Hightech in der Antarktis:Wie zählt man Pinguine?
von Carsten Behrendt
Hunderttausende Pinguine auf den Danger Islands - wie behält man da den Überblick? Deutsche Forscher setzen auf Drohnen und KI, um die Kolonien zu erfassen.
Auf dem Weg zu den Danger Islands begleitet ZDF-Reporter Carsten Behrendt eine Forschungscrew auf King George Island, die den bedrohten Lebensraum der Adélie-Pinguine untersuchen.
25.11.2025 | 3:05 minPinguine sind mehr als nur Symbole für die Antarktis: Sie sind Frühwarnsysteme für den Klimawandel. "Wenn sich die Größe einer Kolonie verändert, sagt uns das viel über die Nahrungsverfügbarkeit und die Umweltbedingungen im Südpolarmeer", erklärt Osama Mustafa vom Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Osama Mustafa und sein Team sind an Bord des Forschungssegelboots "Malizia Explorer" die Experten für die Pinguinzählung. Der Wissenschaftler aus Jena in Thüringen kam während seines Geographie-Studiums vor mehr als 25 Jahren zum ersten Mal in die Antarktis. Seitdem war er an etlichen Missionen in unterschiedlichen Regionen des Kontinents beteiligt.
Wissenschaftler Osama Mustafa testet auf Joinville Island einen Quadrokopter, der auf den Danger Islands bei der Zählung der Pinguine helfen soll.
Quelle: ZDF/Carsten BehrendtMustafa hat sich auf Fernerkundung mit Drohnen spezialisiert. In Deutschland identifizieren er und seine Kollegen mit dieser Technik klimabedingte Hitze-Hotspots in Städten. In der Kälte der Antarktis kartiert er Vogelkolonien und erfasst topographische Daten für bislang weitgehend unvermessene Regionen wie die sieben Danger Islands.
Drohnen als Zählhelfer für Pinguine
Doch wie zählt man Pinguine? Früher mussten Forschende mühsam durch Kolonien stapfen und jeden einzeln zählen - bei Hunderttausenden Pinguinen ein Ding der Unmöglichkeit. Nur dank der Drohnen ist eine exakte Zählung möglich. Sie fliegen auf vordefinierten Pfaden automatisch über die Kolonien und erstellen Tausende überlappende Fotos, die zu einem hochauflösenden Orthomosaik zusammengesetzt werden.
Diese Technologie ist ein Quantensprung. Wir können riesige Flächen in kurzer Zeit erfassen, ohne die Tiere zu stören.
Osama Mustafa, Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz
Live aus der Antarktis: Carsten Behrendt berichtet von Bord der "Malizia Explorer" südlich der Shetlandinseln über Schneestürme, Forschungsstationen und den Alltag der Crew im ewigen Eis.
25.11.2025 | 6:58 minAugenmerk auf die Nester der Pinguine
Die Thüringer setzen klassische Multicopter sowie Hybrid-Drohnen ein, die mit ihren zwei Metern Spannbreite wie ein kleines Flugzeug aussehen. Sie starten senkrecht, drehen ihren Rotor in zehn Metern Höhe nach vorn und wechseln dann in den energiesparenden Flächenflug. Bis zu 90 Minuten können sie in der Luft bleiben und mit ihrer 60-Megapixel-Kamera fotografieren.
Das Augenmerk beim Zählen richtet sich nicht auf die einzelnen Tiere, sondern ihre Nester. Ein Nest steht für ein Brutpaar - eine verlässlichere Größe als die Zahl der Pinguine, die je nach Tageszeit stark schwankt.
Die Brutzeit zwischen Mitte November und Mitte Dezember ist entscheidend. Dann sind die meisten Nester besetzt.
Osama Mustafa, Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz
Kot hilft, Nester zu erkennen
Was einfach klingt, ist in der Antarktis eine große Herausforderung: Stürme, extreme Kälte, Schnee und Regen erschweren die Arbeit. Auch die Erkennung von Nestern ist komplex: Sie bestehen aus Steinen und variieren stark in Form und Farbe. Hilfreich für das Identifizieren der Nester sind die Ausscheidungen der Tiere, weil sie ihren weißen Kot strahlenförmig rund um ihre Nester spritzen.
Expedition zu den Danger Islands: Forschende segeln in die Antarktis und beobachten Pinguine, um die Folgen des Klimawandels besser zu verstehen.
14.11.2025 | 2:32 minAuswertung der Drohnenbilder in Zukunft mit KI-Unterstützung
Nach aktuellen Schätzungen leben auf den Danger Islands mehr als eine Million Brutpaare der Adélie-Pinguine. Doch wieviele sind es genau? Das werden die Wissenschaftler erst herausfinden, wenn sie zurück in ihrem Büro in Jena sind. Hier werden die Einzelfotos von den Drohnenflügen automatisiert zusammengepuzzelt. Danach beginnt das finale Zählen der Nester. Noch ist das Handarbeit - Klick für Klick. Doch eine neue Lösung zeichnet sich ab:
Wir arbeiten an KI-gestützter Bilderkennung, die zuverlässig eine präzise Zählung ermöglicht.
Osama Mustafa, Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz
"Das ist die Zukunft, denn manuelles Zählen ist bei diesen Dimensionen zu aufwändig", betont Mustafa.
Während in Brasilien über Klimaziele verhandelt wird, macht sich eine deutsche Forschungscrew auf den Weg in die Antarktis-Region. Mit an Bord des Seglers: Profisegler Boris Herrmann und Mima-Reporter Carsten Behrendt.
20.11.2025 | 9:20 minDie gewonnenen Daten sind entscheidend für den Schutz der Antarktis und die globale Klimaforschung. Sie zeigen, wie sich Ökosysteme unter dem Druck von Erwärmung und Meereisverlust verändern. "Jedes Nest, das wir zählen, ist ein Puzzlestück für das große Bild des Klimawandels", fasst Mustafa zusammen.
Carsten Behrendt ist Korrespondent im ZDF-Landesstudio Berlin und begleitet momentan die Antarktis-Mission zu den Danger Islands.
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