Miliz kontrolliert Darfur:Dramatische Lage im Sudan - was man wissen sollte
Der Sudan steht vor einer Spaltung, die UN sprechen von der größten humanitären Krise der Welt und befürchten Massenverbrechen. Was man zu dem Konflikt wissen sollte.
Im Sudan herrscht ein brutaler Machtkampf zwischen der Regierung und der Miliz RSF. Beide finanzieren ihn mit Gold. Bei ZDFheute live erklärt eine Konfliktforscherin den Krieg.
28.10.2025 | 16:50 minSudans westliche Region Darfur ist nach dem Rückzug der Armee aus der Großstadt Al-Faschir nun fast komplett unter Kontrolle der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF). Damit erreicht der zweieinhalbjährige Konflikt zwischen der Armee und RSF einen neuen Höhepunkt.
Die UN beschreiben die Lage im Sudan als die größte humanitäre Krise der Welt. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht, hauptsächlich in angrenzende Staaten wie den Tschad, Äthiopien oder den Südsudan, aber auch über das Rote Meer nach Jemen und Saudi-Arabien.
Worum geht es in dem Konflikt?
In dem ostafrikanischen Staat herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Im Kern geht es um die Kontrolle über Staat und Ressourcen.
Die paramilitärische RSF hat im Sudan die Stadt Al-Faschir eingenommen. Es wird befürchtet, dass die Miliz etliche Menschen tötet. Die UN fordern Schritte hin zu einer Verhandlungslösung.
28.10.2025 | 0:28 minDie Generäle hatten nach dem Sturz des Langzeitdiktators Omar al-Baschir 2019 gemeinsam die Macht ergriffen. Sie zerstritten sich aber über die Frage, ob die militärisch und wirtschaftlich mächtige RSF in die Armee integriert werden oder als eigenständige Macht bestehen sollte. Anfang des Jahres gründeten die RSF formell eine Parallelregierung für die von ihnen kontrollierten Gebiete.
Während die Armee die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF die Kontrolle über Darfur an der Grenze zum Tschad gewonnen. Dies hat Befürchtungen ausgelöst, dass sich das Land dauerhaft spalten könnte. 2011 machte sich bereits der Südsudan aufgrund ethnischer, religiöser und wirtschaftspolitischer Gründe nach langem Bürgerkrieg vom Sudan unabhängig.
Karte des Sudan
Quelle: ZDFSpielen ethnische Faktoren eine Rolle?
In der Region Darfur ist der aktuelle Konflikt maßgeblich von ethnischen Faktoren geprägt, die eng mit Fragen von Landrechten, Ressourcenverteilung und politischer Marginalisierung verwoben sind. Dabei geht es vor allem um Konkurrenz um Land und Wasser zwischen traditionell nomadischen, arabischen Volksgruppen und sesshaften, nicht-arabischen Gruppen.
Seit 2023 herrscht im Sudan Bürgerkrieg. Laut den UN herrscht dort die schwerste humanitäre Krise der Welt - mit über zwölf Millionen Flüchtlingen, Hunger und Cholera.
22.08.2025 | 2:27 minIn vergangenen Jahrzehnten förderte die Regierung systematisch ethnische Spannungen in Darfur, indem sie arabische Milizen (Dschandschawid) gezielt unterstützte, um Aufstände in der sich benachteiligt fühlenden nicht-arabischen Bevölkerung zu unterdrücken. Die RSF ist eine Nachfolgeorganisation der Dschandschawid.
Wie ist die Lage in Al-Faschir jetzt?
Seitdem Al-Faschir an die RSF gefallen ist, warnen die UN vor einer weiteren drastischen Verschlechterung der humanitären Lage. Die Hauptstadt des Bundesstaats Nord-Darfur war die letzte der vier Provinzhauptstädte der Region unter Kontrolle der Armee.
- Rund 12 Millionen Menschen sind auf der Flucht
- Zehntausende starben seit Kriegsbeginn im April 2023
- Mehr als 30 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen
- Rund 14 Millionen Mädchen und Jungen gehen nicht mehr in die Schule
Der Sudan, der ostafrikanische Staat mit rund 50 Millionen Einwohnern vor dem Krieg, ist eines der rohstoffreichsten Länder Afrikas und verfügt über eine Vielzahl bedeutender Bodenschätze, einschließlich Gold, Erdöl, Kupfer, Eisen und Uran.
Die Gewinne aus dem Rohstoffsektor kommen einer kleinen Elite des Landes zugute, die damit auch immer wieder bewaffnete Konflikte finanziert, während der Rest der Bevölkerung in Armut lebt.
Quelle: dpa, KNA
Hunderttausende Menschen hatten in der Nähe Schutz vor der RSF gesucht. Die Miliz belagert die Stadt seit anderthalb Jahren, die Bevölkerung litt unter großem Hunger, Krankheiten und Angriffen. Nach UN-Schätzungen leben in Al-Faschir noch bis zu 300.000 Menschen. Sie können nicht fliehen, harren in Angst aus und haben keinen Zugang zu Nahrungsmitteln oder gesundheitlicher Versorgung, wie Tom Fletcher, Leiter des Nothilfebüros der Vereinten Nationen (OCHA), erklärte.
Viele Kinder und Erwachsene in Al-Faschir leiden an Mangelernährung.
Quelle: imago imagesEs wird befürchtet, dass der Bevölkerung und den Flüchtlingen durch die RSF Tötungen, Folter und Vergewaltigungen sowie ethnisch motivierte Vertreibung drohen. Marina Peter, Vorsitzende des Sudan- und Südsudan-Forums in Deutschland, sagt im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA):
Es ist katastrophal. Die Menschen werden abgeschlachtet.
Marina Peter, Vorsitzende des Sudan- und Südsudan-Forums in Deutschland
Im Sudan hat die paramilitärische Gruppe RSF laut Medienberichten zu Wochenbeginn die Großstadt Al-Faschir erobert.
27.10.2025 | 0:24 minMarina Peter hat dennoch Hoffnung, dass es Frieden im Sudan geben kann. Sie setzt auf die Zivilbevölkerung. "Es gibt sehr viele zivilgesellschaftliche Organisationen, die engagiert sind." Zuletzt erhielten die Aktivisten der Sudan Emergency Response Rooms den alternativen Nobelpreis. Nach Einschätzung von Peters braucht es eine sudanesische Lösung:
Die Menschen wollen diesen Krieg nicht und unterstützen ihn auch nicht.
Marina Peter, Vorsitzende des Sudan- und Südsudan-Forums in Deutschland
Welche ausländischen Staaten haben Interessen im Sudan?
Die sudanesische Regierung, aber auch UN-Experten und US-Vertreter werfen den Vereinigten Arabischen Emiraten vor, die RSF seit Beginn der Kämpfe mit Geld und Waffenlieferungen zu unterstützen. Der Golfstaat weist dies zurück. Der nördliche Nachbar Ägypten ist ein enger Verbündeter der sudanesischen Armee und vor allem an Stabilität interessiert. Auch Saudi-Arabien und der Iran stehen Beobachtern zufolge auf der Seite des De-facto-Machthabers al-Burhans.
Durch den andauernden Bürgerkrieg im Sudan stiegen die Zahlen der Flüchtlinge weiter an. Viele suchen in Ägypten Schutz.
20.06.2025 | 1:42 minDie USA sind seit Beginn des Konflikts an der Vermittlung von Feuerpausen beteiligt und haben Sanktionen gegen einzelne Akteure verhängt. Kritiker bemängeln aber, dass die USA nie ernsthaft Druck gemacht hätten. Unter US-Präsident Trump kam seit dem Sommer wieder Fahrt auf. Die USA engagieren sich mit Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten für eine dreimonatige Waffenruhe für humanitäre Hilfe sowie einen neunmonatigen Übergang zu einer zivil geführten Regierung. Radikale Gruppen sollen ausgeschlossen und regionale Einmischungen zurückgewiesen werden. Der Vorstoß trägt bislang aber kaum Früchte. Al-Burhan hat Verhandlungen mit der RSF ausgeschlossen.
Russische Akteure sollen mit der RSF beim Goldabbau zusammengearbeitet haben - aber Moskau verhandelt mit al-Burhan auch seit Langem über eine Flottenbasis.
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