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Deutsche Unternehmen in den USA:US-Geschäft: Expansion ins Ungewisse
von Anne Sophie Feil
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BMW, Siemens, Infineon: Mehrere deutsche Dax-Konzerne bauen ihre Präsenz in den USA deutlich aus - trotz zunehmender Unsicherheiten durch die amerikanische Wirtschaftspolitik.
BMW erwägt, die Produktion im Werk Spartanburg in South Carolina hochzufahren. Warum halten deutsche Unternehmen am Standort USA fest?
Quelle: dpa
Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus bringt die Weltwirtschaft ins Wanken. Die neue politische Lage stellt die Attraktivität des US-Marktes für deutsche Unternehmen infrage.
Die USA sind und bleiben ein hochattraktiver Markt. Dort jetzt nicht mehr zu investieren, wäre der falsche Schritt.
Peter Leibinger, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie
Deutsche Konzerne investieren weiter
Einige Dax-Konzerne sehen das ähnlich. Deshalb wollen sie ihre Marktpräsenz in den USA weiter ausbauen. BMW zum Beispiel erwägt, im Werk Spartanburg in South Carolina zusätzliche Schichten einzuführen - bis zu 80.000 Fahrzeuge mehr könnten jährlich vom Band laufen.
Die Freihandelszone vor Ort erlaubt zollfreien Teileimport - ein Vorteil im unsicheren Handelsumfeld. Der Technologiekonzern Siemens stärkt mit zwei US-Zukäufen sein Digitalgeschäft. Dafür investierte er etwa 15 Milliarden Dollar.
Auch Infineon kauft groß ein. Für 2,3 Milliarden Euro erwirbt der Halbleiterhersteller die Sparte für Automotive-Ethernet von dem Speicher- und Telekommunikations-Unternehmen Marvell. Automotive-Ethernet ist eine Technologie, mit der Fahrzeuge auch nach der Auslieferung neue Software drahtlos aktualisieren können. Damit will Infineon seine Position im Zukunftsmarkt softwaredefinierter Fahrzeuge ausbauen.
Zugleich verkauft der Konzern ein Werk in Austin in Texas sichert sich allerdings mit einem langfristigen Lieferabkommen den weiteren Zugang zu US-Produktionskapazitäten.
Die Stärken des US-Markts
Trotz politischer Turbulenzen bleibt der US-Markt wirtschaftlich attraktiv. Kein Wunder, denn dort machen die Dax-Unternehmen einen Großteil ihres Umsatzes.
Mit über 340 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten bieten die Vereinigten Staaten deutschen Konzernen Zugang zu einem der größten Binnenmärkte der Welt - mit hoher Kaufkraft, Innovationsdynamik und technologischer Führungsrolle.
Besonders im Bereich Digitalisierung, Pharma und Elektromobilität gelten die USA als Schrittmacher, von denen sich auch deutsche Firmen Impulse für das eigene Geschäft versprechen.
Die USA bieten ein unternehmensfreundliches Umfeld: Steuererleichterungen, Subventionen, Marktzugang - dazu starke Netzwerke aus Kapital, Forschung und Industrie. Für Konzerne mit globaler Ausrichtung ist eine starke Präsenz in den USA oft nicht nur Chance, sondern Notwendigkeit.
Risiko: Trumps Handelspolitik
Dennoch, die Investitionen finden in einem zunehmend schwierigen Umfeld statt. Volkswirte von KfW Research haben die Verwundbarkeit der deutschen Wirtschaft durch US-Zölle analysiert. Die direkten Wachstumseinbußen durch sinkende Ausfuhren in die USA seien zwar bislang moderat, heißt es in der Studie.
Problematisch sei allerdings die hohe Unsicherheit. Zollerhebungen sind häufig Teil laufender Verhandlungen, geplante Erhöhungen wurden teils nach negativen Reaktionen der Finanzmärkte wieder zurückgenommen. Unter einer unbeständigen Regierung werden firmenstrategische Entscheidungen zum Risiko.
Unsicherheit als Investitionshemmnis
Die Ökonomen Philipp Scheuermeyer, Dirk Schumacher und Katrin Ulrich von KfW Research warnen: Die wirtschaftspolitische Unsicherheit dürfte auf absehbare Zeit hoch bleiben - und damit Investitionen bremsen.
Die indirekten Effekte auf Wertschöpfung und Standortentscheidungen könnten erheblich sein. KfW-Chefvolkswirt Dirk Schumacher formuliert es so:
Der Geist der Unsicherheit ist schwer in die Flasche zurückzubringen. Länder dürften verstärkt ihre kritischen Abhängigkeiten in den Wirtschaftsverflechtungen mit den USA überprüfen – mit negativen Folgen auch für die USA.
Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW
Für international aufgestellte Unternehmen bleiben die USA wichtig, doch langfristiger wirtschaftlicher Erfolg verlangt eine kluge Standortwahl und ein breites Fundament an Handelsbeziehungen. Auch Asien, Lateinamerika oder die europäischen Nachbarn bieten attraktive Märkte.
Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
Quelle: dpa
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