Die Wissens-Kolumne von NANO und Terra X:Eine Klimakonferenz für den Regenwald
von Gregor Steinbrenner
Lohnt sich die Klimakonferenz noch? Warum die COP in Belém im Regenwald stattfindet - und warum Bordell-Betten für unerwartete Schlagzeilen sorgen.
Stell dir vor, es ist Klimakonferenz und keiner geht hin. Manche sagen, das wäre besser: keine Flüge, keine Phrasen, keine Beschlüsse, die am Ende doch verpuffen. Aber stimmt das wirklich?
In der Wissens-Kolumne von NANO und Terra X auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpertinnen und Gastexperten jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Auch wir als Redaktion müssen uns diese Frage stellen: Lohnt es sich, zur nächsten COP nach Brasilien zu fliegen - gemessen an den zu erwartenden Ergebnissen?
Für den Amazonas hat der hohe Goldpreis fatale Folgen. In Peru ist durch den Goldabbau eine illegale Stadt ohne Gesetze entstanden. Ranger kämpfen gegen Gewalt und Zerstörung.
06.11.2025 | 12:57 minKlimaschutz braucht eine große Bühne
Ein Blick auf die Zahlen hilft: Vor dem Klimagipfel 2015 in Paris lag die Prognose bis zum Ende des Jahrhunderts noch bei rund vier Grad Erderwärmung. Zehn Jahre später sprechen die Modelle von 2,4 oder 2,8 Grad.
Bleibt die Politik untätig, droht laut UN eine Erderwärmung um bis zu 2,8 Grad – weit entfernt vom Pariser 1,5-Grad-Ziel. Die Warnung: Das Tempo müsse deutlich höher werden.
04.11.2025 | 1:27 minDas reicht noch lange nicht, aber der Fortschritt zeigt, wir brauchen Orte, an denen verhandelt wird: Eine internationale Plattform, die Länder an den Pranger stellt, in denen der Klimaschutz nicht voran geht. Diese eine Bühne gibt es 2025 weltweit nur hier: Also auf nach Brasilien.
Im Amazonas kämpfen die Ka’apor gegen Holzfäller und Carbon-Cowboys, die mit CO₂-Zertifikaten Profit machen. Doch was als Klimaschutz gilt, raubt ihnen ihr Land.
06.11.2025 | 12:54 minEin Waldgipfel zwischen Bordell-Betten und gefällten Bäumen
Die COP30 findet in Belém statt - am Rande des Regenwaldes. Das sorgte zunächst für Spott: In Belém fehlten Unterkünfte und einige Bordell-Besitzer erweiterten kurzerhand ihre Etablissements zu Hotels für Klima-Touristen. Für den Konferenzverkehr wurde sogar noch Regenwald abgeholzt.
Trotzdem ist Belém als Ort des Gipfeltreffens ein bewusstes Signal: Der Gipfel soll dort stattfinden, wo der Schutz des Waldes keine abstrakte Debatte ist, sondern Realität. Denn: Diese COP soll ein Waldgipfel werden.
Wenn der Speicher selbst zur Gefahr wird
Der Wald ist ein entscheidender Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Die sogenannten terrestrischen Systeme (also vor allem Wälder und Moore) nehmen etwa ein Viertel des vom Menschen verursachten CO2 auf.
Und der Amazonas als größter Regenwald der Welt spielt hier eine besondere Rolle. Er ist unser wertvollster Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel und gleichzeitig sind wir sein größter Feind.
Im größten Feuchtgebiet der Welt kämpfen Forscher und Brandschützer gegen entstehende Feuer, noch bevor sie sich ausbreiten - ein Wettlauf gegen die zerstörerische Macht der Natur.
06.11.2025 | 13:10 minEtwa 20 Prozent des brasilianischen Regenwaldes haben wir bereits zerstört, gerodet für Viehzucht, Soja, Palmöl. Der gigantische CO2-Speicher droht selbst zum Problem zu werden: Weniger Regenwald bedeutet weniger Niederschlag in dieser Region, höhere Temperaturen am Boden und vermehrte (natürliche) Brände. In diesen Phasen stößt der Regenwald mehr CO2 aus, als er aufnimmt.
Viele Versprechen, wenig Fortschritt
Schon in Glasgow auf der Weltklimakonferenz 2021 wurde eine Regenwald-Initiative angekündigt: Bis 2030 will man die Entwaldung stoppen, hieß es damals. Passiert ist wie so oft viel zu wenig. Neunmal schneller müsste die Welt handeln, um den Wald zu retten. Das Problem ist bekannt: Es geht ums Geld.
Vom Regenwald leben, ohne ihn zu zerstören: Wie Ökotourismus und nachhaltige Landwirtschaft Bewohnern im Amazonas eine Zukunft schenkt.
06.11.2025 | 12:32 minGrößter Waldfond aller Zeiten
Und jetzt kommt der Hoffnungsschimmer Belém, die Wald-COP. In Belém stellte die brasilianische Regierung eine neue Initiative vor, die das Zeug dazu haben kann, die Entwaldung zu stoppen. TFFF heißt sie, Tropical Forest Forever Facility. Ein Fond, der Geld dafür bezahlt, dass Regenwald nicht zerstört wird. 125 Milliarden US-Dollar sind das Ziel - aus staatlichem und privatem Vermögen. Es wäre der größte Fond für Waldschutz, den es je gab.
Warum sich der Klimagipfel lohnt
Übrigens: Das Argument "würde man die Flüge zur COP einsparen, wäre dem Klima mehr geholfen", entkräftet die Berechnung einer britischen NGO. Die COP in Glasgow verursachte rund 131.000 Tonnen CO2, ein Anteil von 0,00022 Prozent an den globalen Emissionen. Die vereinbarten Klimaziele würden 72.000 Mal so viel CO2 einsparen, wie der Gipfel selbst verursacht hat. Até logo, Belém.
Im brasilianischen Belém startet die UN-Klimakonferenz - Sind die gesteckten Klima-Ziele überhaupt noch zu erreichen?
06.11.2025 | 28:10 min… ist Journalist und Moderator der Wissenschaftssendung NANO auf 3sat. Seit Jahren berichtet er über die Klimakonferenzen.
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