bredouille bringt, zeigt sich an der britischen Universität Sheffield: Wissenschaftler forschten hier über Zwangsarbeit in China beim Abbau von Silizium für unsere Solaranlagen. Ein großes Geschäft. Prof. Laura Murphy, die diese Forschung an der Sheffield Hallam University betreibt, sagt ZDFheute:

Noch immer werden Millionen Uiguren zur Arbeit gezwungen. Und es ist wichtig, dass die Wissenschaft das genau untersucht.

Laura Murphy, Sheffield University

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Doch genau diese Forschung stört die chinesische Regierung. Sie machte deshalb so viel Druck, bis die Uni die Forschung stoppte und die Studien aus dem Netz nahm. Die Angst der britischen Unis: Dass keine chinesischen Studenten mehr kommen. Die Universitäten finanzieren sich nämlich durch die hohen Studiengebühren chinesischer Studenten. "Die Uni sprach immer wieder darüber, dass sie ihren Zugang zum Markt der chinesischen Studenten riskiert", so Laura Murphy zum ZDF.

Mir wurde gesagt: Es geht ums Geld.

Laura Murphy, Sheffield University

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China spricht von "Verbreitung von Lügen"

Luke de Pulford, Menschenrechtsaktivist vom Inter-Parliamentary Alliance on China, bringt es gegenüber ZDFheute so auf den Punkt: "China kann die Studiengebühren quasi zur Waffe machen und als Hebel gegen Universitäten nutzen, wenn die etwas tun, was die chinesische Regierung nicht mag."

Ein Sprecher der chinesischen Botschaft sagte zu den Vorwürfen: "China lehnt Aktivitäten jeglicher Institution oder Einzelperson entschieden ab, die darauf abzielen, China durch die Erfindung von Unwahrheiten und die Verbreitung von Lügen zu verleumden und zu diffamieren."

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MI5-Geheimdienst: China bedroht nationale Sicherheit

Die Einschüchterungen: ein Teil von Chinas Versuch, in Großbritannien aggressiv seine Interessen durchzusetzen. Ken McCallum, Chef des Geheimdienstes MI5, warnt deshalb: "Wenn es um China geht, muss sich Großbritannien entschieden gegen Bedrohungen zur Wehr setzen." Man sehe Akteure, die für China arbeiteten und eine Bedrohung für die nationale Sicherheit seien.

Sie wollen die dominante globale Macht werden, die USA unterwerfen und die Welt nach ihrem Wunsch gestalten. Dem müssen wir uns entgegenstellen.

Luke de Pulford, Inter-Parliamentary Alliance on China

Doch so entschieden passiert das nicht, wie sich jüngst bei einem Spionage-Skandal zeigte: Zwei Männer sollen im britischen Parlament für China spioniert haben. Doch der Prozess gegen sie platzte, weil die britische Regierung China nicht als Gefahr für die nationale Sicherheit bezeichnen wollte.

"Dass dieser Prozess gescheitert ist, nährt den Eindruck, dass es für die Regierung Wichtigeres gab, als unsere nationale Sicherheit. Nämlich mehr Handel mit China",so Luke de Pulford.

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Spagat im Umgang mit China

Die britische Regierung selbst beschreibt den Spagat so: "Das volle Spektrum der Bedrohungen von China umfasst auch Spionage, Cyberangriffe, transnationale Repression und Unterstützung von Russland. Wir stellen uns Chinas Vorgehen entschieden entgegen, was all diese Bedrohungen angeht. China ist unser drittgrößter Handelspartner. Wir müssen China entgegentreten, wenn es um Sicherheit geht, und bei ökonomischen und globalen Fragen konkurrieren und zusammenarbeiten", so jüngst Außenministerin Yvette Cooper.

Die Uni Sheffield hat sich mittlerweile bei Prof. Murphy entschuldigt und ihr zugesagt, die Forschung über Zwangsarbeit wieder aufnehmen zu können. "Wir werden die akademische Freiheit unserer Mitarbeiter im Einklang mit den Gesetzen wahren und, wo erforderlich, entschieden verteidigen." Ein Fall, der zeigt, wie Großbritannien um die Frage ringt, wie viel Kante es sich China gegenüber leisten kann.

Wolf-Christian Ulrich ist ZDF-Korrespondent für das Vereinigte Königreich und Irland

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