COP30 - Klimaschutz im Amazonasgebiet:Wie Indigene mit Hightech ihren Wald schützen
von Christoph Röckerath
Ein Blick auf die Satellitenansicht von Google Maps zeigt, welchen Unterschied indigene Schutzgebiete für den Regenwald machen: grüne Inseln inmitten von abgeholztem Weideland
Warum indigene Feuerwehren mit moderner Technik eine Schlüsselrolle im Schutz des Regenwaldes spielen.
Quelle: dpaDas Gebiet "Terra Indígena Sete de Setembro" im brasilianischen Bundesstaat Rondonia im Amazonasgebiet ist eine grüne Insel inmitten von abgeholztem Weideland. Die Fläche ist ungefähr dreimal so groß wie Berlin und doch winzig, in Anbetracht des Kahlschlags rundherum.
Indigene Feuerwehr schützt Wald vor Brand
Die Stille des Waldes wird durchdrungen vom Dröhnen von Laubbläsern. Ein Trupp gelb gekleideter Feuerwehrmänner treibt große Wolken brauner Blätter vor sich her. In den letzten Jahren ist es im Amazonasgebiet immer trockener geworden. Die Waldbrandgefahr steigt stetig.
In Brasilien haben indigene Aktivisten und ihre Unterstützer das Gelände der UN-Weltklimakonferenz gestürmt. Sie demonstrierten gegen die Zerstörung des Regenwaldes.
12.11.2025 | 1:37 min"Wir schlagen hier eine Schneise, damit ein Feuer nicht übertreten kann", erklärt Feuerwehrmann Jonathan Pamangat Suruí. So wie er sind alle Männer Angehörige des indigenen Volkes der Paiter Suruí. Die Feuerwehr ist regelmäßig im Einsatz. Es geht vor allem um Prävention. Schneisen in den Regenwald zu schlagen sei ein notwendiges Übel, um ihn besser zu schützen, sagt Feuerwehrmann Jonathan.
Seitdem wir diese Arbeit machen, sind es viel weniger Brände geworden.
Jonathan Pamangal Surui, indigener Feuerwehrmann
Illegal gerodetes Land wieder aufgeforstet
Rund 2000 Paiter Surui, brasilianische Ureinwohner, leben in verschiedenen Dörfern auf dem Territorium. Teile ihres Landes waren bis vor zwanzig Jahren illegal besetzt von Siedlern und Rinderzüchtern, die Kahlschlag betrieben hatten. Erst als diese auf Druck der Behörden das Gebiet verlassen hatten, konnten die Paiter Surui mit der Wiederaufforstung beginnen. Inzwischen sind die neu bepflanzten Gebiete nur noch schwer vom ursprünglichen Wald zu unterscheiden.
Wie verändert die Zerstörung des Regenwalds das Klima auf der Welt? ZDF-Umweltreporter Sherif Rizkallah und Wissenschaftlerin Mira Pöhlker wollen das auf einer Amazonas-Expedition herausfinden.
10.11.2025 | 43:14 minDoch der Wald ist täglich bedroht. Immer wieder kommt es vor, dass Brandrodungen der umliegenden Bauern auf ihren Wald übergreifen. Schlimmer ist, dass nach wie vor illegale Holzfäller oder Brandstifter in das Gebiet eindringen. Dabei kommt es auch zu Gewalt. Manchen Viehzüchtern und Geschäftsleuten sind die Indigenen ein Dorn im Auge.
Drohneneinsatz gegen Brände und Kahlschlag
Um diese Gefahr abzuwehren, setzen die Paiter Suruí auch auf moderne Technik. Sie betreiben eine eigene Drohnenbrigade, die aus der Luft den Wald überwacht. Und nicht nur das - über eine Software sind sie mit 22 weiteren indigenen Gemeinden im Bundesstaat Rondonia vernetzt. Brandherde werden fast in Echtzeit überwacht und analysiert.
Der Klimawandel kommt schneller und heftiger als erwartet. Für Deutschland wurde ein Plus von 2,5 Grad gemessen. Die Folgen sind das Hauptthema auf dem Extremwetter-Kongress in Hamburg.
24.09.2025 | 1:30 minDie drei jungen Männer, die gerade im Dienst sind, haben mit der Drohne zwei Rauchsäulen am Rand ihres Gebietes entdeckt. Pilot Xener Suruí zeigt auf sein Display: "Hier ist ein größeres Feuer und davon könnte ein Funke da rüber geflogen sein und dort einen weiteren kleinen Brand ausgelöst haben."
Vorbild für andere indigene Gemeinden
Die Drohne fliegt näher. Glücklicherweise scheint das Feuer nicht besonders groß zu sein. Von Brandstiftung ist nicht auszugehen. Trotzdem müssen sie vorsichtig sein bei der Landung. Möglichst tief über den Wipfeln der Bäume kommt die Drohne zurück.
"Es ist immer besonders gefährlich, wenn wir die Drohne wieder landen lassen. Denn dann könnten möglicherweise Eindringlinge unseren Standort zurückverfolgen", erklärt Xener Suruí.
Mit ihren Aufforstungs- und Schutzprogrammen sind die Paiter Suruí ein Vorbild für viele indigene Gemeinden. Das liegt auch an der Arbeit und Medienpräsenz ihres Anführers Almir Suruí, der sich auch politisch engagiert und für das Parlament kandidiert.
Leben mit Tradition und moderner Technik
Im Hauptdorf empfängt er das ZDF in seinem Haus. Ein großer Fernseher dominiert das Wohnzimmer. Die Einrichtung steht in starkem Kontrast zu umliegenden traditionellen Gebäuden. "Wir leben in zwei Welten", sagt Almir Surui schmunzelnd, wird dann aber ernst: "Ich nutze gleichzeitig meine traditionelle Kopfbedeckung und mein Handy," sagt er.
Denn es geht darum zu verstehen, wie wir in der modernen Welt überleben und gleichzeitig unsere indigene Kultur erhalten können.
Almir Surui, Anführer der Paitr Surui
Beides gehe nur Hand in Hand. Auch Indigene müssten Geld verdienen, um zu leben, sagt Almir Surui. "Ohne diese Möglichkeit besteht die Gefahr, dass auch einige von uns in die Illegalität abrutschen und zu Goldsuchern oder Holzfällern werden."
ZDF-Reporter Peter Theisen besucht ein abgelegenes Stück Regenwald in Papua-Neuguinea. Dort versuchen Ureinwohner, dem wachsenden Einfluss der Holzindustrie Einhalt zu gebieten.
26.04.2025 | 3:06 minAuch hier gehen die Paiter Suruí systematisch ans Werk. Sie haben einen Teil ihres Gebietes für den Tourismus geöffnet. Außerdem bauen sie hochwertigen Kaffee und Kakao an. Alles Bio, versteht sich. Das Geschäft blüht, und der Wald wächst.
Christoph Röckerath ist Studioleiter des ZDF-Südamerika-Studios in Rio de Janeiro.
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