Stahlfirma Thyssenkrupp: U-Boot-Sparte nimmt Kurs auf Börsengang

Forderung nach Bund-Einstieg:Thyssenkrupps U-Boot-Sparte: Kurs auf die Börse

von Ralph Goldmann
|

Der Essener Stahlkonzern Thyssenkrupp will fast die Hälfte seines Marinegeschäfts an die Börse bringen. Betriebsrat und Gewerkschaften fordern einen Einstieg des Bundes.

Die Sonne scheint auf die Schiffbauhalle von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS).
Der Konzern Thyssenkrupp will die Marine-Tochter TKMS an die Börse bringen und hat seine Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen. 08.08.2025 | 1:30 min
Vor etwas mehr als drei Monaten ließ Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez die Katze aus dem Sack: Die einzelnen Geschäftsbereiche des einstigen Stahlriesen sollen unter dem Dach einer Finanzholding "verselbstständigt und für die Beteiligung Dritter", also für Investoren und Börsengänge, geöffnet werden. Thyssenkrupp strebe dabei an, "grundsätzlich Mehrheitsbeteiligungen an den Geschäftsbereichen zu halten", also größter Aktionär bleiben zu wollen.
Experten streiten seither darüber, ob man das Ganze nun Umbau, Neuausrichtung oder Zerschlagung nennen soll. Jedenfalls folgte die Ankündigung, nachdem bereits ein tschechischer Investor 20 Prozent der traditionellen Stahlsparte von Thyssenkrupp aufgekauft hatte, die Aufzug-Sparte für mehr als 17 Millionen Euro verkauft und der Anlagenbauer Nucera an die Börse gebracht wurde. Jetzt ist das Marinegeschäft Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) an der Reihe.
Ein Mitarbeiter steht an einem Hochofen bei  Thyssenkrupp Steel.
Die Stahlsparte von Thyssenkrupp und die IG Metall haben sich auf einen Sanierungstarifvertrag geeinigt. Rund 11.000 Stellen sollen gestrichen werden. 12.07.2025 | 1:27 min

Thyssenkrupp-Aktionäre erhalten neue Aktien

Dies sei "ein Schritt, der in eine neue Zeit führt", so Lopez laut Redetext auf der außerordentlichen Hauptversammlung, die den Börsengang beschließen soll. Denn die sicherheitspolitische Lage und die Erwartungen an Industrie, Technologie und internationale Zusammenarbeit hätten sich grundlegend gewandelt.

Wir sind bereit für den nächsten Schritt - denn in der erwarteten Ausweitung und Beschleunigung unserer Verteidigungsindustrie stehen wir gerade erst am Anfang.

Miguel Lopez, Vorstandsvorsitzender Thyssenkrupp AG

TKMS baut an den Standorten in Kiel und Wismar U-Boote für die Marine. Das Geschäft boomt. Die Bücher seien voll mit Aufträgen im Wert von 18 Milliarden Euro, so Lopez. "Wir geben dem Unternehmen die unternehmerische Freiheit, um schneller zu handeln, gezielter zu investieren und seine führende Position weiter auszubauen."
Die Sonne scheint auf die Schiffbauhalle von Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS).
Der Konzern Thyssenkrupp will die Marine-Tochter TKMS an die Börse bringen und hat seine Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen. 08.08.2025 | 1:30 min
Konkret sollen 49 Prozent der Tochtergesellschaft TKMS an die Börse gebracht werden, 51 Prozent bleiben beim Mutterkonzern. Die Anteilseigner sollen für 20 Thyssenkrupp-Aktien eine neue Aktie von TKMS erhalten. Betriebsrat und IG Metall stehen hinter den Plänen.
Eine glühende Bramme wird mit einem Kran aus der Stranggießanlage bei Thyssenkrupp Steel transportiert.
Thyssenkrupp investiert 800 Millionen Euro in eine neue Anlage - ein erster Schritt hin zur Produktion von grünem Stahl.04.07.2025 | 1:31 min

Betriebsrat: Der Bund darf "nicht an der Seitenlinie stehen"

Den "Prozess der Verselbstständigung" begleite man bereits seit Jahren und habe ein großes Interesse an dem Börsengang, so der Betriebsratsvorsitzende Achim Hass.

Wir erwarten uns davon, flexibler zu werden und auch die Arbeitsplätze noch ein Stück weit sicherer zu machen.

Achim Hass, Betriebsratsvorsitzender Thyssenkrupp Marine Systems

Ab 2035 wollen die Nato-Staaten jedes Jahr fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren. In Zeiten der Aufrüstung könnte TKMS für Deutschland immer sicherheits- und systemrelevanter werden. Bei einem Börsengang besteht aber langfristig die Gefahr, dass ausländische Investoren einsteigen, auch wenn Thyssenkrupp mit 51 Prozent der Anteile zunächst größter Aktionär bleiben wird.
Der Bund dürfe aber "nicht an der Seitenlinie stehen", sondern müsse ein Mitspracherecht haben, so der Betriebsrat. "Das geht aus unserer Sicht nur, wenn man sich an einem Unternehmen, wie wir es sind, staatsseitig beteiligt", sagt Achim Hass.
Thyssenkrupp
Thyssenkrupp plant einen radikalen Umbau. Das Unternehmen soll in eine Holding umgewandelt werden, alle Geschäftsbereiche verselbstständigen und für Dritte öffnen, um eine strategische Neuausrichtung zu erreichen.27.05.2025 | 1:48 min

Verteidigungsministerium zurückhaltend bei Frage nach Einstiegsplänen

Das Verteidigungsministerium äußerte sich zuletzt allerdings zurückhaltend und wollte mögliche Einstiegspläne des Bundes bisher nicht bestätigen. TKMS sei für die deutsche Marine von Bedeutung und man begleite den Prozess, so Sprecher Mitko Müller zuletzt Anfang Juli. Eine Entscheidung gebe es aber noch nicht. "Wir sind in Gesprächen, um auch die Sicherheitsinteressen des Bundes zu wahren", erklärte Müller damals. Das gelte auch heute noch, so ein Sprecher auf Nachfrage.
Noch in diesem Jahr sollen die TKMS-Aktien an der Börse notiert werden. Der U-Boot-Bauer musste aber kurz vor der Entscheidung einen herben Rückschlag hinnehmen. Ein Großauftrag der australischen Marine zum Bau von elf Tarnkappenschiffen im Wert von zehn Milliarden Euro ging an einen Konkurrenten aus Japan.

Mehr zum Thema