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US-Wahl:Diese Gruppen könnten Harris den Sieg kosten
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Kamala Harris scheinen Teile der Stammwählerschaft abzuwandern, bei Schwarzen und Latinos. Das erschwert der Demokratin den Weg zum Sieg - nun kämpft sie um moderate Wählerinnen.
Wenige Tage vor der Wahl versucht die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris ihre Basis zu mobilisieren und Unentschlossene noch von sich zu überzeugen. Auch ihre Abschlussrede vor dem Weißen Haus zielte genau darauf ab: Sie warnte vor Donald Trump, stellte ihre Politik vor und steckte erneut die Hand zu den moderaten, nicht klassisch demokratischen Wählern aus.
Denn auch in der sehr demokratischen Hauptstadt sind unter den Zehntausenden im Publikum Menschen, die nicht oder noch nicht für Harris stimmen wollen. Einige davon sind laut und machen auf ihren wunden Punkt aufmerksam: Unzufriedenheit mit der Nahost-Politik der US-Regierung. Diese laute Gruppe ist nicht die einzige, um die Harris bangt. Auch andere Teile der demokratischen Stammwählerschaft scheinen zu wackeln.
Amerika rückt nach rechts
Joe Biden gelang der Wahlsieg vor vier Jahren mithilfe einer breiten Koalition aus unterschiedlichen Wählergruppen. Seit Wochen deuten Umfragen darauf hin, dass die Unterstützung für Harris unter anderem bei Gewerkschaften, Schwarzen und Latinos geringer ausfallen könnte als in den vergangenen Wahlen. Sollten hier Wählerstimmen wegbrechen, hat das in einem so knappen Rennen große Auswirkungen.
Das hat Sorgen in der Partei ausgelöst. Doch nicht nur das: Es ist auch ein Hinweis darauf, wie sich die US-Gesellschaft verändert. Trump und seine Politik sind kein Randphänomen mehr. Und das ist der Grund dafür, dass Harris einen Spagat probt: Sie rückt die Demokraten weiter nach rechts und muss darauf hoffen, den progressiven Teile der Partei dabei nicht zu vergraulen.
Harris hat Bidens Gaza-Problem geerbt
Auch der Umgang mit dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu und seiner Kriegsführung ist bei den Demokraten höchst umstritten. Wie schon Biden, wird auch Harris Wahlkampf von Beginn an von pro-palästinensischen und Anti-Kriegs-Protesten begleitet. Das könnte sie Stimmen in diversen Gruppen kosten - von jungen Wählern bis zu den arabischstämmigen Amerikanern - auch im wichtigen Swing State Michigan.
Neben der Warteschlage zum Harris-Event ruft ein junger schwarzer Mann zum "Waffenembargo!" auf, auf seinem Schild steht übersetzt: "Verlangt mehr von Kamala". Der Demonstrant Michael Jay sagt, er sei viel im Land unterwegs, er glaubt, das Thema könne Harris die Wahl kosten. Hinzu kommt:
Es gibt viele schwarze Wähler - vor allem Männer - die das Gefühl haben, die Demokraten halten unsere Stimme für selbstverständlich.
Michael Jay, Demonstrant
Schwarze hätten seit Jahrzehnten mehrheitlich demokratisch gewählt, aber kaum etwas dafür bekommen, so Jay. Das sorge für großen Frust.
Diverse Umfragen deuten Abwanderung von jungen männlichen Wählern an
Trump konnte aus dieser Unzufriedenheit offenbar Kapital schlagen. Sein Wahlkampfteam hat sehr systematisch versucht, junge Männer zu erreichen. Umfragen etwa der New York Times und des Siena College deuten darauf hin, dass sie damit erfolgreich waren. Bei jungen Männern allgemein, genauso wie bei Minderheiten. Auch wenn die Mehrheit der Schwarzen - und auch Latinos - weiter demokratisch wählen will, zeigen diverse Umfragen, wie diese von NBC einen Einbruch bei jungen Männern, für die Wirtschaft und Migration die wichtigsten Themen sind.
Präsidentschaft: Trump oder Harris?
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Harris' Wahlkampfteam versucht zuletzt stärker gegenzusteuern, mit direkter Ansprache, Interviews bei Medien der Zielgruppe, konkreteren Programmen und mit der Unterstützung von Parteigrößen wie Barack Obama. Einige Demokraten hoffen, dass Vorfälle wie die rassistischen Witze bei Trumps Veranstaltung im Madison Square Garden helfen, Wähler zurückzugewinnen. Etwa Puerto-Ricaner im entscheidenden Swing State Pennsylvania.
Harris setzt auf neue Wählerkoalition
Es gibt auch Wählergruppen, bei denen Harris auf bessere Ergebnisse hoffen kann, als ihre Vorgänger. Neben weißen höhergebildeten Menschen, die genug von Trump haben, sind das vor allem Frauen.
In dem Kopf-an-Kopf-Rennen können kleinste Verschiebungen in den Wählergruppen die Wahl entscheiden. Harris und ihr Konkurrent Trump wissen das, touren daher ohne Pause durch die entscheidenden Swing States, um von sich zu überzeugen.
Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.
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