US-Zollchaos: Deutsche Firmen suchen Verlässlichkeit

Firmen suchen Verlässlichkeit:"Die Welt ist größer als die USA"

Porträt von Alexander Poel, ZDF-Landesstudioleiter in Bremen
von Alexander Poel
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Seit Monaten blicken deutsche Unternehmen sorgenvoll in Richtung USA. Trumps Zollpolitik verunsichert. Einige Firmen beginnen bereits damit, sich vom US-Markt zu emanzipieren.

Logisitikunternehmen
Die Zollpolitik von US – Präsident Trump veranlasst deutsche Unternehmen dazu, alternative Absatzmärkte zu suchen. Die BLG Group in Bremerhaven verhandelt bereits mit neuen Handelspartnern. 29.04.2025 | 1:45 min
Manchmal hilft nur noch Ironie. Die USA seien ein "Quell steter Freude", sagt Matthias Magnor Vorstandsvorsitzender des Bremer Logistik-Konzerns BLG, im Gespräch mit ZDFheute.

Jedes Mal, wenn ich morgens die Nachrichten anmache, hat sich Herr Trump etwas Neues ausgedacht.

Matthias Magnor, Vorstandsvorsitzender BLG

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Da Trumps Zölle erst seit Anfang April gelten, schlagen sie in den Bilanzen zwar noch nicht nieder - die Sorgen der Autobauer aber sind umso größer, erklärt Florian Neuhann.30.04.2025 | 2:36 min

Zollerleichterungen, aber für wie lange?

In der Tat hatte der US-Präsident Anfang der Woche Zollerleichterungen in Aussicht gestellt - und am Dienstag hat er sie auch wahrgemacht. Vorerst, ist man geneigt zu schreiben, denn offenkundig gibt Donald Trump nur so lange etwas auf Dekrete, wie sie ihm politisch nutzen.
Zunächst also soll gelten: Für alle in den USA hergestellten und verkauften Fahrzeuge, die auf importierte Ersatzteile angewiesen sind, können die Unternehmen eine Zollminderung in Anspruch nehmen. Dies solle dabei helfen, Lieferketten in den USA aufzubauen, so Trump. Am Ende lautet sein Ziel: Produktion in den USA. Große deutsche Hersteller wie BMW oder Mercedes tun dies seit Jahrzehnten. BMW etwa ist der größte Autoexporteur in den USA, weit vor den amerikanischen Herstellern.
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140 Dekrete, Massenabschiebungen, Zölle: Trump regiert per Federstrich. Kritik wächst – in den USA und weltweit. Eine Bilanz zwischen Autoritarismus und Chaos.29.04.2025 | 2:46 min
Auch der Bremer Logistiker BLG betreibt längst einen Standort im Südosten Amerikas. "Wir gehen davon aus, dass die Produktion dort hochgefahren wird", sagt BLG-Chef Magnor. Dass Unternehmen generell in Amerika produzieren, hat also nichts mit der Politik Trumps zu tun. Und Aussagen wie: "Alle kommen zu uns und wollen hier ihre Autos bauen", wie es der US-Präsident vor Anhängern in Michigan ausdrückte, sind mindestens irreführend.

Deutsche Firmen suchen nach Alternativen zu den USA

Die Aussagen verkennen außerdem eine entscheidende Entwicklung: Die Firmenchefs sehen sich nach anderen Märkten um. Denn Trumps Politik generiert Unsicherheit. "Das Neue und Einzigartige ist, dass überhaupt nicht klar ist, wo genau diese Politik hin will", stellt Holger Görg vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel fest.
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Keiner wisse, welche Zölle von morgen oder übermorgen an gelten, für welche Produkte aus welchen Ländern, so Görg. Und es scheint, als wollten sich viele Firmenchefs nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen. BLG-Chef Magnor stellt fest:

Die Welt ist größer als die USA.

Matthias Magnor, Vorstandsvorsitzender BLG

"Natürlich versuchen wir, unsere Handelsbeziehungen zum Beispiel mit Japan, Korea, aber auch mit China entsprechend zu stärken." Auch Südafrika sei für die BLG Group ein wichtiger Markt, so Magnor.
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US-Zollchaos trifft Bremen besonders hart

Das Land Bremen ist von den gestörten Beziehungen zu den USA stark betroffen. 400 Unternehmen in der Hansestadt treiben Handel mit Amerika. 22 Prozent aller Exporte gehen dorthin. Es ist eine historisch gewachsene Verbindung. Und jetzt, nach den ersten 100 Tagen Donald Trump, macht sich Ernüchterung breit.
"Investitionsentscheidungen werden offen infrage gestellt", sagt Matthias Fonger. Der Hauptgeschäftsführer der Bremer Handelskammer muss vor allem beruhigen. "Wir raten unseren Mitgliedern, mit Blick auf die USA einen kühlen Kopf zu bewahren", so Fonger. Doch das ist nicht der einzige Rat. Es geht auch um die Erschließung alternativer Standorte.
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Die EU wird neu entdeckt

"Asien, Südamerika, auch zum Teil sogar Afrika können neue Märkte sein. Dort wird mehr investiert, dort werden neue Vertriebsbeziehungen aufgebaut", sagt Matthias Fonger. Der Handelsexperte lenkt auch den Blick auf einen vertrauten Markt:

Wir müssen eben auch schauen, ob man innerhalb Europas wieder mehr Geschäfte machen kann.

Matthias Fonger, Handelskammer Bremen

Diese Überlegungen, so Fonger, seien "akut". So könnte die Wirtschaftspolitik mit dazu beitragen, dass die europäische Wirtschaft am Ende wieder selbstbewusster auf eigene Stärken blickt.
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