Trumps Strategie für Europa:Politologe: Die USA umschmeicheln - "das wird scheitern"
Hinter der neuen Sicherheitsstrategie der USA sieht Politikwissenschaftler Münkler einen Wandel, der schon unter Obama begonnen habe. Seitdem hätten die Europäer viel verschlafen.
Trump wolle die USA geopolitisch fundamental anders aufstellen. Ziel sei vermutlich eine Weltregierung mit Russland und China, sagt Politikwissenschaftler Herfried Münkler bei ZDFheute live.
08.12.2025 | 17:22 minMit ihrer neuen nationalen Sicherheitsstrategie richten sich die USA politisch anders aus - und entfernen sich von Europa. Die bisher engen Verbündeten werden in dem Papier etwa wegen ihrer Migrationspolitik kritisiert. Rechtsgerichtete Parteien in Europa sollen stattdessen in ihrem "Widerstand" unterstützt werden.
Politikwissenschaftler Herfried Münkler ordnete im Interview mit ZDFheute live ein, wie neu diese Strategie wirklich ist, was sich US-Präsident Donald Trump von der Unterstützung rechter Parteien verspricht und worauf es für die Europäer jetzt ankommt.
... Jahrgang 1951, ist Professor für Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte. Er lehrte am Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist seit Oktober 2018 emeritiert. Viele seiner Bücher (u.a. "Die Deutschen und ihre Mythen" oder "Die neuen Deutschen") gelten als Standardwerke.
Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagte Münkler dazu, ...
... wie überraschend der Strategiewechsel der USA kam
Dass sich die Interessen der USA in Richtung Indopazifik verschieben, sei schon lange klar gewesen, sagte Münkler. Die USA würden sich von einem "Hegemon" in einer regelbasierten Weltordnung zu einem "machtbasierten imperialen Akteur" umbauen. Das passe mit den Bestrebungen von US-Präsident Donald Trump zusammen, aus Kanada den 51. Bundesstaat der USA zu machen, oder Anspruch auf den Panamakanal und Grönland zu erheben.
Münkler sieht eine "fundamentale Änderung des amerikanischen Weltbildes" - vermutlich mit dem Ziel, in einer Koalition mit Russland Druck auf China auszuüben. "Die Europäer interessieren ihn da nicht weiter."
Verglichen mit Trumps früherer Sicherheitsstrategie sei die neue stark ideologisch geprägt. Washington-Korrespondent David Sauer sieht ein "massives Eingreifen in innere Angelegenheiten" Europas.
08.12.2025 | 5:06 min... was sich die USA von der Unterstützung rechter Kräfte in Europa versprechen
Trumps Ziel sei die "Auflösung oder jedenfalls Schwächung der Europäischen Union", so Münkler.
Die Europäische Union ist Trump unangenehm, weil er dann auf Augenhöhe verhandeln muss - er möchte lieber mit den Kleineren, den einzelnen Nationalstaaten verhandeln.
Herfried Münkler, Politikwissenschaftler
Wenn sich in Europa mehr rechte Parteien wie die AfD durchsetzten, spielten die Europäer irgendwann keine Rolle mehr, "weil es die Europäer so nicht mehr gibt, sondern nur noch Nationalstaaten".
Mit Blick auf die Landtagswahlen 2026, wolle die AfD mit einer Bindung in die USA vor allem bei den westlichen Wählern in Deutschland punkten, sagt ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann.
08.12.2025 | 7:00 min... welche Fehler die Europäer gemacht haben
Dass sich die USA geostrategisch neu ausrichten, sei keine neue Idee von Trump, so Münkler. Schon sein früherer Vorgänger Barack Obama sei 2011 zu der Einsicht gekommen, dass die USA nicht länger zu einer Machtposition im atlantischen und indopazifischen Raum gleichzeitig in der Lage sein würden. "Imperial overstretch" - imperiale Überdehnung - nenne sich diese Theorie.
Man habe in den 14 Jahren seitdem aber keine Konsequenzen daraus gezogen. Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel habe damals zwar schon von einer "strategischen Autonomie Europas" gesprochen, allerdings "wenig dafür getan".
Da hat man sozusagen geschnarcht und sich in irgendwelchen Worten wie 'Freundschaft' ergangen.
Herfried Münkler, Politikwissenschaftler
Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine habe es aber eine "steile Lernkurve" gegeben - "von den 12.000 Helmen der Frau Lambrecht zum Begriff der Kriegstüchtigkeit von Pistorius", so Münkler. "Das ist doch auch was."
Die Bundeswehr feiert ihren 70. Geburtstag. Pünktlich dazu einigen sich die Fraktionsspitzen und der Verteidigungsminister wohl in der Debatte um die Wehrpflicht.
13.11.2025 | 2:15 min... was jetzt aus der Neuausrichtung für Europa folgen muss
Europa dürfe sich nicht länger auf russische Erdgaslieferungen und nukleare Abschreckung der USA verlassen, mahnte Münkler. Die Europäer müssten jetzt hinbekommen, als ernstzunehmender Konkurrent aufzutreten.
Dabei sei eine wichtige Frage, ob sie es schaffen, sich auf einen europäischen Generalstab zu verständigen, so Münkler. "Dann stellt sich heraus, dass die Europäer an Fähigkeiten und an Rüstungsaufwendungen sehr viel mehr, ein Vielfaches von Russland, leisten können." Die nukleare Abschreckung bleibe allerdings ein Problem.
Beim Doha Forum rief die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas trotz der neuen US-Sicherheitsstrategie zum Zusammenhalt zwischen Europa und den USA auf.
06.12.2025 | 0:31 minJetzt wie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas zu versuchen, die Wogen noch zu glätten und die USA weiterhin zu umschmeicheln, halte er für nicht zielführend:
Das wird scheitern. (...) Jetzt muss man das nicht mehr bespielen, weil da macht man sich nur lächerlich.
Herfried Münkler, Politikwissenschaftler
Nicht nur mit Trump, sondern auch unter Kamala Harris hätte es eine Abkehr von Europa gegeben, betonte Münkler.
Die Fragen stellte ZDFheute live-Moderatorin Jessica Zahedi. Die Zusammenfassung ist von Anja Engelke.
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