Regenwaldverlust: Fördern EU-Unternehmen die Abholzung?

Streit um Entwaldungsverordnung:Fördern EU-Unternehmen die Regenwaldrodung?

von Elisa Miebach und Moritz Scheuring
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Palmöl, Kakao, Kaffee: Die EU will, dass EU-Bürger einkaufen können - ohne damit die Regenwaldabholzung voranzutreiben. Ein neuer Bericht zur Entwaldung heizt die Debatte an.

Abgeholztes Gebiet im Amazonas-Regenwald in Brasilien.

Abgeholztes Gebiet im Amazonas-Regenwald in Brasilien (Archiv)

Quelle: Greg Armfield/WWF-UK/dpa/Archivbild

Bis 2030 sollte die globale Entwaldung gestoppt sein. Dieses Ziel haben sich 145 Staaten 2021 gesetzt. Doch die Welt ist weit davon entfernt. Laut dem aktuellen "Forest Declaration Assessment 2025" gingen allein 2024 rund 8,1 Millionen Hektar Wald verloren. Das entspricht circa der Fläche Österreichs.

Eine fatale Entwicklung laut Erin D. Matson, Referentin der Denkfabrik "Climate Focus" und Co-Autorin des diesjährigen Berichts:

Jedes Jahr vergrößert sich die Kluft zwischen Verpflichtungen und Realität, mit verheerenden Auswirkungen.

Erin D. Matson, Co-Autorin Forest Declaration Assessment 2025

Baumstümpfe auf einem gerohdeten Stück Urwald auf Papua-Neuguinea

Ein Drittel von Papua-Neuguinea ist mittlerweile von Palmölplantagen statt von Urwald bedeckt und der Kahlschlag geht weiter. Eine kleine Organisation versucht, so viel Urwald wie möglich zu retten.

22.04.2025 | 4:23 min

Waldverlust: Deutschland und EU sind Mitverursacher

Tropische Wälder und somit auch Artenvielfalt und CO2-Speicher verschwinden weltweit - auch aufgrund der Produktion von beispielsweise Palmöl, Kakao und Rindfleisch.

Der Anbau solcher Produkte führt in Südamerika, Südostasien und Afrika die Ausweitung teils mit zur Rodung der größten Regenwälder der Welt - Bäume fallen für neue landwirtschaftliche Flächen.

Allein die Importe der EU sind jedes Jahr mit der Abholzung von rund 190.000 Hektar Wald verbunden. Das heißt: Durch die Importe der EU verschwindet jährlich Wald von rund einem Drittel der Größe des Schwarzwaldes. Innerhalb der EU steht Deutschland nach den Niederlanden an zweiter Stelle der Entwaldung durch Importgüter.

Entwaldung EU

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EU-Entwaldungsverordnung noch nicht in Kraft

Um gegenzusteuern, hat die EU im Juni 2023 die Entwaldungsverordnung EUDR beschlossen - in Kraft getreten ist sie seitdem noch nicht. Das Ziel der Verordnung ist, dass Produkte wie Holz, Palmöl, Soja, Kakao, Kaffee, Kautschuk, Rindfleisch oder Erzeugnisse daraus nur dann in die EU gelangen, wenn diese nicht von Flächen stammen, die ab 2021 entwaldet oder geschädigt wurden.

Unternehmen müssten demnach nach Inkrafttreten unter anderem geografische Koordinaten der Produktionsflächen angeben, um eine Rückverfolgung der Importe zu ermöglichen.

Demonstration gegen die illegale Abholzung im November 2019

Ihre Aktivitäten stören Mafia und illegale Geschäftemacher. Umweltschützer riskieren ihr Leben im Kampf für mehr Klimaschutz, gegen Verschmutzung und gegen den Raubbau an der Natur.

24.04.2022 | 28:34 min

Ursprünglich sollte die Verordnung bereits Ende 2024 in Kraft treten. Doch nach Diskussionen verschob die EU diesen Termin auf Ende 2025, um Behörden und Unternehmen mehr Vorbereitungszeit zu geben.

Rainer: EUDR ist "unnötige Bürokratie"

Nun schlägt die EU-Kommission dem Parlament und Rat vor, sie noch einmal um ein Jahr zu verschieben. Begründet wird das mit einer erwarteten Überlastung des IT-Systems, das für die Umsetzung der Verordnung benötigt wird.

Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) begrüßt diese Verzögerung. Er hatte sich für eine weitere Verschiebung eingesetzt und warnt vor Überforderung von Landwirten und Importeuren. Die Verordnung sei laut Alois Rainer "für Länder wie Deutschland mit unnötiger Bürokratie verbunden".

Gorilla versteckt im Regenwald

Die Regenwaldflächen schrumpfen. Könnte eine nachhaltige Forstwirtschaft diese Wälder bewahren? Im Norden der Republik Kongo wird dies versucht.

04.03.2025 | 27:44 min

Auch der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, kritisiert die aktuelle Ausgestaltung der EU-Verordnung als "weder praxistauglich noch rechtssicher" und sieht besonders für kleine und mittlere Unternehmen Überforderungspotenzial.

Umweltverbände: Waldverluste so bis 2030 nicht zu stoppen

Fachleute kritisieren die Verzögerung dagegen. Auch Elisabeth Hoch, Co-Autorin des "Forest Declaration Assessment 2025", warnt davor.

Wann immer eine solche Verordnung wieder geöffnet wird, besteht die große Gefahr, dass Lobbyisten diesen Moment nutzen, um die Vorschriften noch weiter zu verwässern.

Elisabeth Hoch, Co-Autorin Forest Declaration Assessment 2025

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Praktisch jeder internationale Großkonzern will klimaneutral werden - zumindest offiziell. Recherchen zeigen: Ambitionierte Klimaversprechen sind häufig wenig mehr als heiße Luft.

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Umweltverbände wie der WWF und FERN teilen diese Sorge. Sie warnen, dass eine Verschiebung die Entwaldungsraten weiter steigen lassen und das Ziel, die Waldverluste bis 2030 zu stoppen, endgültig unerreichbar machen könnte.

WWF: Ohne EUDR Verlust von einer Million Bäumen pro Jahr

Der WWF schätzt, dass allein wegen der Verzögerung um ein weiteres Jahr mehr als 30 Millionen Bäume verloren gehen würden. Zudem verliere die EU damit Vertrauen weltweit und gegenüber Unternehmen, die sich bereits auf die Verordnung eingestellt haben, kritisiert der WWF.

Ein vollständiger Aufschub ist allerdings noch nicht beschlossen. "Ich möchte glauben, dass es noch eine Chance gibt, dass die Verordnung nicht verschoben wird", sagte die promovierte Forstwissenschaftlerin Elisabeth Hoch bei der Vorstellung des aktuellen Berichts.

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