Festgefahrener Krieg in Ukraine:Neitzel: Haben drei sehr kritische Jahre vor uns
Unser letzter Sommer im Frieden - mit dieser Einschätzung hat Militärhistoriker Neitzel uns im März aufgeschreckt. Entwarnung gibt er noch nicht, zeigt sich aber optimistischer.
"Auch ein Donald Trump kann den Frieden in der Ukraine nicht herbeizaubern", sagt der Militärexperte Sönke Neitzel. Auch die Macht der USA sei begrenzt.
31.08.2025 | 6:11 minDer Zusammenhalt der Nato hatte Risse bekommen, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine ging gerade in ein weiteres Jahr: In dieser Situation warnte Militärhistoriker Sönke Neitzel im März, der kommende Sommer - also der, der sich gerade dem Ende neigt - könne der letzte in Frieden sein.
Im ZDF heute journal versicherte der Experte jetzt, diesen Satz habe er nicht als "Panikmache", sondern als "Weckruf" an die Politik verstanden. Das gesamte Interview mit Sönke Neitzel sehen Sie oben im Video. Hier können Sie es in Auszügen lesen.
Das sagt der Militärhistoriker zu ...
... seiner Warnung vom Frühjahr. Ist sie noch aktuell?
Neitzel betont im Gespräch mit Christian Sievers, dass er auch heute keine "Entwarnung" geben würde. "Wir werden - glaube ich - drei sehr kritische Jahre vor uns haben." Dennoch betont der Experte, dass er die Situation jetzt etwas optimistischer beschreiben würde.
"Wir haben ja in den letzten Monaten auch positive Signale gesehen, dass wir vorangekommen sind. Wir haben die 3,5 Prozent, die Nato gibt es noch." Noch sei US-Präsident Donald Trump in Europa engagiert.
Ich würde es ein bisschen optimistischer sehen als im März, aber eine Entwarnung würde ich nicht geben.
"Wir müssen immer davon ausgehen, dass Dinge passieren, die wir uns nicht vorstellen können", warnt Neitzel und fügt hinzu: "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein Krieg mit Russland schneller kommen kann, als manche sich das vorstellen können."
Sehen Sie hier die Runde in der Sönke Neitzel seine Sorgen im März äußerte.
07.03.2025 | 45:05 min... der Frage, ob die Gefahr in Berlin richtig eingeschätzt wird
Aus Gesprächen mit Berliner Politikern entnimmt Neitzel, dass diese "wissen, was die Uhr geschlagen hat". Er sieht das "Grundproblem" eher in dem Umstand, dass die deutsche Regierung "nicht ins Handeln" komme. Der geplante Wehrdienst, die Reform des Verteidigungsministeriums oder der Bundeswehr sei dafür ein gutes Beispiel.
Also, wir Deutschen reden sehr viel. Es wird über einen Elefanten gesprochen [und] eine Maus geboren.
Das sei das "Grundproblem unserer Demokratie zurzeit und besonders eben auch in der Sicherheitspolitik". Den Militärhistoriker erfülle das mit großer Sorge: "Ich will hoffen, dass das Kabinett mehr liefert als das, was wir jetzt in den letzten Wochen gesehen haben."
... ist Militärhistoriker und Inhaber des Lehrstuhls für Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt an der Uni Potsdam. Davor lehrte er unter anderem an der University of Glasgow und der London School of Economics. Sein Forschungsschwerpunkt liegt unter anderem bei der Militär- und Gewaltgeschichte der Moderne.
Die SPD bestand auf Freiwilligkeit, die Union favorisierte das Pflichtmodell. In der Bundeswehr glaubt man nicht, dass das Personalloch schnell durch Freiwillige zu stopfen ist.
28.08.2025 | 2:40 min... der Rolle Trumps im Ringen um Frieden für die Ukraine
Trotz der bislang gescheiterten Bemühungen Trumps um Frieden für die Ukraine, bewertet Militärhistoriker Neitzel die Rolle des US-Präsidenten durchaus positiv.
Nur durch den Druck von Donald Trump sei der russische Präsident Wladimir Putin überhaupt zu Gesprächen bereit gewesen. Das hätten die Europäer nicht geschafft - außer den Androhungen großer Sanktionspakete sei von Seiten der EU "nichts Großes" passiert.
US-Präsident Trump hat die Hoffnungen auf ein Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und Kremlchef Putin gedämpft. Zudem sprach er von Sanktionen gegen Russland.
23.08.2025 | 0:23 min"Es war nur die Macht der USA, die überhaupt diesen kleinen Schritt in Alaska zustande gebracht hat." Deswegen sei es gut, wenn die Europäer es auch schafften, die "USA noch bei der Stange zu halten".
Immerhin gibt es diesen Player Trump noch, er könnte sich ja auch abwenden und [...] sagen: 'Rutscht mir den Buckel runter.' So weit sind wir Gott sei Dank noch nicht.
Aber, so räumt Neitzel ein, natürlich seien die Ergebnisse bisher überhaupt nicht befriedigend.
Aber wir sehen eben, dass auch ein Donald Trump den Frieden in der Ukraine nicht herbeizaubern kann, dass auch die Macht der USA begrenzt ist und dass Russland sehr mächtige Unterstützer hat.
Neitzel betont: "Wir alle wollen Frieden in der Ukraine und das wird nur gehen, wenn die USA weiter Druck auf Russland ausüben."
Das Interview führte Christian Sievers im ZDF heute journal. Zusammengefasst hat es Nicola Frowein.
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