Viele Reden und Ermahnungen:Fünf Lehren aus der Generaldebatte
Kanzler Merz bleibt manchmal unkonkret, AfD-Chefin Weidel nutzt den Bundestag als Social Media-Bühne und Julia Klöckner bleibt Julia Klöckner. Fünf Erkenntnisse aus dem Bundestag.
"heute im Parlament": Sehen Sie hier die Generaldebatte zum Haushalt 2025.
17.09.2025 | 135:13 minErstens: Merz bleibt oft unkonkret
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nutzt die Generaldebatte, um die Bürgerinnen und Bürger auf tiefgreifende Veränderungen einzustellen. "Die Entscheidungen, die vor uns liegen, gehen nicht um Details, sondern sie gehen um sehr Grundsätzliches", so Merz.
Allerdings bleibt Merz auch oft unkonkret. Beispiel: Bürgergeld. Das solle zwar zu einer neuen Grundsicherung umgebaut werden. Doch Merz redet nicht davon, wie genau er beim Bürgergeld fünf Milliarden Euro sparen will.
Die Generaldebatte im Bundestag wurde zur Generalabrechnung mit der Regierung. Union und SPD bekunden den Reformbedarf, die Opposition kritisiert die Haushaltspläne.
17.09.2025 | 3:33 minMerz hatte zu Beginn seiner Kanzlerschaft gesagt, die Bürger würden schon im Sommer spüren, dass sich etwas ändere. Heute nun, am 17. September, bittet Merz "alle um die nötige Ausdauer". Auch in den kommenden Jahren müsse noch vieles verändert werden:
Es wird sich ein Winter, ein Frühling, ein Sommer, ein nächster Herbst anschließen mit Reformen.
Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Für Friedrich Merz war es die erste Generaldebatte als Kanzler im Bundestag. Dabei blieb er meist unkonkret, berichtet ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese aus Berlin.
17.09.2025 | 1:28 minZweitens: Der Bundestag ist für die AfD eine Social Media-Bühne
Es ist zwar keine neue Erkenntnis. Aber diese Generaldebatte zeigt einmal mehr, wen AfD-Fraktionschefin Alice Weidel vor allem ansprechen will: Userinnen und User bei Instagram, X und TikTok.
Es ist Tradition, dass die Opposition die Generaldebatte eröffnet. Weidel erinnert zu Beginn ihrer Rede an den getöteten US-Aktivisten Charlie Kirk. Kanzler Merz schweige zu diesem Thema, dann greift Weidel Merz an:
Er war ein Konservativer, ein gläubiger Christ, ein mutiger Verteidiger der Werte, für die auch Ihre Partei vor langer Zeit einmal stand.
Alice Weidel, AfD-Partei- und Fraktionschefin
Das also ist das erste Thema, das Weidel setzt. In einer Debatte über den Haushalt. Es ist ein Satz, der bei TikTok gut funktioniert, Weidel hat ihn dort schon gepostet. Der Bundestag ist inzwischen eine Social Media-Bühne für die AfD.
Weidel wirft Kanzler Merz "Selbstgefälligkeit" und "Symbolpolitik" vor. Der Haushalt 2025 sei "ohne Maß und Ziel" und treibe "die Krise weiter auf die Spitze", sagt sie im Bundestag.
17.09.2025 | 17:03 minDrittens: Attacken auf die AfD übernimmt die SPD
Kanzler Merz geht auf die Angriffe Weidels, die vor ihm spricht, kaum ein. Bei einer Debatte vor der Sommerpause war das noch anders. Weidel hatte Merz "Lügenkanzler" genannt, Merz hatte heftig widersprochen. Heute bleibt Merz staatstragend, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
Die Attacken überlässt er SPD-Fraktionschef Matthias Miersch. Dass Weidel kein Wort zu Wladimir Putins Angriffskrieg verliere, zeige, dass sie ein Handlanger Putins sei. Unionsfraktionschef Jens Spahn nennt die AfD Putin-hörig. Spahns Attacke auf Weidel:
Sie sind Kostümkonservative. Aber wenn das Kostüm fällt, wie heute in der Rede, dann sieht man das Radikale, das Sie hier vertreten.
Jens Spahn, Unionsfraktionschef
Eine Uneinigkeit zwischen Union und SPD zeigt sich aber auch. "Die großen Vermögen müssen sich stärker beteiligen in diesem Land", sagt Miersch. Das hatte Spahn im ZDF zwar ähnlich gesagt. Aber in der Union ist es umstritten. Offen, wie Union und SPD hier zusammenkommen wollen.
SPD-Fraktionschef Miersch kündigt Reformen des Sozialstaats an, der "effizient und zielgenau" werden müsse. Dabei müsse auch über die Einbeziehung großer Vermögen diskutiert werden.
17.09.2025 | 9:39 minViertens: Die Grünen attackieren jetzt die Linken
Die Grünen suchen nach der Bundestagswahl weiter ihren Kurs und attackieren nun auch immer häufiger die Linke, etwa beim Thema Unterstützung der Ukraine. Fraktionschefin Katharina Dröge wendet sich am Ende ihrer Rede den Linken zu und sagt:
Es ist nicht links, der Ukraine die Unterstützung zu verweigern.
Katharina Dröge, Fraktionschefin Grüne
Dröge fordert die Linke auf, sich für Waffenlieferungen an die Ukraine auszusprechen und sich für die richtige Seite der Geschichte zu entscheiden. Dröge grenzt sich von der Linken ab, die inzwischen ein Konkurrent für ihre Partei geworden ist. Es ist auch ein Kampf um linke Wählerinnen und Wähler, die den Grünen zuletzt abhanden gekommen waren.
Zapfenstreich in Berlin: Olaf Scholz scheide zufrieden aus dem Amt, habe sich als Demokrat gegeben und wünsche seinem Nachfolger gutes Gelingen, so ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese.
05.05.2025 | 3:11 minFünftens: Klöckner bleibt Klöckner
Und auch das bleibt von der Debatte: Die rigide Art und Weise, wie Bundestagspräsidentin Julia Klöckner ihre Rolle ausübt. Gerade erst hatte sie die Abgeordneten zu einer zurückhaltenden Nutzung von Handys aufgefordert und Aufkleber auf Tablets untersagt.
Bei der Generaldebatte im Bundestag kündigte Kanzler Merz tiefgreifende Reformen an und warnte vor einem Freiheitsverlust. AFD - Chefin Weidel übte scharfe Kritik an der Migrationspolitik.
17.09.2025 | 3:40 minHeute nun rügt sie AfD-Chefin Weidel, die in ihrer Rede Katrin Göring-Eckardt von den Grünen vorgeworfen hatte, Gewalt zu verherrlichen. Ein Ordnungsruf ging auch an die Linke. Während Weidels Rede kam aus deren Fraktion der Zwischenruf "Nazis wie Sie".
Wer genau das gerufen hatte, sei im Protokoll jedoch nicht vermerkt. Es gelte aber für alle, "dass wir uns nicht gegenseitig herabwürdigen", ermahnt Klöckner Richtung Linke.
Es betrifft hier alle, deshalb gelten Regeln auch für alle, auch wenn es dem einen oder anderen nicht passt, was Neutralität bedeutet.
Julia Klöckner (CDU), Bundestagspräsidentin
Reden der Generaldebatte im Bundestag:
- Merz will Sozialstaat umfassend reformieren: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigt im Bundestag "mutige Reformen" der Sozialsysteme an. "Wir müssen Dinge neu ordnen, damit sie auch künftig ihren Zweck erfüllen", sagt er.
- Weidel wirft Merz "Symbolpolitik" vor: AfD-Fraktionschefin Weidel wirft Kanzler Merz "Selbstgefälligkeit" vor. "Sie haben jedes Wahlversprechen gebrochen", sagt sie. Der Haushalt 2025 sei "ohne Maß und Ziel" und treibe "die Krise weiter auf die Spitze", bei der Migration werde "Symbolpolitik" betrieben.
- Dröge kritisiert Fehlinvestitionen des Sondervermögens: Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge wirft der Bundesregierung vor, das Geld aus dem milliardenschweren Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz nicht sinnvoll zu nutzen. Der Mittelstand werden "hängen" gelassen.
- Miersch fordert Debatte über Vermögenssteuer: SPD-Fraktionschef Matthias Miersch fordert im Bundestag ein AfD-Verbotsverfahren. Nach Weidels Rede sagt er: "Wie kann man so eiseskalt, so hasserfüllt als Mensch eine solche Rede halten?" Forderungen nach einer "Transformation des Staatsvolkes" erinnerten ihn "an alte Zeiten, wo es um Rassenlehre ging", sagt Miersch.
- Reichinnek wirft der Bundesregierung "Armenhass" vor: Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek wirft der Bundesregierung "Armenhass" vor. Falsche Investitionen und fehlende Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit würden zu einem "Herbst der sozialen Grausamkeiten" führen.
- Spahn nennt AfD "Putin-hörig": Unionsfraktionschef Jens Spahn richtet in der Haushaltsdebatte scharfe Worte an die AfD. Fraktionschefin Weidel habe in der Debatte "ihr wahres Gesicht" gezeigt. Spahn bezeichnet die AfD als "Putin-hörig". "Das alles hat nichts mit Patriotismus zu tun. Das ist Verrat am Vaterland und an unserer Freiheit", sagt er.
- 2:34 minvon Alexander Eschment
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Nachrichten | heute im Parlament:"Herbst der sozialen Grausamkeiten"
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von Andreas Kynast