Vergessener Krieg im Sudan: Kampf um Gold und Macht

Interview

RSF-Miliz erobert Al-Faschir:Wie "Blutgold" den Krieg im Sudan finanziert

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Im Machtkampf zwischen der Miliz RSF und der Armee im Sudan ist kein Ende der Gewalt in Sicht. Konfliktforscherin Hoffmann erklärt, wieso der Krieg so schnell nicht enden wird.

Ein Kämpfer sitzt mit einem Gewähr auf einem Fahrzeug, im Hintergrund ein Symbolbild für Gold

Im Sudan herrscht ein brutaler Machtkampf zwischen der Regierung und der Miliz RSF. Beide finanzieren ihn mit Gold. Bei ZDFheute live erklärt eine Konfliktforscherin den Krieg.

28.10.2025 | 16:50 min

Seit April 2023 herrscht im Sudan ein brutaler Machtkampf innerhalb des Militärs - mit katastrophalen Folgen für die Zivilbevölkerungen. Die Vereinten Nationen sprechen von der größten humanitären Krise der Welt: Über 12 Millionen Menschen sind auf der Flucht, Millionen hungern, Zehntausende wurden getötet.

Eine zentrale Rolle im Krieg spielt der Goldhandel. Beide Seiten finanzieren ihre Waffen über den Verkauf des Edelmetalls. Und: Länder wie Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate mischen sich in den Krieg ein - aus geopolitischen Interessen und wegen Sudans Rohstoffen.

Warum ist im Sudan Krieg? Welchen Einfluss hat der Goldhandel? Wer unterstützt wen - und wer vermittelt? Darüber hat ZDFheute live mit der Konfliktforscherin Anette Hoffmann vom niederländischen Think Tank Clinendael gesprochen.

Sehen Sie das gesamte Interview oben im Video oder lesen Sie hier Auszüge.

Das sagt Konfliktforscherin Hoffman zur Frage...

.... wer im Sudan gegen wen kämpft

Die RSF-Miliz liefert sich seit zweieinhalb Jahren erbitterte Kämpfe mit den sudanesischen Streitkräften. Für Sudan-Expertin Hoffmann handelt es sich dabei aber nicht um einen Bürgerkrieg, sondern den Machtstreit zweier Generäle: Armeechef al-Burhan und RSF-Kommandeur Daglo. Beide seien vor mehr als 20 Jahren am Völkermord in Darfur mit bis zu 300.000 Toten beteiligt gewesen.

Damals kämpften sie gegen Rebellen in der Region: "Die Armee vor allem aus der Luft und RSF hat sozusagen die Drecksarbeit am Boden gemacht, Dörfer niedergebrannt und die Bevölkerung bekämpft", erklärt Hoffmann. Nachdem die Zivilbevölkerung 2019 Diktator Baschir aus dem Sattel warf, durfte sie eine Zeitlang zusammen mit den Militärs regieren, bevor diese die Macht an sich rissen. 2023 wendeten sich Armee und RSF gegeneinander.

Es ist ein Machtkampf der einstigen "Partners in Crime" aus dem früheren Darfur-Krieg.

Anette Hoffmann, Sudan-Expertin

Dabei sei es wichtig zu verstehen, dass sich beide Seiten gegen die Zivilbevölkerung richten. Das erkläre die Gräueltaten wie jetzt in Al-Faschir, aber auch in Gebieten, die von der Regierungsarmee kontrolliert würden. Die Expertin befürchtet, dass sich nun ethnische Säuberungen unter der nicht-arabischen Bevölkerung wie 2003 wiederholen.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren habe man bereits ähnliche Situationen erlebt, bei denen innerhalb weniger Wochen Tausende Menschen in brutalster Weise umgebracht wurden. Das Aushungern der Großstadt El Fascher, die systematische Vergewaltigung von Frauen und die Hinrichtung von Männern, seien alles Taktiken der RSF und ihrer Vorläuferorganisation, den Dschandschawid.


Der Völkermord von 2003 und 2004 ist in Darfur wieder richtig aufgeflammt.

Anette Hoffmann, Sudan-Expertin

El-Fascher: Auf diesem von Planet Labs PBC via AP zur Verfügung gestellten Satellitenfoto ist das Gebiet um das Hauptquartier der 6. Division des sudanesischen Militärs in el-Fascher, Sudan, am Sonntag, 26. Oktober 2025, zu sehen.

Im Sudan hat die RSF-Miliz nach eigenen Angaben auch die letzte große Stadt in der Region Darfur eingenommen. Die UN sprechen von der größten humanitären Krise weltweit.

28.10.2025 | 1:36 min

.... wer im Sudan welche Kriegspartei unterstützt

Nach Einschätzung von Sudan-Expertin Hoffmann sind die Vereinigten Arabischen Emirate wichtigster Unterstützer der RSF-Miliz - militärisch in Form von Waffenlieferungen, aber auch politisch. Auf Seiten der Regierungsarmee stünden Ägypten, Iran, die Türkei, Katar und Saudi-Arabien. Dabei gehe es auch um Einfluss in der Region um das angrenzende Rote Meer:

Das Rote Meer ist eine strategische Handelsroute, die sowohl Saudi-Arabien als auch die Vereinigten Arabischen Emirate kontrollieren möchten. Auch Russland hat Interesse an einer Militärbasis dort.

Anette Hoffmann, Sudan-Expertin

Außerdem würden die Golfstaaten fruchtbares Land im Sudan pachten, Vieh und Nahrungsmittel importieren. Es gehe diesen Ländern also auch um die eigene Ernährungssicherheit.

Eine Landkarte mit den Unterstützern des Konfliktes im Sudan

Die Karte zeigt eine Auswahl von Ländern, die den Konflikt im Sudan unterstützen.

Quelle: ZDF

... welche Rolle "Blutgold" im Sudan-Konflikt spielt

Die Waffenimporte würden vor allem durch Gold finanziert, das es im Sudan "reichlich" gebe, so Hoffmann. Sowohl die Miliz RSF als auch die sudanesische Armee verkaufen dieses Gold an ihre jeweiligen Unterstützer. Das meiste davon lande in den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem zweitgrößten Hub, beziehungsweise Markt, für Gold. Von dort beziehe auch Europa das Edelmetall. Viel liefe über die Schweiz, aber auch direkt zu uns nach Deutschland, erklärt die Expertin.

Insofern ist die Chance sehr groß, dass, wenn man einen Goldring in Deutschland kauft, da auch sudanesisches Gold mit drin ist.

Anette Hoffmann, Sudan-Expertin

Es sei also durchaus angemessen, hier von einer Art "Blutgold" zu sprechen, so Hoffmann. Dazu gehöre auch, dass zwar ein Teil des Goldes über die "offiziellen Kanäle" in die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft werde, das meiste Gold jedoch Schmuggelware sei. Manche gehen von bis zu 80 oder sogar 90 Prozent aus.

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Seit 2023 ist im Sudan Bürgerkrieg. Laut UNO herrscht dort die schwerste humanitäre Krise der Welt - mit über zwölf Millionen Flüchtlingen, Hunger und Cholera.

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...welche Vermittlungsbemühungen es gibt

In Washington habe es erst vergangenes Wochenende diplomatische Versuche gegeben, den Konflikt im Sudan zu entschärfen, erklärt Hoffmann. Trumps Afrika-Berater Massad Boulos habe die wichtigen Akteure zusammengetrommelt - sowohl Repräsentanten beider Kriegsparteien, als auch deren Unterstützer - jedoch ohne Erfolg.

Leider konnten sie sich nicht einigen auf ein Ende der Gewalt oder humanitäre Korridore.

Anette Hoffmann, Sudan-Expertin

Sie führt das Scheitern der Gespräche auf mangelnden politischen Druck aus dem Westen zurück. Die US-Regierung wolle ihre Partner im Nahen Osten nicht zu sehr unter Druck setzen, da diese in anderen Konflikten, etwa im Gazastreifen, wichtige Rollen spielten. Für ein Ende des Krieges sei ein Stopp der militärischen Unterstützung entscheidend.

Die RSF wäre nicht in der Lage die Gräueltaten in Darfur so durchzuführen, wenn die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Unterstützung heute stoppen würden. Darüber hinaus sei mehr Transparenz in den Zulieferungsketten beim Goldhandel wichtig, so Hoffmann.

Das Interview führte Jessica Zahedi bei ZDFheute live, zusammengefasst haben es Caroline Kleine-Besten, Gregor Burkhardt und Janine Arendt.

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