Trumps Zolldeal mit EU: Unsicherheit für deutsche Firmen
Neue Partnerschaften?:EU sucht Ausweg aus Handelskonflikt mit USA
von Anne Sophie Feil
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Seit die USA höhere Zölle auf europäische Waren erheben, werden neue internationale Partnerschaften wichtiger. Für deutsche Unternehmen besteht weiterhin Unsicherheit.
Trumps Zollpolitik hat Auswirkungen: Viele Unternehmen wollen daher verstärkt auf den EU-Binnenmarkt setzen, aber auch auf die Märkte in Asien und Lateinamerika.07.08.2025 | 3:36 min
Dass USA und Europa wirtschaftlich zusammengehören, war bislang gesetzt. Diese Gesetze werden nun über den Haufen geworfen. Zwar hat die Zolleinigung zwischen der EU und den USA einen drohenden Handelskonflikt entschärft. Doch für die wenigsten deutschen Unternehmen bringt sie auch Erleichterung - im Gegenteil.
Laut einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) rechnet mehr als jedes zweite der befragten Unternehmen mit zunehmenden Schwierigkeiten. Bei Betrieben mit direktem US-Geschäft sind es sogar knapp drei Viertel. Die genannten Gründe: höhere Zölle, mehr Bürokratie, wachsende Unsicherheit.
"Diese Einigung mag politisch notwendig gewesen sein, für viele Unternehmen in Deutschland ist sie dennoch eine bittere Pille", sagt DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov. Für viele Firmen ist klar: Sie müssen umdenken, neue Märkte müssen her.
Seit heute Morgen gelten Trumps umstrittene US-Importzölle auf viele EU-Produkte. Für viele Branchen in Deutschland bedeuten die 15 Prozent Zoll zusätzliche Unsicherheit.07.08.2025 | 1:34 min
Andere Regionen rücken in den Fokus
Angesichts der Handelshindernisse mit den USA richten deutsche Unternehmen ihren Blick zunehmend auf andere Regionen. Die DIHK-Umfrage zeigt: Für 73 Prozent der Firmen gewinnt der EU-Binnenmarkt an Bedeutung, gefolgt vom asiatisch-pazifischen Raum (37 Prozent) und Ländern wie Kanada oder Mexiko. Auch Südamerika und Indien werden zunehmend interessant.
Neue US-Zölle treffen deutsche Exporteure hart. Firmen wie Vetter und Grenzebach ringen mit Mehrkosten, Unsicherheit und strategischen Entscheidungen: Exportieren oder gleich vor Ort produzieren?07.08.2025 | 2:56 min
Herausforderungen für den Mittelstand
Was das in der Praxis bedeutet, zeigt das Unternehmen Ebbecke Verfahrenstechnik aus Bruchköbel bei Frankfurt. Die Firma ist auf die Verarbeitung von Spezialpulvern für Luftfahrt, Pharma und Chemie spezialisiert. Sie beliefert internationale Großkonzerne.
Vorstand Axel Ebbecke berichtet vom Auftragsrückgang: "Die Unsicherheit, die durch die Zollpolitik seitens der USA entstanden ist, wirkt sich sehr stark auf unser Unternehmen aus. Wir stellen fest, dass wir momentan etwa 25 bis 30 Prozent weniger Nachfrage bei Standardprodukten haben."
Die USA erheben seit heute Zölle auf Importe aus fast 70 Ländern. In Kraft sind nun 15 Prozent. ZDF-Wirtschaftsexpertin Stephanie Barrett über die Folgen für die Wirtschaft.07.08.2025 | 1:00 min
Für ihn sind unter anderem Handelsabkommen mit weiteren Partnern ein zentraler Ausweg:
Die internationalen Vereinbarungen mit anderen Märkten würden massiv helfen, weil sie einen Großteil der Unsicherheit herausnehmen würden.
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Axel Ebbecke, Vorstand Ebbecke Verfahrenstechnik
Mit über 40 Staaten hat die EU bereits Abkommen geschlossen, mit vielen weiteren Ländern gelten provisorische Vereinbarungen. Doch wichtige Partner wie die Mercosur-Staaten in Südamerika sowie Indien und Indonesien warten noch auf den Durchbruch.
"Viele Details werden erst in den nächsten Wochen und Monaten ausverhandelt", sagt ZDF-Korrespondent Andreas Stamm über den Zoll-Deal zwischen der EU und den USA. Planungssicherheit sei in weiter Ferne. 07.08.2025 | 1:17 min
Komplexe Verhandlungen
Neue Partner zu finden, leichter gesagt als getan. Für ein Abkommen müssen beide Parteien sich auf vieles einigen. Dazu gehören: Zölle senken, den Handel mit Waren und Dienstleistungen erleichtern und gemeinsame Regeln für Umwelt, Soziales und Investitionen schaffen.
Expertin Stormy-Annika Mildner, Direktorin des Aspen Institute Deutschland erklärt, dass solche Verträge mehrere tausend Seiten umfassen. Die Aushandlung dauert oft Jahre.
Der Zollstreit mit den USA endet mit 15 Prozent Abgaben – in Brüssel und bei Wirtschaftsexperten gibt es viel Kritik. Viele bewerten den Kompromiss als Nachteil für Europa.28.07.2025 | 2:02 min
In der Zwischenzeit können Regierungen wechseln und damit auch Interessen und Konstellationen, so Mildner. Sie führt aus: "Für die EU ist es auch nicht einfach. Die EU-Kommission muss gleichzeitig auch mit ihren Mitgliedstaaten verhandeln."
Hier muss die EU schauen, wie sie noch ein bisschen mehr Schwung in die Verhandlungen bringt, schneller wird. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Kommission, sondern auch der Mitgliedstaaten, hier an einem Strang zu ziehen.
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Stormy-Annika Mildner, Direktorin des Aspen Institute Deutschland
Neue Partnerschaften schaffen Sicherheit
Insbesondere für den industriellen Mittelstand und Unternehmen wie Ebbecke Verfahrenstechnik sind faire Wettbewerbsbedingungen, verlässliche Lieferketten und Investitionssicherheit essentiell.
Internationale Handelsbeziehungen bringen eine Stabilität in den Markt und damit auch eine Zuversicht in den verschiedenen Unternehmensbereichen.
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Axel Ebbecke, Vorstand Ebbecke Verfahrenstechnik
Während es in Europa nur schleppend vorangeht, erschließen andere Länder wie China längst und gezielt neue Märkte. Infolgedessen könnte die EU den Anschluss verpassen. Dem kann sie nur entgegenwirken, wenn sie pausierte Gespräche schnellstmöglich wieder aufnimmt und Verhandlungsprozesse beschleunigt.
Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.