Rehlinger bei "Lanz": SPD-Manifest "Realitätsverweigerung"?

Ministerpräsidentin bei "Lanz":SPD-Manifest "Realitätsverweigerung"?

von Bernd Bachran
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Saarlands Ministerpräsidentin Rehlinger (SPD) fordert eine offene Debatte über das neue "SPD-Manifest". Politikjournalist Repinski sieht darin einen "Angriff auf Lars Klingbeil".

Markus Lanz vom 11. Juni 2025: Markus Lanz, Anke Rehlinger, Gordon Repinski, Moritz Schularick, Daniel Thym
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 11. Juni 2025 in voller Länge.11.06.2025 | 74:20 min
Mehrere prominente SPD-Politiker, wie zum Beispiel Ralf Stegner und Rolf Mützenich, fordern mit einem neuen "Manifest" eine grundlegende Kurskorrektur in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. In dem Manifest sprechen sie sich unter anderem gegen weitere Aufrüstung aus, plädieren stattdessen für eine Rückkehr zur Entspannungspolitik und einen Dialog mit Russland.
Auch innerhalb der SPD stößt das neue "Friedensmanifest" auf deutliche Ablehnung. Verteidigungsminister Boris Pistorius bezeichnete das Papier als "Realitätsverweigerung". Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetovic, hält es für "inhaltlich in weiten Teilen fragwürdig".
Boris Pistorius vor Kameras - er äußert sich zu Manifest
Ein Manifest prominenter SPD-Politiker fordert von der Bundesregierung eine grundlegende Wende in der Außen- und Sicherheitspolitik - und entfacht einen innerparteilichen Streit.11.06.2025 | 2:29 min

Rehlinger: "Ich hätte wahrscheinlich nicht unterschrieben"

Bei "Markus Lanz" nahm die Ministerpräsidentin des Saarlandes und stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, Anke Rehlinger, Stellung zu diesem Manifest.

Es ist jetzt nicht wahnsinnig überraschend, dass Rolf Mützenich und Ralf Stegner diese Position einnehmen. […] Sicherlich, kurz vor dem Parteitag ist das ein spannender Zeitpunkt.

Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes

Anke Rehlinger wurde laut eigener Aussage erst gar nicht gefragt, ob sie dieses "Manifest" unterschreiben wolle. "Ich hätte es auch wahrscheinlich nicht unterschrieben. Aber es ist auch erst mal nicht illegitim, bestimmte Meinungen erst mal in die Öffentlichkeit zu tragen."
Wie sie selbst erklärte, war der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD das Papier vor der Veröffentlichung nicht bekannt.
Putin ist vor einer Karte der Ukraine zu sehen.
In einem "Manifest" fordern mehr als hundert SPD-Mitglieder Gespräche mit Russland und ein Ende des Aufrüstens. Was das für die Außenpolitik bedeutet – ZDFheute live ordnet ein. 11.06.2025 | 25:35 min

Rehlinger plädiert für eine offene Debatte über das "Manifest"

Rehlinger fühlte sich an Diskussionen aus den 1980er Jahren erinnert, betonte allerdings, dass sich die heutige sicherheitspolitische Lage deutlich verändert habe. "Ich bin schon klar dafür, dass wir die Verteidigungsfähigkeit ausbauen müssen, dass wir Russland die Stirn bieten müssen."

Jetzt ist eine Zusammenarbeit mit Putins Russland nicht der richtige Ansatz.

Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin des Saarlandes

Sie sprach sich einerseits für einen Ausbau der Verteidigungsfähigkeit und eine klare Haltung gegenüber Russland aus, plädierte zugleich jedoch für eine offene Debatte über das "Manifest".
Thorsten Bonacker ordnet die Forderungen des Manifests der SPD-Linken ein.
Das Papier sei im Geiste des Kalten Krieges geschrieben worden, sagt Friedens- und Konfliktforscher Thorsten Bonacker. Abrüstung sei in der jetzigen Lage nicht sinnvoll. 11.06.2025 | 15:45 min

Journalist sieht Angriff auf Lars Klingbeil

Das wiederum wollte der "Politico"-Journalist, Gordon Repinski, so nicht stehen lassen. "Es ist ja gar keine Debatte. Da steht ja Manifest drüber."
Repinski weiter: "Dieses Manifest lässt keine Tür auf für Debatten. Sie schlägt alle Türen zu […] und es ist auch ein Angriff auf Lars Klingbeil, auf seinen Mittekurs, mit dem er sich qualifizieren möchte als Kanzlerkandidat."

Das ist ein massives Warnzeichen von vielen in der Parteilinken, auch Ehemaligen, die sagen 'Lieber Lars, so geht es nicht weiter'.

Gordon Repinski, Journalist

Markus Lanz äußerte Unverständnis darüber, dass nun erneut solche Debatten geführt würden. Angesichts des Ukraine-Kriegs und der früheren Abhängigkeit von russischem Gas müsse man sich eingestehen, einen historischen Fehler begangen zu haben.
SGS Zimmermann Sievers
Die Position des "Manifests" mehrerer SPD-Politiker sei in der Partei "nicht mehrheitsfähig", so die Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios, Diana Zimmermann. 11.06.2025 | 2:46 min

Repinski: "Das Gleichgewicht in der SPD ist dahin"

Anke Rehlinger plädierte immer wieder für eine offene Diskussion über dieses "Manifest" beziehungsweise dessen Inhalt. Gordon Repinski warf der SPD in diesem Zusammenhang Opportunismus vor.

Die SPD kann sehr pragmatisch sein, und zwar genau dann, wenn sie den Bundeskanzler stellt. Sobald sie ihn nicht mehr stellt, ist die SPD nicht mehr pragmatisch, sondern wird programmatisch.

Gordon Repinski, Journalist

"Das Gleichgewicht, das wir in der SPD gesehen haben, zwischen Bundeskanzler Scholz und dem ganz linken Rolf Mützenich, der ganz obendrauf steht auf diesem Manifest, das hat ermöglicht, das Richtige zu tun in der Ukraine. Dieses Gleichgewicht ist dahin."

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