Lithium aus Bolivien: Wichtiger Rohstoff für E-Autos umkämpft
Rohstoff aus Bolivien:Kampf um größten Lithium-Schatz der Welt
von Tobias Käufer
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Bolivien sitzt auf riesigen Vorkommen des für die E-Mobilität so sehr benötigten Rohstoffs Lithium. Und verpasst es seit Jahren, diese Chance zu nutzen. Zum Nachteil Deutschlands.
Bolivien verfügt über die weltweit größten geschätzten Lithiumvorkommen. Der Rohstoff ist für die Energiewende dringend notwendig, der Abbau im Lithium-Gebiet Salar de Uyuni jedoch komplex.
Quelle: dpa
Die Träume waren ebenso groß wie die Versprechen. Das "weiße Gold" werde Bolivien Wohlstand bringen, denn die Anden-Nation in Südamerika ist nach aktuellem Wissensstand mit einem Volumen von 23 Millionen Tonnen die lithiumreichste Nation der Welt.
Doch seit Jahren bleibt Bolivien in einer Art Sackgasse stecken. In innenpolitischen Rivalitäten ist auch eine deutsche Lithium-Chance versunken. Ein deutsch-bolivianisches Joint-Venture scheiterte 2019 im Wahlkampf am Misstrauen der Bevölkerung. Seitdem ist Deutschlands Industrie in Südamerikas Lithium-Dreieck nur punktuell vertreten, während die internationale Konkurrenz ihre Pflöcke einschlägt.
Lithium ist ein wichtiger Stoff in der Energiewende. Deutschland ist bislang von Importen abhängig. In Frankfurt wurde nun eine Anlage eröffnet, die Lithium verarbeiten kann. 08.11.2024 | 1:32 min
Langer Weg bis zum kostendeckenden Abbau
Dr. Thomas Cramer ist Geowissenschaftler an der Nationalen Universität in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota und beschäftigt sich intensiv mit Mineralien in Südamerika. Im Gespräch mit ZDFheute sieht er den Fall Bolivien als "ein Beispiel dafür, dass es von einem Mineralpotential bis zu einem erfolgreichen und zumindest kostendeckenden Abbau oft ein weiter Weg sein kann", so Dr. Cramer. "Obwohl Bolivien unter den zum Lithiumdreieck zählenden Ländern über die weltweit größten geschätzten Lithiumvorkommen verfügt, ist die Lithium-Gewinnung komplexer und schwieriger als im benachbarten Chile oder Argentinien", erklärt Dr. Cramer.
Spezielles Magnesium-zu-Lithium-Verhältnis
Ein höheres Verhältnis von Magnesium zu Lithium im bolivianischen Lithium-Gebiet Salar de Uyuni mache die chemische Extraktion komplexer und teurer als in den Nachbarländern. In Entwicklung befindliche neue Direktextraktionsmethoden könnten hier Abhilfe schaffen, stellen aber enorme finanzielle und technische Herausforderungen dar.
Vom Smartphone bis zum E-Auto: Für moderne Akkus braucht man Lithium. In Bitterfeld soll ab sofort jährlich genug Lithium für 500.000 E-Auto-Batterien hergestellt werden.18.09.2024 | 2:40 min
Lithium für Energiewende notwendig
Der Rohstoff ist für die in westlichen Ländern geforderte Mobilitätswende von Verbrennern hin zu emissionsarmen E-Autos von zentraler Bedeutung, so auch in Deutschland. Denn Lithium wird für die Speicherakkus gebraucht.
Für den Erfolg des Mobilitätsstandortes Deutschland ist eine zuverlässige und preisstabile Verfügbarkeit dieser Rohstoffe notwendig.
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Verband der deutschen Automobilindustrie
Neben der technischen gibt es aber noch eine politische Dimension, die den Abbau des Lithiums bremst. Denn in Bolivien sorgen innenpolitische Rivalitäten zwischen dem ehemaligen Präsidenten Evo Morales und dem amtierenden Regierungschef Luis Arce seit Jahren für eine politische Blockade.
In Bolivien sind die Proteste um Ex-Präsident Morales eskaliert. Bewaffnete Unterstützer von Morales sollen drei Kasernen gestürmt und Soldaten als Geiseln genommen haben. 02.11.2024 | 0:23 min
Ex-Präsident stellt sich quer
Beide stammen aus dem gleichen politischen Spektrum. Morales galt viele Jahre als die Führungsfigur der sozialistischen Bewegung MAS, Arce zunächst als sein Wunschnachfolger. Weil aber Morales bis heute eine in der Verfassung festgelegte Amtszeitbegrenzung nicht akzeptieren will und auf eine erneute Kandidatur besteht, kommt es immer wieder zu Unruhen und gegenseitigen Vorwürfen.
Im Zentrum sind stets wie im laufenden Präsidentschaftswahlkampf die Lithium-Verträge mit potenziellen Investoren. Zuletzt gerieten auch die Vereinbarungen mit einem russischen und chinesischen Konzern in die Kritik.
Die indigene Bevölkerung der Provinz Nor Lipez kritisierte, dass gesetzlich vorgeschriebene Befragungen nicht durchgeführt wurden. Ihre Vertretung, kurz CUPCONL genannt, erteilte den betroffenen Unternehmen sogar ein Zutrittsverbot. "Die CUPCONL, als alleinige und uneingeschränkte Eigentümerin der Territorien (…) beschließt, den Unternehmen Uranium One Group und Hong Kong CBC den Zutritt zu unserem territorialen Zuständigkeitsbereich zu untersagen", erklärte CUPCONL.
Am Mittwoch haben Generäle versucht, gegen Boliviens Präsident Arce zu putschen. Der gibt der Opposition die Schuld am Putschversuch. Arces Amtsvorgänger Morales bezweifelt das.
Lithium-Verträge wurden durchgepeitscht
Im vergangenen Jahr hatte die umstrittene Linksregierung von Präsident Arce die Verträge trotz Korruptionsvorwürfen im Schnelldurchgang mit den Investoren aus Russland und China durchgepeitscht. Die Wut ist groß:
Wir wurden vor der Unterzeichnung dieser Verträge nie konsultiert.
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Julieta Uyuli Bartolome, Indigenen-Vertreterin
Nun blicken alle Beteiligten auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen im August und im Oktober (zweiter Durchgang). Dann könnte endlich Klarheit über die Zukunft des Lithium-Standorts Bolivien geben.
Jahrtausendelang wuchs Quinoa weitgehend unbehelligt in den bolivianischen Anden. Dann kam der Boom. Er brachte gutes Geld, zerstörte aber fruchtbaren Boden. Was helfen soll.