Merz: An Partnerschaft mit Türkei "führt kein Weg vorbei"

Antrittsbesuch bei Erdogan:Merz: An Partnerschaft mit Türkei "führt kein Weg vorbei"

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von Karl Hinterleitner

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Merz trifft in Ankara auf Staatspräsident Erdogan. Bei seinem Besuch wird trotz mancher Differenzen klar: Eine Zusammenarbeit mit der Türkei ist alternativlos.

Turkey's President Recep Tayyip Erdogan (R) and German Chancellor Friedrich Merz (L) attend a joint press conference at the Presidential Complex in Ankara.

Bundeskanzler Merz reist zu Gesprächen in die Türkei. Mit Präsident Erdogan will er Wege für eine engere Zusammenarbeit in Sicherheits-, Migrations- und Außenpolitik finden.

30.10.2025 | 1:44 min

Der Weg zur letzten Ruhestätte ist rutschig. Die Steinplatten glatt, mit tiefen Lücken verlegt. Wer hier lang geht, muss genau auf seine Schritte achten. Der Besuch am Grab des Gründervaters der Türkei, Kemal Atatürk, ist Teil des Pflichtprogramms für jeden politischen Gast in Ankara. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz erweist Atatürk die Ehre und legt einen Kranz nieder.

Auf seine Schritte achten muss er aber nicht nur hier, sondern auch später, auf dem politischen Parkett.

Friedrich Merz und Recep Tayyip Erdogan

Kanzler Merz ist in Ankara mit militärischen Ehren empfangen worden. Am Atatürk-Mausoleum legte er einen Kranz nieder und sprach von Freundschaft. Karl Hinterleitner berichtet.

30.10.2025 | 1:56 min

Merz: An Partnerschaft mit Türkei führt "kein Weg vorbei"

Denn gute Beziehungen zur Türkei zu halten, gleicht einer Gratwanderung. Einerseits ist die Menschenrechtslage nicht besser geworden. Hunderttausende sitzen im Gefängnis, darunter der Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu - seit sieben Monaten.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt neben seiner Frau Charlotte an der Kranzniederlegung am Atatürk-Mausoleum teil.

Vor seinem Treffen mit Erdogan hat Merz den offiziellen Teil seines Antrittsbesuchs in der Türkei begonnen.

Quelle: dpa

Andererseits brauchen Deutschland und die Türkei sich gegenseitig. Daher führe an einer Partnerschaft "kein Weg vorbei", sagte Merz bei einer Pressekonferenz mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach einem gemeinsamen Gespräch. Es gebe sogar "zwingende Gründe, denn wir gehen in eine neue geopolitische Phase, die von der Politik großer Mächte geprägt wird", so Merz.

Deutschland und die Türkei teilen als Nato-Partner gemeinsame Sicherheitsinteressen. In Ankara weiß man genauso wie in Berlin: Russlands militanter Revisionismus gefährdet die euro-atlantische Sicherheit im Ganzen.

Friedrich Merz, Bundeskanzler

Karl Hinterleitner

"Ziel ist, die Gesprächsatmosphäre zu verbessern, Vertrauen herzustellen, und damit dann die Tür zu öffnen für Abkommen und Vereinbarungen", berichtet ZDF-Korrespondent Karl Hinterleitner zu Merz' Treffen mit Erdogan.

30.10.2025 | 3:11 min

Eurofighter-Deal mit Erdogan

Einen Wendepunkt in der militärischen Kooperation markiert dabei die zuvor beschlossene Lieferung von Eurofighter-Kampfjets an die Türkei - ein Schritt, der lange als politisch heikel galt.

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte im Juli grünes Licht für den Export von gemeinsam mit Großbritannien, Italien und Spanien produzierten Eurofighter-Kampfjets an den Nato-Partner Türkei gegeben.

Diese Flugzeuge dienen der kollektiven Sicherheit der Allianz, sie erhöhen Schutz und Sicherheit aller Nato-Alliierten.

Friedrich Merz, Bundeskanzler

Protestkundgebung zur Unterstützung des inhaftierten istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu

In der Türkei gehen Tausende junge Menschen auf die Straße - sie protestieren für ihre Überzeugungen und gegen Präsident Erdogan. Dafür drohen ihnen Verhaftungen und Repression.

02.04.2025 | 6:37 min

Fragen der Geopolitik, Wirtschaft und Migration

Deutschland ist in der Flüchtlingsfrage auf Ankara angewiesen. Rückführungen in die Türkei oder gar nach Syrien können nur funktionieren, wenn man gemeinsam agiert. Umgekehrt hat die Türkei Interesse an deutschen Rüstungsgütern und wünscht sich eine Steigerung der Lieferungen. Hier könnte man jeweils aufeinander zugehen.

Merz trifft Erdogan in Ankara

Die Pressekonferenz von Merz und Erdogan.

30.10.2025 | 53:07 min

Die deutsch-türkischen Beziehungen erleben 2025 sogar eine neue Dynamik. Zwischen geopolitischen Herausforderungen, wirtschaftlicher Kooperation und migrationspolitischen Spannungen sind beide Länder einer strategischen Partnerschaft nähergekommen.

So hat die sicherheitspolitische Lage in Osteuropa und dem Nahen Osten Deutschland und die Türkei enger zusammengebracht. Der Kanzler lobte bei seinem Besuch in Ankara die Vermittlerrolle der Türkei, betonte die Bedeutung gemeinsamer Friedensbemühungen.

Der türkische Oppositionsvorsitzende Özgur Özel auf dem Weg zu einer Zeremonie, umringt von Menschen (möglicherweise Bodyguards)

In der Türkei droht dem Vorsitzenden der größten Oppositionspartei CHP die Absetzung. Zehntausende CHP-Anhänger protestierten dagegen: Der Prozess sei politisch motiviert.

15.09.2025 | 0:27 min

Beim Thema Migration bleiben Differenzen

Dennoch: Differenzen bleiben. In der Migration bleibt das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen aus dem Jahr 2016 ein zentraler Pfeiler. Doch die Umsetzung ist umstritten. Die Türkei kritisiert mangelnde finanzielle Unterstützung und verweist auf nicht erfüllte Zusagen wie Visaerleichterungen und Fortschritte bei der Zollunion.

Frei von Spannungen sind dagegen die wirtschaftlichen Beziehungen. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und der Türkei erreichte 2023 über 55 Milliarden Euro - ein Rekordwert. Über 7.000 deutsche Firmen sind in der Türkei tätig. Die Türkei ist Deutschlands fünftgrößter Handelspartner außerhalb der EU - Deutschland für die Türkei sogar der bedeutendste.

Foto eines Mannes mit weißen Locken, graumeliertem Bart und runder Metall-Brille.

Der türkische Journalist Can Dündar schreibt über seinen Auftragskiller und die Verflechtungen des türkischen Staates mit kriminellen Netzwerken.

29.10.2025 | 12:17 min

Menschenrechte, Pressefreiheit und demokratische Standards spielen aktuell, zumindest öffentlich, eine untergeordnete Rolle. Stattdessen dominieren sicherheitspolitische und wirtschaftliche Interessen.

Friedrich Merz sagte, er wolle die Freundschaft wiederbeleben und weiß: Unabhängig von gegenseitiger Zuneigung ist Zusammenarbeit mit der Türkei alternativlos. Auch wenn man dabei auf jeden neuen Schritt sehr genau achten muss.

Quelle: mit Material von dpa und AFP

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  1. Der britische Premierminister Keir Starmer (links) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (rechts) halten eine gemeinsame Pressekonferenz ab, nachdem sie im Präsidentenpalast in Ankara einen Vertrag über 11 Milliarden Dollar für 20 Eurofighter unterzeichnet haben.

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  2. Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) stellen sich während einer Zeremonie in Sulaimaniyah in der autonomen Region Kurdistan im Irak am 11. Juli 2025 auf, um ihre Waffen in eine Grube zu legen.

  3. Dieses vom türkischen Außenministerium am 17. Oktober 2025 aufgenommene und veröffentlichte Foto zeigt den türkischen Außenminister Hakan Fidan (rechts) beim Händeschütteln mit dem deutschen Außenminister Johann Wadephul in Ankara, Türkei.

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