Sudan: Kann eine weitere Teilung Frieden bringen?

Experte erklärt:Sudan: Kann eine weitere Teilung Frieden bringen?

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Der Machtkampf im Sudan spitzt sich weiter zu. Laut UN droht eine humanitäre Katastrophe. Sudan-Experte Gerrit Kurtz erläutert, was nötig ist, um die Gewalt zu beenden.

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Sehen Sie hier das ganze Gespräch mit Gerrit Kurtz.

29.10.2025 | 3:39 min

Ein brutaler Machtkampf zerreißt den Sudan seit Jahren - die Vereinten Nationen sprechen von einer der schlimmsten humanitären Krisen weltweit. Laut dem Sudan-Experten Gerrit Kurtz von der Stiftung Wissenschaft und Politik geht es dabei längst um die Kontrolle über das gesamte Land und auch seine Ressourcen wie Gold.

Kurtz erklärt im ZDF heute journal:

Aktuell geht es um einen Machtkampf, ursprünglich zwischen den beiden größten Armeen des Landes Sudan.

Gerrit Kurtz, Sudan-Experte

Doch inzwischen seien zahlreiche bewaffnete Gruppen, Söldner und Freiwillige auf beiden Seiten hineingezogen.

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Konflikt in bestimmten Regionen auch ethnisch motiviert

Die sudanesischen Streitkräfte (SAF) stehen dabei den Rapid Support Forces (RSF) gegenüber - eine Miliz, die in der westlichen Region Darfur zuletzt die letzte größere Stadt unter Armeekontrolle, Al-Faschir, erobert hat.

Neben Macht und Geld spiele dort auch eine ethnische Dimension eine Rolle: Die RSF gehe, so Kurtz, "aus rassistischen Motiven und aus Rache gegen vor allem die männliche Bevölkerung nicht-arabischer Menschen" vor.

Karte, Sudan, Al Faschir

Quelle: ZDF

Kurtz: Verschiedene Akteure mischen mit - dennoch kein Stellvertreterkrieg

Die Kräfte im Sudan sind jedoch nicht isoliert: Mehrere Staaten mischen mit - teils auf gegnerischen Seiten. Die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen eher die RSF-Miliz, während Ägypten, Iran, Katar und die Türkei eher hinter der sudanesischen Armee stehen.

Trotzdem sei der Konflikt kein klassischer Stellvertreterkrieg, betont Kurtz, da die Unterstützer "zum Teil gute Beziehungen miteinander haben". Ägypten und die Emirate seien wirtschaftlich eng verbunden, "stehen im Krieg im Sudan aber auf unterschiedlichen Seiten."

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Chinas Einfluss im Sudan schwindet

Auch China spielt im Sudan eine Rolle, wenn auch eine schwindende. "Seit der Unabhängigkeit des Südsudan 2011 ist die chinesische Rolle im Sudan definitiv zurückgegangen." Auch wenn Peking weiterhin in Infrastruktur und Rohstoffe investiere, hätten, so der Experte, die arabischen Länder "definitiv mehr Einfluss".

Doch dieser Einfluss sei ambivalent - denn gerade jene Staaten, die Druck für einen Waffenstillstand ausüben könnten, seien gleichzeitig Teil des Problems, weil sie eine der Kriegsparteien finanzierten und mit Waffen versorgten.

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Experte: Teilung des Landes "unwahrscheinlich und gefährlich"

Tatsächlich sei der Sudan längst in zwei Machtzonen zerfallen - in Gebiete unter Kontrolle der RSF und solche der Armee. "Und das schon seit mehreren Jahren", sagt Kurtz.

Eine formale Teilung des Landes, ähnlich wie 2011 bei der Abspaltung des Südsudan, hält er jedoch für unwahrscheinlich und gefährlich. Sie würde, so Kurtz, "eher zu weiterer Gewalt innerhalb dieser Gebiete führen, wie wir es eben gerade in Darfur sehen."

  • Größter Staat Afrikas: Bis 2011 war der Sudan flächenmäßig der größte Staat des Kontinents. Immer wieder kam es zu politischen, kulturellen und religiösen Spannungen. Regionen in der Peripherie wurden politisch und wirtschaftlich vernachlässigt.
  • Zweiter Bürgerkrieg (1983–2005): Als 1983 die vereinbarte Teilautonomie der Südprovinzen wieder aufgehoben und islamische Rechtsprechung (Scharia) auch für die mehrheitlich nichtmuslimische Bevölkerung im Süden eingeführt wurde, entbrannte ein neuer Bürgerkrieg.
  • Weg zur Unabhängigkeit: Anfang der 2000er Jahre begannen neue Friedensverhandlungen, die 2005 in ein Abkommen mündeten. Es sah für den Süden zunächst eine weitreichende Autonomie und schließlich ein Referendum über die Unabhängigkeit vor. 2010 fanden in Gesamt- und Südsudan Wahlen statt. In Südsudan gewann Salva Kiir, der seit 2005 Vizepräsident Sudans war. Am 9. Juli 2011 erklärte der Südsudan seine Souveränität - der Staat Sudan verlor damit rund ein Drittel seines Territoriums und viele Öleinnahmen.
  • Nach der Teilung: Das Verhältnis zwischen beiden Staaten blieb lange gespannt, besserte sich aber ab 2019, nachdem ein politischer Umbruch neue außenpolitische Spielräume eröffnete.

Quelle: Bundesentwicklungsministerium


Kurtz: Druck auf Unterstützerstaaten ausüben

Für den Experten liegt der Schlüssel zu einem Ende der Gewalt nicht in neuen Grenzen, sondern in internationalem Druck: "Was es braucht (...), ist Druck auf die externen Unterstützer dieser Konfliktparteien, um eben die Waffenlieferungen und Finanzierung einzustellen", sagt Kurtz. Dazu brauche es "geduldige und vertrauensvolle Diplomatie mit allen relevanten Parteien".

Das Interview führte Dunja Hayali, zusammengefasst von Christian Harz.

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