Zollstreit: Wie Donald Trump die Schwächen der EU offenbart
Analyse
Teurer Kompromiss im Zollstreit :Wie Trump die Schwächen der EU offenbart
von Stephanie Barrett
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Die EU hat im Zollstreit mit den USA einen schmerzhaften Kompromiss für die Wirtschaft ausgehandelt. Sie hatte keine andere Wahl. Der "Big Deal" für Trump - ein Weckruf für Europa?
Ursula von der Leyen und Donald Trump haben sich auf einen Zoll-Deal geeinigt. Was bedeutet das für die EU? Ein Überblick.28.07.2025 | 1:08 min
15 Prozent auf fast alles - und die Automobilwirtschaft kommt mit einem tiefblauen Auge davon, weil Autoimporte in die USA nicht mehr mit 27,5 Prozent sondern künftig mit 15 Prozent verzollt werden müssen. Trotzdem belasten die Zölle Autohersteller jährlich mit Milliarden, weil sie die Mehrkosten nicht eins zu eins an die Käufer weitergeben können.
Auto-Exporte aus den USA nach Europa sind wiederum bald zollfrei. Davon profitieren dürften künftig vor allem Hersteller wie BMW, die viele Fahrzeuge in den USA herstellen und exportieren. Auch Volkswagen erwägt seit Trumps Zoll-Drohungen die Produktion in den USA auszubauen, um die Zölle abzumildern.
Der französische Premierminister schreibt von einem "dunklen Tag". Und auch andere kritisieren den Deal zwischen der EU und den USA unter Donald Trump.28.07.2025 | 2:57 min
Zollstreit: Trump sitzt am längeren Hebel
Heißt im Klartext: Die Verlagerung von europäischen Arbeitsplätzen in die USA ist nicht vom Tisch. Allerdings dürfte die Produktion von Autos in den USA auch teurer werden, weil es bei den US-Stahlimporten aus Europa bei saftigen 50 Prozent Zöllen bleibt.
Obwohl die EU bereits Gegenzölle auf US-Produkte im Wert von 93 Milliarden Euro vorbereitet hatte, saß Trump am längeren Hebel: Monsterzölle von 30 Prozent zum 1. August hätten nicht nur einen Handelskrieg befeuert, sondern den Handel zwischen der EU und den USA nahezu zum Erliegen gebracht.
Wie stark trifft uns der Zoll-Deal? Schafft Brüssel es, den Kompromiss als Erfolg zu verkaufen? ZDF-Wirtschaftsexperte Florian Neuhann und ZDF-Korrespondent Ulf Röller berichten.28.07.2025 | 2:24 min
Viel Geld für die US-Staatskassen
Das wäre allerdings auch nicht im Interesse von Donald Trump gewesen. Die 15 Prozent Zölle spülen Trump nun viel Geld in seine Haushaltskasse. Darüber versprechen die Europäer, Investitionen in den USA im Umfang von 600 Milliarden Dollar zu tätigen und Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar einzukaufen.
Wolfgang Niedermark, Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), erklärt:
Die US-Zölle sind der Einstieg in eine neue Welthandelsordnung. Wir erreichen hier Zölle, die wir so noch nie gesehen haben.
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Wolfgang Niedermark, BDI
Dennoch habe "die EU eine massive Eskalation verhindert".
"Zum Jubeln" ist dem Fraktionsvorsitzenden der Christdemokraten im Europaparlament anlässlich der Zoll-Einigung zwischen EU und USA nicht. Doch man habe Schlimmeres verhindert.28.07.2025 | 6:10 min
Donald Trump: Ein Weckruf für die EU?
Vor einigen Wochen noch erklärte ein deutscher Manager, die US-Zölle seien in Wahrheit Europas Weckruf. Was er damit meinte: Sie legen die Schwächen der europäischen Wettbewerbsfähigkeit schonungslos offen und zwingen die EU jetzt zum Handeln.
Europa hat in den vergangenen Jahren an wirtschaftlicher Stärke verloren: Das Wirtschaftswachstum bei gerade mal einem Prozent, hohe Energiekosten und Steuern, viel Bürokratie und Regulierung, eine veraltete Infrastruktur, alternde Gesellschaft sowie ehrgeizigste Klimaziele.
Nach langem Ringen ist der Zollstreit zwischen den USA und der EU vorerst beigelegt. US-Präsident Trump und EU-Chefin von der Leyen haben sich auf ein Handelsabkommen geeinigt.28.07.2025 | 1:42 min
Versprochene US-Investitionen fehlen in Europa
Das alles hat Ex-EZB-Chef Mario Draghi bereits letztes Jahr in seinem Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU aufgelistet und die jährlich nötigen Investitionen in Europa auf 750 bis 800 Milliarden Euro beziffert. Wenn nun mit dem Zoll-Deal 600 Milliarden Dollar in den USA investiert werden sollen, dann fehlt Europa eben dieses Kapital.
Ja, die EU ist ein riesiger Markt mit 450 Millionen Verbrauchern aber eben kein einheitlicher Wirtschaftsraum. Der länderübergreifende Handel in Europa ist nach wie vor mit Hürden und Hemmnissen gepflastert. Sie wirken wie Zölle und kosten Unternehmen viele Milliarden und Zeit.
Europa muss attraktiver werden
Was ist die Quintessenz aus dem Zoll-Deal? Europa muss seine Hausaufgaben machen, die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Kontinents stärken - innovatives Unternehmertum und Hightech gibt es in Europa, man darf es nur nicht ausbremsen. Zudem muss die Integration Europas mit aller Kraft vorangetrieben werden, nicht mit Zwang, sondern mit Anreizen. Auch das zieht Investoren an.
Zölle ausgesetzt, Milliarden für Waffen: Was bedeutet der EU-Deal mit den USA wirklich? Politikwissenschaftlerin Laura von Daniels erklärt Risiken und Strategien im transatlantischen Handel.28.07.2025
USA schotten sich ab - Amerikaner tragen wohl die Kosten
Amerika war bislang ein offener Staat, ein Verfechter des freien Handels, deshalb waren die USA ein so beliebtes Investitionsziel. Das ändert sich gerade. Wer keine verlässlichen Rahmenbedingungen vorfindet, orientiert sich in andere Märkte. Richtung Asien etwa. Mit den Zöllen schotten sich die USA ab. Ob Trump der US- Wirtschaft damit einen Gefallen tut, ist fraglich und die US-Industrie wird dadurch nicht wettbewerbsfähiger.
Zudem ist sie hochgradig angewiesen auf Teile aus Europa und China, die sie nicht über Nacht ersetzen kann. Insofern läuft die US-Wirtschaft tatsächlich Gefahr, auf lange Sicht geschwächt zu werden. Am Ende dürften US-Verbraucher die Zeche für die Importzölle über steigende Preise bezahlen.