Seit 2015 hat sich die US-Verschuldung verdoppelt, die Zinslast wächst: Die globale Finanzbranche ist nervös. Beobachter halten eine größere Krise in wenigen Jahren für möglich.
Mit dem neuen Haushaltsgesetz von US-Präsident Trump steigen die Staatschulden weiter. (Symbolbild)
Quelle: epa/John Taggert
Die schnell steigende US-Staatsverschuldung beunruhigt die internationalen Kapitalmärkte. Viele Finanzfirmen und Ökonomen sehen wachsendes Misstrauen gegen den fiskalpolitischen Kurs der USA.
Zwar geht niemand davon aus, dass in nächster Zukunft eine US-Staatsschuldenkrise droht, manche Finanzfirmen wie die Munich Re sehen die USA nach wie vor als sicheren Hafen für Investoren. Doch zunehmend halten Beobachter eine größere Krise bereits in wenigen Jahren für nicht ausgeschlossen.
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Christian Scherrmann, der für die USA zuständige Ökonom der DWS, warnt:
Die USA haben zwar noch Spielraum für Anpassungen, aber der Spielraum für Fehler wird immer kleiner.
Innerhalb von gut zehn Jahren hat sich die US-Verschuldung verdoppelt: von 18,2 Billionen Dollar im Jahr 2015 auf derzeit 36,6 Billionen, wie auf der Webseite des US-Finanzministeriums nachzulesen.
Die Haushaltsbehörde des US-Kongresses geht davon aus, dass das jüngst von US-Präsident Donald Trump verabschiedete Gesetz "One Big Beautiful Bill" die US-Schulden bis 2034 um weitere drei Billionen Dollar erhöhen könnte.
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Dementsprechend wächst die Zinslast. In diesem Jahr wird die US-Regierung voraussichtlich 794 Milliarden Dollar an ihre Gläubiger berappen. In nicht allzu ferner Zukunft könnten die Zinszahlungen die Schwelle von einer Billion Dollar pro Jahr überschreiten.
Es bestehen wenig Zweifel, dass als Konsequenz des Gesetzes der Schuldenberg der USA weiter rasant wachsen wird.
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KfW-Chefökonom Dirk Schumacher
Die US-Investmentbank Goldman Sachs - eine Großmacht der globalen Finanzbranche - glaubt zwar nicht, dass die "Big Beautiful Bill" die US-Staatsverschuldung dramatisch erhöhen wird. Doch das Haushaltsdefizit der USA mit derzeit fünf bis sechs Prozent ist bereits jetzt so hoch, dass die Fachleute der Bank besorgt sind.
US-Inflation von 20 bis 25 Prozent im nächsten Jahrzehnt?
Der prominente Ökonom Kenneth Rogoff - ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds - erwartet in den nächsten fünf bis sieben Jahren eine schuldenbedingte US-Inflationskrise mit einer Teuerungsrate von 20 bis 25 Prozent, wie der Wissenschaftler in einem kürzlich erschienen Buch ("Our Dollar, Your Problem") und mehreren Interviews prophezeite.
Inflation in den USA
ZDFheute Infografik
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Die italienische Großbank Unicredit machte sich in einem Newsletter bereits öffentlich Gedanken über mögliche "subtile" Formen, die US-Zahlungsausfälle annehmen könnten.
Eine Zahlungsunfähigkeit der USA nach hergebrachtem Muster schließt auch die Unicredit aus. Doch versehen war die Botschaft mit dem Hinweis, dass die Vereinigten Staaten seit ihrer Gründung bereits achtmal ihre Schuldenlast mit "unorthodoxen Mitteln" reduziert hätten.
Angesichts der Größe des Markts für US-Staatsanleihen könnten bereits kleine und kurzfristige Episoden global massive finanzielle Auswirkungen haben.
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Edoardo Campanella, Leiter der Unicredit-Denkfabrik "Investment Institute".
Die US-Wirtschaft steckt in der Krise. Strafzölle und Zinssteigerungen verunsichern die Anleger. Riskiert Trump den Staatsbankrott? Die Analyse bei ZDFheute live. 23.04.2025 | 25:52 min
"Misstrauensbeweis" gegen US-Geldpolitik
Der in der deutschen Finanzszene bekannte DWS-Fondsmanager Thomas Schüßler sieht schwindendes Vertrauen in die USA. Er weist auf drei Faktoren hin:
die hohe Verzinsung langfristiger US-Staatsanleihen von derzeit etwa 4,3 Prozent
die Abwertung des Dollar in den vergangenen Monaten und
den stark gestiegenen Goldpreis - ein traditionelles Indiz, dass Anleger einen sicheren Hafen suchen.
Diese drei Faktoren in Kombination nennt Schüßler "den ultimativen Misstrauensbeweis gegen die amerikanische Geldpolitik".
Wie sich die Prognose für die US-Wirtschaft 2025 entwickelt
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Die DWS geht zwar nicht davon aus, dass die Verzinsung zehnjähriger US-Staatsanleihen im Laufe der kommenden zwölf Jahre kräftig steigen wird. Anleiheexperte Oliver Eichmann hält jedoch nicht für ausgeschlossen, dass verunsicherte Anleger einen Bogen um US-Papiere machen:
Eine größere Bewegung aus US-Staatsanleihen hinein in andere Anleihemärkte, würde ich sagen, ist ein größeres Risiko.
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Oliver Eichmann, DWS-Anleiheexperte
Nicht alle sehen schwarz
Optimisten sind derzeit in der Minderheit, aber nicht ausgestorben. Vergleichsweise unbesorgt wirkt der Rückversicherer Munich Re, der in der Finanzbranche traditionell als vorsichtiges Unternehmen gilt.
"Das Risiko, US-Staatsanleihen zu halten, besteht in der Fähigkeit und Bereitschaft des US-Finanzministeriums, die Schulden zurückzuzahlen", sagt Nicholas Gartside, der Chief Investment Officer des Münchner Dax-Konzerns. "Diese beiden Faktoren stehen absolut außer Frage. US-Schulden bleiben ein sicherer Hafen."