Russlands Angriffe: Ermutigt US-Schweigen weitere Attacken?

Analyse

Angriffe auf Sumy und Kryvy Rih:Ermutigt US-Schweigen weitere Raketenangriffe?

von Christian Mölling, András Rácz
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Die USA haben die Raketenangriffe auf Kryvy Rih und Sumy nicht verurteilt. Die Russen könnten dies als Ermutigung verstehen. Bei den Doppelschlägen starben zahlreiche Menschen.

Ein durch Raketenangriff zerstörtes Wohngebäude.
Nach dem Raketenangriff auf Sumy am Palmsonntag blieb von der Straße kaum etwas übrig.
Quelle: action press

An Palmsonntag, dem 13. April, hat ein verheerender Raketenangriff die ukrainische Stadt Sumy getroffen. Das Stadtzentrum wurde von zwei ballistischen Raketen getroffen, entweder von Iskanders oder nordkoreanischen KN-23. Insgesamt wurden 36 Menschen getötet und 119 verletzt, unter ihnen viele Kinder.
Dies war nicht der verheerendste Raketenangriff des Krieges - im April 2022 wurden bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof von Kramatorsk 63 Zivilisten, die auf die Evakuierungszüge warteten, getötet und 150 verletzt - aber sicherlich einer der tödlichsten.

Russlands Ziel: So viele Tote wie möglich

Russland nutzte erneut das so genannte "Double Tap"-Schema, das heißt, die zweite Rakete folgt kurz auf die erste und zielt auf dieselbe Stelle. Ziel ist es, möglichst viele Ersthelfer (Polizisten, Feuerwehrleute, Krankenwagen usw.) zu töten, die bereits am Ort des ersten Einschlags eingetroffen sind.
Die zweite Rakete war mit einem Streusprengkopf ausgestattet, der darauf ausgelegt ist, in größeren, offenen Gebieten und bei ungepanzerten, "weichen" Zielen wie Truppen in Bewegung - oder Zivilisten auf einer belebten Straße - maximalen Schaden anzurichten.
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Dies war bereits der zweite Schlag in Folge, bei dem zwei Wellen geschossen wurden. Weniger als zwei Wochen zuvor, am 4. April, feuerte Russland eine ballistische Rakete auf Kryvy Rih ab, die einen in einem Wohngebiet gelegenen Spielplatz traf. Die Rakete war mit Streumunition ausgestattet, die über dem Zielgebiet detonierte und ein großes Gebiet verwüstete. Bei diesem Angriff wurden 20 Menschen getötet und 74 verletzt.

Die Autoren der Militäranalyse



Russlands spricht von Angriff auf militärische Ziele

In beiden Fällen behauptete Russland, dass die Angriffe auf militärische Versammlungen und damit auf legitime Ziele gerichtet waren. In Kryvy Rih habe eine Versammlung ukrainischer Offiziere und westlicher Ausbilder stattgefunden, während in Sumy das ukrainische Militär eine Ordensverleihung vorbereitet habe und die teilnehmenden Soldaten angegriffen worden seien. Russland gab an, dass in Sumy etwa 60 ukrainische Soldaten getötet und mehr als ein Dutzend Militärfahrzeuge zerstört wurden.
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Fall Kryvy Rih: Keine Belege für russische Aussagen

Was Kryvy Rih betrifft, so gibt es keine weiteren Informationen, die die Behauptung Russlands stützen, dass es sich um ein militärisches Ziel handelte. Es sei daran erinnert, dass es den Russen im November 2023 gelang, eine Feier der 128. Brigade in Zarichne unter freiem Himmel mit einer ballistischen Rakete zu identifizieren und zu treffen, wobei 28 ukrainische Soldaten getötet und viele verwundet wurden.
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Russland veröffentlichte daraufhin sofort sein eigenes Filmmaterial von dem Angriff, um den Erfolg zu betonen. Nach Kryvy Rih ist jedoch nichts dergleichen passiert. Hätte Russland ähnlich stichhaltige Beweise, hätte es sie wahrscheinlich veröffentlicht.

Fall Sumy: Ukrainische Fehler könnten mehr Opfer gefordert haben

Die Situation beim Angriff in Sumy sieht etwas komplexer aus. Es gibt auch hier keine visuellen Belege. Russische Propagandakanäle zeigen Bilder von einem einzelnen Pick-up mit militärischen Kennzeichen, der bei dem Angriff beschädigt wurde, und einem Opfer in Uniform. Doch Sumy ist Frontstadt. Es ist nicht verwunderlich, dass sich auch Soldaten auf der getroffenen Straße befanden. Die meisten Opfer waren Zivilisten.

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Doch gab der Gouverneur der Region Sumy, Volodymyr Artyukh, am 14. April zu, dass für diesen Tag tatsächlich eine militärische Auszeichnungszeremonie für die 117. Brigade geplant war und dass er sogar dazu eingeladen war. Das ukrainische Militär lehnte eine Stellungnahme ab.
Die Tatsache, dass ukrainische Beamte nach drei Jahren Krieg in vollem Umfang immer noch eine große militärische Auszeichnungszeremonie in einer Stadt so nahe an der Frontlinie planten, stellt ein Maß an Unprofessionalität und Fahrlässigkeit dar, das schwer zu begreifen ist.

Europa verurteilt den Angriff - die USA blockieren

Während viele europäische Staats- und Regierungschefs sehr entschieden und verurteilend auf den russischen Angriff auf Sumy reagierten, weigerten sich die Vereinigten Staaten, dies zu tun. Donald Trump sagte lediglich: "Man hat mir gesagt, dass sie (die Russen) einen Fehler gemacht haben".
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Dies mag zwar stimmen. Doch die Vorgehensweise des Doppelschlages bleibt ein Kriegsverbrechen, das die USA nicht verurteilen. Die USA blockierten zudem die G7-Erklärung zur Verurteilung des Angriffs mit der Begründung, Washington wolle weiter mit Moskau verhandeln.
Die schwache Reaktion der USA könnte Russland dazu ermutigen, ähnliche, verheerende Raketenangriffe auf ukrainische Städte, die näher an der Frontlinie liegen und deren Luftabwehr schwach ist, fortzusetzen. Am 15. April schlug Russland erneut mit einer ballistischen Rakete in Sumy ein.
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