Sudan: "Krieg gegen die Zivilbevölkerung" - Gräueltaten vermutet

Experte Gerrit Kurtz:Anhaltende Gewalt im Sudan: "Krieg gegen Zivilbevölkerung"

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Nach der Einnahme von Al-Faschir durch die RSF und Berichten über Gräueltaten warnt Sudan-Experte Gerrit Kurtz: Der Krieg richte sich zunehmend gegen die Zivilbevölkerung.

Gerrit Kurtz

In der Vergangenheit habe man massive Angriffe auf ethnischer Basis gesehen. Es sei zu befürchten, "dass das gerade wieder in Al-Faschir passiert", sagt Sudan-Experte Gerrit Kurtz.

29.10.2025 | 3:51 min

Nach der Einnahme der sudanesischen Großstadt Al-Faschir durch die RSF-Miliz spricht der Sudan-Experte Gerrit Kurtz von der Stiftung Wissenschaft und Politik von einem gezielten Krieg gegen die Bevölkerung. "Ich würde von einem Krieg gegen diese Demokratiebewegung und gegen die Zivilbevölkerung sprechen", sagte Kurtz im ZDF heute journal up:date.

Die RSF (Rapid Support Forces) habe in den vergangenen anderthalb Jahren die Stadt vollständig eingeschlossen, alle Zufahrtswege kontrolliert und selbst Fluchtmöglichkeiten unterbunden. "Sie haben einen Erdwall errichtet, sodass man auch nicht mehr fliehen konnte", so Kurtz. Die Versorgung der eingeschlossenen Zivilisten und Soldaten sei kaum noch möglich gewesen.

Karte, Sudan, Al Faschir

Quelle: ZDF
Kämpfe um El Fascher im Sudan

Im Sudan hat die RSF-Miliz die letzte Großstadt in Darfur eingenommen. Satellitenbilder zeigen das Ausmaß. Beobachter befürchten, dass die Kämpfe noch intensiver werden könnten.

29.10.2025 | 2:30 min

UN spricht von "willkürlicher Gewalt, Morden und Hinrichtungen"

Menschenrechtsorganisationen sprechen von ethnischen Säuberungen. Kurtz erklärt: Zwar stehe keine der Konfliktparteien eindeutig für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, doch habe es in der Vergangenheit gezielte Angriffe der RSF auf nicht-arabische Volksgruppen in Darfur gegeben. Es sei zu befürchten, "dass das gerade wieder in Al-Faschir passiert", sagt er.

Der Sudan-Forscher Justin Lynch sprach gegenüber dem US-Sender CNN ebenfalls von einem möglichen "Beginn eines Massakers an Zivilisten". Auch die Vereinten Nationen berichten von "willkürlicher Gewalt, Morden und Hinrichtungen" durch die RSF. Das UN-Menschenrechtsbüro erhielt nach eigenen Angaben Berichte über Gräueltaten und Hinrichtungsvideos aus der Stadt, wie Kurtz bei phoenix erklärte. Auf Satellitenbildern waren große Blutlachen zu sehen.

Sudan

Satellitenbilder zeigen rötliche Flecken auf dem Boden in einem Stadtteil von Al-Faschir.

Quelle: AP/Airbus

Die humanitäre Lage in Al-Faschir gilt als katastrophal. Nach UN-Angaben sind weiterhin Hunderttausende Menschen ohne ausreichende Lebensmittel oder medizinische Hilfe eingeschlossen. "Die Fluchtwege sind durch Bombardierungen blockiert", so Tom Fletcher vom UN-Nothilfebüro Ocha gegenüber CNN.

Sudan: "Es gibt Berichte von massiven Gräueltaten"

Schaltgespräch mit Gerrit Kurtz (Stiftung Wissenschaft und Politik) zu Machtkämpfen und der humanitären Krise im Sudan 

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Forderung nach internationalem Handeln

Experten kritisieren, dass westliche Regierungen bislang nur Appelle an die Miliz richteten und keine Sanktionen gegen sie unterstützende Staaten verhängten. "Es ist ein weiterer Freibrief an die RSF und ihre Unterstützer, dass sie ethnische Säuberungen durchführen können, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen", sagte Annette Hoffmann von der Denkfabrik Clingendael Institut.

Eine dauerhafte Zweiteilung des Landes hält Kurtz nicht für eine Lösung: Die Machtverhältnisse innerhalb der Konfliktparteien seien zu zersplittert, "sodass es eher zu mehr Gewalt innerhalb dieser Gebiete führen würde".

Mit Gerrit Kurtz sprach Nazan Gökdemir. Zusammengefasst von Christan Harz. Mit Material von dpa.

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