Russland in der Kartoffelkrise: Der Krieg beeinflusst den Peis

Steigende Preise in Russland:Putins Problem mit den Kartoffeln

von Jan Fritsche
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In Russland ist der Kartoffelpreis in die Höhe geschossen. Viele Russen sind empört. Ein Grund für den Anstieg: Putins Krieg gegen die Ukraine.

Auf einem Markt werden Kartoffeln verkauft.
Der Preis für Kartoffeln ist in Russland stark gestiegen.
Quelle: ddp

Die Kartoffel hat in Russland einen hohen Stellenwert. Pro Kopf essen die Russen mehr davon als die ohnehin kartoffelverliebten Deutschen. Entsprechend groß ist die Empörung vieler Russen über den drastischen Preisanstieg. Innerhalb eines Jahres hat sich der Kartoffelpreis laut Statistikbehörde Rosstat fast verdreifacht: von rund 38 Cent im Mai 2024 auf zuletzt rund einen Euro pro Kilo im Mai 2025. Damit ist die Kartoffel so teuer wie noch nie.

Immer wieder Lebensmittelkrisen

"Es ist verrückt. Kartoffeln waren immer sehr günstig. Aber zu diesem Preis werde ich sie nicht kaufen", sagt die 67-jährige Tamara, die ihren Nachnamen nicht verraten will, vor einem Moskauer Supermarkt.
Für Russland ist es nicht die erste Lebensmittelkrise in jüngerer Vergangenheit. Im Dezember 2023 kam es zu Engpässen bei Eiern. Im November 2024 folgte die Butterkrise. Butter wurde so teuer, dass sie im Supermarkt immer öfter gestohlen wurde und Butterblöcke extra diebstahlgesichert werden mussten.
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Erst Rekordjahr, dann Trockenheit

Hauptgrund für die jetzige Krise ist die schlechte Kartoffelernte. Die fiel 2024 wegen Trockenheit um rund zwölf Prozent geringer aus als im Vorjahr. Dazu kommt eine kleinere Anbaufläche: 2023 ließ eine Rekordernte den Kartoffelpreis drastisch sinken. Viele Bauern schwenkten daraufhin um und bauten stattdessen Ölsaaten oder Zuckerrüben an.

Probleme beim Import

Eines haben Kartoffel-, Eier- und Butterkrise gemeinsam: Auf Ausfälle in der Landwirtschaft zu reagieren ist für Russland seit dem Angriff auf die Ukraine deutlich schwieriger geworden. Den Import von Lebensmitteln aus der EU hat Russland als Reaktion auf die westlichen Sanktionen weitgehend gestoppt. Jetzt kauft das Land Kartoffeln aus anderen Staaten wie Ägypten oder China. Doch nicht zuletzt durch den langen Transportweg macht das die Kartoffeln teuer.
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Kriegswirtschaft setzt Landwirten zu

Putins Kriegswirtschaft macht den Landwirten in Russland gleich mehrfach das Leben schwer: Durch die massiven Staatsausgaben für Rüstung ist die Inflation im Land hoch - offiziell 9,8 Prozent. Düngemittel und Treibstoff werden teurer. Die russische Zentralbank will die Inflation mit einem hohen Leitzins von aktuell 20 Prozent bremsen. Der aber macht die Kreditaufnahme und damit Investitionen für viele landwirtschaftliche Betriebe unattraktiv.
Dazu kommt der Arbeitskräftemangel im Land. Weil viele Arbeitskräfte an der Front sind oder im Rüstungsbereich mehr Geld verdienen, fehlen auf den Feldern Arbeiter. Außerdem sind Maschinen wegen der Sanktionen schwerer zu beschaffen und teurer geworden. Landwirte berichten, dass Ersatzteile teils mehr als das Dreifache kosten.
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Putin äußert sich

Inzwischen hat Putin selbst den Mangel eingeräumt. "Wir haben nicht genug Kartoffeln", gibt der Herrscher im Kreml zu. Auch das verbündete Belarus könne nicht helfen. Laut Machthaber Lukaschenko habe man schon alles nach Russland verkauft.
Für viele Verbraucher macht die Kartoffelkrise den Preisanstieg in Russland direkt spürbar. Vor allem Geringverdiener und Rentner sind betroffen. Doch außer Ärger in Teilen der Bevölkerung hat das für Putin keine ernsthaften Konsequenzen. Zu sehr verfängt bei vielen die Staatspropaganda, nach der wirtschaftliche Einschnitte im angeblichen Abwehrkampf gegen den Westen hinzunehmen sind.
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Besserung in Sicht

Putins Landwirtschaftsministerin Oksana Lut ruft die Russen zum Durchhalten auf. Ab Juli werde sich die Lage entspannen. Dann sollen die ersten russischen Frühkartoffeln in die Läden kommen und Kartoffeln für die Russen wieder bezahlbar werden.

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