Pharmaindustrie unter Druck:Irland: US-Zölle treffen "Viagra-Village"
Zölle auf Medikamente? Davor schreckt US-Präsident Trump nicht zurück. Mit Folgen für Patienten, aber auch die Pharmaindustrie in Europa. Besuch im "Viagra-Village" in Irland.
US-Präsident Trump macht mit seinen Zöllen auch vor Medikamenten keinen Halt. Das "Viagra- Village" in Irland ist betroffen - wie geht die Region damit um?
Quelle: dpaDie große Fabrik südlich von Cork unterstützt nicht nur die irische Wirtschaft - sondern weltweit auch Männer im Liebesrausch: Im sogenannten Viagra-Village stellt Pfizer den weltweit größten Anteil der blauen Pillen her. Die Gegend ist ein Powerhouse der irischen Wirtschaft. Die größten Pharmakonzerne der Welt produzieren hier. Medikamente sind Irlands Exportschlager.
Doch Trumps Zölle gefährden die Wirtschaft im Ort, fürchten hier einige. Ali Byrne zum Beispiel von der Gourmet Pantry, wo viele ein und ausgehen, um sich einen Kaffee oder andere Leckereien zu holen: "Wir machen viel Catering für die Pharma-Firmen - das hätte also schon Auswirkungen auf uns."
Kritik am EU-USA-Zolldeal
Statt vorher gar kein Zoll, fallen jetzt 15 Prozent auf die meisten Medikamente an, die sie in die USA exportieren: Kein guter Deal, meint Stadtrat Jack White.
Die EU unter der Führung von Frau von der Leyen hätte mit härteren Bandagen kämpfen sollen.
Jack White, Stadtrat Fine Gael Partei
John Twomey vom Sportverein hat den Pharma-Boom hier von Anfang an miterlebt. Dass US-Präsident Trump die Fabriken jetzt in die USA zurückzwingen will, hält er für Quatsch. Das lohne sich wirtschaftlich nicht.
Die Arbeiter machen den Unterschied. Hier in Irland sind sie ausgebildet und loyal: Sie bleiben lange bei einer Firma. In den USA ist das ganz anders.
John Twomey, Schatzmeister Shamrocks GAA Club Shanbally
Trumps Ankündigung, bis zu 250% Zölle auf Medikamente zu erheben, weckt Ängste. Pharmaprodukte machten 43 % der irischen Industrieproduktion und 45 % der Warenexporte im Jahr 2024 aus.
09.09.2025 | 2:10 minUnd auch Jack White glaubt nicht, dass die Firmen ihre Produktionsstätten aufgeben und in den USA neu aufbauen, wie sich das der US-Präsident vielleicht vorstellt. "Die werden sich mehr auf die EU fokussieren," meint er. "Und anderswo in der Welt."
Die EU hat einen großen, wenn nicht größeren Markt als die USA. Und trotzdem würden wir natürlich gerne mit den Amerikanern weiter arbeiten.
Jack White, Stadtrat Carrigaline
Die Pharma-Industrie machte Carrigaline zur einer der am schnellsten wachsenden Gemeinden im Land, erzählt Jack White. Überall neue Investitionen. Große Neubauviertel. Eine Schnellstraße von Cork und dem Flughafen zu den Produktionsstätten. Und der unmittelbar in der Nachbarschaft gelegenen Hafen ist neu ausgebaut: Von hier aus verschiffen sie die Medikamente direkt in alle Welt. Wegen der Trump Zölle jetzt wohl mehr in Richtung EU und Asien, sagen Experten.
Um im Zeitalter von Trumps Zoll-Deals zu überleben, muss Europa manche Strategie überdenken. ZDF-Wirtschaftskorrespondent Florian Neuhann zeigt, was Europa von Donald Trump lernen kann.
13.08.2025 | 15:28 minMehr Optimismus als Zollangst
Manche haben deswegen mehr Optimismus als Zollangst. Denn Irland zählt gerade ein Drittel mehr Unternehmens-Ansiedlungen als im Vorjahr, berichtet etwa Michael Lohan, Chef der staatlichen Wirtschaftsentwicklungs-Agentur IDA. Man habe die Strategie nach Bekanntwerden der Zölle angepasst. Keiner sei mit den Zöllen glücklich. Doch jetzt müssten Firmen in Irland eben ihre Produktivität und Innovationskraft erhöhen, um einen Teil der Zölle auszugleichen.
Irland ist weiterhin attraktiv, trotz Gegenwind. Letztes Jahr hatten wir schon ein Rekordjahr bei Innovations-Investments - und auch das können wir in diesem Jahr noch toppen.
Michael Lohan, CEO Industrial Development Authority IDA
Die Pharmaindustrie zählt zu den profitstärksten Branchen Deutschlands. Doch wie weit geht die Branche, um ihre Gewinne zu maximieren? Ein ZDFheute-Backgroundcheck.
11.11.2024 | 17:18 minOptimismus auch in einem Hotel in Carrigaline, in dem internationale Geschäftsleute übernachten, von denen viele auch in den großen Pharma-Fabriken zu tun haben. Manager Jerry Healy lässt sich von Trumps Zöllen nicht aus der Ruhe bringen.
Wir hatten die Rezession und dann Corona. Aber wir sind immer noch hier. Die Iren sind widerstandsfähig. Und das jetzt: Kriegen wir auch hin.
Jerry Healy, Hotel-Manager
Irland braucht internationale Konzerne
Irlands Wohlstand beruht auf dem Erfolg der internationalen Konzerne. Über 80 Prozent der Körperschaftssteuer-Einnahmen des Landes kommen von multinationalen Konzernen, wie man sie hier nennt. Die Amtszeit von Präsident Trump liefe ja nicht ewig, mit ihm seien dann auch irgendwann die Zölle weg - hoffen sie hier.
Wolf-Christian Ulrich ist ZDF-Korrespondent für Irland und das Vereinigte Königreich.
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