Hitze in Deutschland: Städte schwitzen - Schutz fehlt oft
Hitze in Deutschland:Städte schwitzen - Schutz fehlt oft
von Michael Wiedemann und Bianca M. Hugo
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Millionen Menschen leiden unter extremer Hitze, doch viele Städte sind schlecht vorbereitet. Experten fordern verbindliche Maßnahmen für mehr Schutz und Grün.
Die aktuelle Hitzewelle bringt extrem hohe Temperaturen - ab Donnerstag wird es aber wieder angenehmer. Bis dahin belastet das Extremwetter Körper und Geist.01.07.2025 | 1:27 min
Fast 40 Grad. Das ist heiß. Auch wenn Sommer ist. Für viele ältere oder kranke Menschen sogar gefährlich heiß. Besonders in den Städten, die durch engere Bebauung, Bodenversiegelung und oft fehlende Grünflächen kaum natürliche Kühlung bieten.
Hitzeschutzmaßnahmen für die Bevölkerung, die Teil sogenannter Klimaaktionspläne der Kommunen sein könnten, sind bislang aber rechtlich nicht verpflichtend. Zwar haben laut Deutschem Städtetag bislang mehr als 2.500 Kommunen freiwillig Klimaschutzkonzepte beschlossen. Explizite Hitzeaktionspläne sind allerdings noch selten.
Nur wenige Hitzeaktionspläne in deutschen Städten
Ende 2024 gab es ausweislich einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik nur "in über 20 deutschen Städten und Landkreisen veröffentlichte Hitzeaktionspläne". Über 20 weitere kommunale Pläne würden derzeit ausgearbeitet.
Dennoch verweist die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Christine Wilcken, aktuell darauf, dass die Städte beim Hitzeschutz längst aktiv: "Wir geben den Bürgerinnen und Bürgern Hitzeschutztipps und veröffentlichen online Hitzekarten. Es gibt Apps, die Hitzeinseln anzeigen und Menschen rechtzeitig vor zu hohen Temperaturen warnen können."
Wir sorgen außerdem für mehr Grün und mehr Wasser in der Stadt, für Frischluftschneisen, begrünte Fassaden und Dächer und nicht zuletzt auch für Trinkbrunnen.
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Christine Wilcken, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages
In so gut wie allen europäischen Ländern leiden die Menschen unter der Hitzewelle. Sie kommt von der iberischen Halbinsel, wo nun wetterbedingt vielerorts Ausnahmezustand herrscht.01.07.2025 | 1:32 min
Hitzeschutzmaßnahmen der Städte reichen nicht aus
Nicht genug, meint die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in ihrem "Hitze-Check 2025", der 190 Städte mit über 50.000 Einwohnern überprüfte.
Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz erklärt: "Von den 34 Millionen Menschen in den untersuchten Städten sind 32 Millionen von mittleren und extremen Hitzebelastungen betroffen. Rund 3.000 Menschen sterben hierzulande jedes Jahr an den Folgen extremer Hitze."
Wir fordern verbindliche Mindestgrünanteile auf jedem Grundstück, Gebäude und im öffentlichen Raum.
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Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin
40 Grad - gerade für ältere Menschen kann es gefährlich werden. Nicht nur jeder Einzelne, sondern auch Städte und Gemeinden können sich vor der Hitze schützen.01.07.2025 | 2:29 min
Die bisherigen Maßnahmen reichten offensichtlich nicht aus, oder werden nur mangelhaft umgesetzt: "Zwar beschäftigen sich immer mehr Städte mit dem Thema Hitzeschutz und wenden erste, einfache Maßnahmen an, allerdings mangelt es häufig an einer konsequenten Umsetzung. Dies ist unter anderem den finanziellen und kapazitären Engpässen in Kommunen geschuldet", so Anja Bierwirth vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.
Es brauche mittel- und langfristige Strategien, wie nicht nur weitere Versiegelung vermieden werden könne, sondern auch eine Stadtplanung, die Entsiegelung fördert und etwa Gewerbe- und Wohnraumentwicklung, sowie die Verkehrsplanung integriert, sagt Bierwirth. "Frischluftbahnen", "Schwammstadt"-Konzepte, die Nutzung nur von kühlendem Wasser oder schlicht weiße Farbe auf Straßen, Dächern oder an Häusern sind weitere Ideen, um die Temperaturen in hitzegeplagten Städten zu senken.
Wenn Hitze auf Stadt trifft, braucht es dringend Abkühlung. In den Niederlanden hilft das Konzept der Schwammstadt.30.05.2024 | 1:54 min
Für den Deutschen Städtetag ist allerdings klar: "Nicht alle Maßnahmen können (…) sofort umgesetzt werden, wenn in den Städten das Geld fehlt. Im vergangenen Jahr verzeichneten die Kommunen bundesweit ein dramatisches Haushaltsdefizit von fast 25 Milliarden Euro." Der aktuelle Koalitionsvertrag, so der Deutsche Städtetag, mache da Hoffnung, da die Klimaanpassungsstrategie der Regierung auf solide Beine gestellt werde:
Und wir setzen auch auf Investitionsmittel für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) aus dem 500-Milliarden-Sondervermögen, damit wir die Städte auf die klimatischen Veränderungen anpassen können.
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Christine Wilcken, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages
Kurzfristig, so Patientenvertreter und Geriatrie-Mediziner, gelte es aber, Pflegebedürftige und Bewohner von Altenheimen bei Hitzewellen besser zu schützen. Obwohl die Bewohner von Pflege- und Alteneinrichtungen zu den gefährdetsten Personen bei Hitzeereignissen zählen, sind diese nur selten gegen Hitzewellen gerüstet.