Entwaldungsverordnung wieder verschoben:So setzt die EU Äthiopiens Kaffee-Bauern unter Druck
von Lisabell Shewafera
Die umstrittene EU-Kaffeeverordnung ist zwar verschoben, doch am Ursprungort des Arabica-Kaffees kämpfen äthiopische Bauern weiter mit hohen Hürden und bürokratischen Hindernissen.
Am Ursprungsort des Arabica-Kaffees kämpfen äthiopische Kleinbauern trotz Verschiebung der EU-Verordnung weiter mit hohen Hürden und bürokratischen Anforderungen.
22.12.2025 | 2:15 minDie Freude ist groß bei den Menschen, die in Äthiopien im Kaffeesektor arbeiten. In der Region Kaffa - dem Ursprungsort des Kaffees - sorgt eine Entscheidung aus Brüssel für Erleichterung: Die geplante EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) wird erneut verschoben. Statt wie zuletzt vorgesehen am 30. Dezember 2025 tritt sie nun erst Ende 2026 in Kraft. Zuvor war der Start bereits von Ende 2024 auf Ende 2025 verschoben worden.
Künftig soll durch die Verordnung der Kaffee nicht von Flächen stammen, auf denen nach 2020 Wald abgeholzt wurde. Auch soll der gesamte Weg vom Strauch bis zum Endprodukt dokumentiert werden. Ebenso stellt eine verpflichtende Geolokalisierung mehr als vier Millionen Kaffeebauern vor neue Herausforderungen.
Die Entwaldungs-Verordnung war Ende November Thema im EU-Parlament.
26.11.2025 | 2:35 minDoch Finanzanalyst Samson Berhanu warnt: "Im Bereich Umweltschutz berücksichtigt die EU oft nicht die Realität armer Länder wie Äthiopien." Die Regeln stellen Millionen Kleinbauern vor immense praktische und wirtschaftliche Herausforderungen.
Manche Kaffeebauern kennen EU-Regeln nicht
Mengistu Mamo baut seit zehn Jahren Kaffee an und ist stolz auf seine Arbeit als Kaffeebauer: "Kaffee ist mein Leben", sagt Mengistu. "Wenn ich keinen Kaffee verkaufen könnte, könnte ich nichts kaufen und hätte nichts zu essen." Rund 100 Birr erhält er pro Kilo, etwa 80 Cent. Mengistu gehört zu den wenigen Bauern, die bereits ein Training zur praktischen Umsetzung der EU-Regelung erhalten haben. Viele andere Kleinbauern jedoch nicht.
Digitale Nachweise und GPS-Geräte sind in ländlichen Regionen oft nicht verfügbar. Viele Bauern besitzen kein Smartphone. Auch können zahlreiche Menschen weder lesen noch schreiben.
Manche Landwirte wie Abebetsch Haile haben von der Regelung bislang noch nie gehört. Die Kaffee-Bäuerin und Witwe bewirtschaftet einen Hektar Land. Dass ein großer Teil des Kaffees in die EU exportiert wird - und dort künftig strengeren Regeln unterliegt - ist ihr nicht bekannt.
Brasiliens Kaffeebauern stecken in der Krise. Im größten Kaffee-Exportland der Welt sorgen Dürre, Starkreden, extreme Hitze oder extreme Kälte in den Anbauregionen für Ernteausfälle.
04.07.2025 | 4:33 minIn der Kaffee-Union "Kafa Forest Coffee Farmers Cooperative Union" sind über 50 Kooperativen organisiert, bislang haben nur vier ihre Flächen digital vermessen lassen. "Uns fehlen Tablets, Messgeräte, geschultes Personal und vor allem Geld", sagt Zertifikatsmanager Fiseha Alemu. Der spätere Start verschaffe zwar Zeit, ändere aber nichts an der Umsetzungsschwierigkeit.
Kaffee-Union: Mehr Verantwortung für Käufer
Internationale Käufer müssten nach Ansicht der Kaffee-Union stärker Verantwortung übernehmen. Europäische Importeure profitierten von zertifiziertem Kaffee, ohne sich ausreichend an den Kosten zu beteiligen.
Kleinbauern könnten dadurch aus dem EU-Markt gedrängt werden, während große Plantagen mit besserer Infrastruktur profitierten. Zugleich kaufen chinesische und saudische Händler zunehmend äthiopischen Kaffee - häufig ohne strenge Zertifizierung.
Palmöl, Kakao, Kaffee: Die EU will, dass EU-Bürger einkaufen können - ohne damit die Regenwaldabholzung voranzutreiben. Ein neuer Bericht zur Entwaldung heizt die Debatte an.
14.10.2025 | 2:27 minDer äthiopische Staatsminister Professor Eyasu Elias betont: "Die EU ist eines der wichtigsten Exportziele für Äthiopien. Rund 35 Prozent unserer Gesamtexporte gehen dorthin. Kaffee wächst oft im Schatten. Das erschwert GPS-Nachweise." Die Regierung arbeitet eng mit der EU zusammen, um Kleinbauern bei der Umsetzung der Vorgaben zu unterstützen. Kritisch sehen Beobachter jedoch, dass staatliche Schulungen erst spät angelaufen sind - obwohl die EU-Regelung seit Jahren bekannt ist und viele Kleinbauern bis heute unvorbereitet sind.
Fraglich, ob der erneute EU-Aufschub reicht
Trotz der Herausforderungen sehen manche Bauern die Regeln auch als Chance, sich langfristig den Zugang zu wichtigen Märkten zu sichern. Ob der erneute Aufschub reicht, bleibt fraglich. In Kaffa hoffen sie vor allem, dass der Kaffee, auch in Zukunft ihre Existenz sichert - während EU-Bürokratie, mangelnde Infrastruktur und eine unvorbereitete Regierung weiterhin große Hürden darstellen.
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