Schattenbanken: Welche Gefahr von ihnen ausgeht

Ein Produkt der Finanzkrise:Schattenbanken: Welche Gefahr von ihnen ausgeht

von Dennis Berger

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Schattenbanken gewinnen seit Jahren an Einfluss. Sie vermitteln Kredite, unterstehen aber weniger Regulatorien. Bankenaufsichten schlagen Alarm. Welche Risiken von ihnen ausgehen.

Flaggen wehen am Mittwoch, 13. Januar 2021, vor der BlackRock-Zentrale in New York.

Der US-Konzern Blackrock gehört zu den größten Vermögensverwaltern der Welt und ist an vielen Dax-Unternehmen beteiligt.

Quelle: AP

"Sie stellen die Frage, die mich nachts wach hält", sagt Kristalina Georgiewa, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), auf die Reporterfrage nach den Risiken der Schattenbanken. Auf der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington warnt sie: Die Probleme unregulierter Schattenbanken könnten das gesamte Finanzsystem ins Wanken bringen. Wie groß ist die Gefahr?

Finanzkrise 2008: Aufstieg der Nicht-Banken

Schattenbanken, auch Nicht-Banken genannt, gewannen nach der Finanzkrise 2008 an Bedeutung. Damals verschärften Staaten weltweit die Regeln für Banken, um erneute Rettungsaktionen mit Steuergeldern zu verhindern. Seither vergeben Schattenbanken außerhalb des regulierten Bankensektors immer mehr Kredite. Das macht Volkswirtschaften unabhängiger von klassischen Banken - birgt aber neue Risiken.

Im Hintergrund steht ein rotgefärbtes Gebäude an dem die Leuchtschrift "Lehman Brothers" angebracht ist. Davor liegen drei Schwarz-Weiß-Fotos: Die New Yorker Skyline, ein Banker der nach oben schaut und mehrere Personen mit aufgespannten Schirmen bei einer Demonstration mit dem Banner "Rettungs Schirm Lehman-Opfer".

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Sascha Steffen, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management, erforscht die Folgen des wachsenden Schattenbankensektors. Er erklärt:

Was sind Schattenbanken? Institutionen, die machen, was Banken auch tun, aber nicht offiziell Banken sind.

Sascha Steffen, Professor für Finance, Frankfurt School of Finance & Management

Zu ihnen zählen Fonds, Private Credit, Private Equity, Anleihen, Asset Manager und FinTechs. Der US-Konzern Blackrock, mit einem Anlagevolumen von knapp 13,5 Billionen US-Dollar, gilt als größte Schattenbank der Welt und ist an den meisten Dax-Konzernen beteiligt. Schattenbanken sind mächtig, fallen aber nicht unter die Bankenregulierung.

Vermögensverwalter wie Blackrock, The Vanguard Group oder State Street gehören zu den einflussreichsten Akteuren im globalen Finanzsystem. Sie verwalten das Kapital ihrer Kunden - darunter institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen und Stiftungen, seltener auch vermögende Privatpersonen - und investieren es, um den Wert der Anlage langfristig zu steigern. In Deutschland gehören Blackrock und Vanguard zu den größten institutionellen Investoren in Unternehmen des Dax, dem Leitindex der 40 größten börsennotierten Konzerne.


Gefährliche Vernetzung

Schattenbanken hätten auch positive Seiten, betont Steffen. Sie schlössen Lücken, die traditionelle Banken hinterlassen, weil Banken an strengere Regulierung für Kreditvergaben gebunden sind. Besonders in der Startup-Finanzierung spielen Schattenbanken eine wichtige Rolle. "Schattenbanken tragen wesentlich zur Finanzierung der Transformation in der Zukunft bei", sagt der Experte.

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Gefährlich sei die Vernetzung: Schattenbanken übernehmen laut dem Experten nicht nur Aufgaben der Finanzierung von Unternehmen, sondern finanzieren auch die Banken an sich. Eine unheilvolle Allianz, wie Steffen in seiner Forschung herausgefunden hat:

Damit hat sich ein Netzwerk ergeben, von dem wir keine Idee haben, wie verflochten Banken, Schattenbanken und Unternehmen sind.

Sascha Steffen, Professor für Finance, Frankfurt School of Finance & Management

Hinzu kommt: Schattenbanken unterliegen keiner Regulierung, und es gibt nur wenige Informationen über sie. "Regulierer wissen schlicht zu wenig, um Risiken im Finanzsystem zu reduzieren", warnt Steffen.

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Zusammenhang zu kollabierten US-Regionalbanken

Der Zusammenbruch der US-Unternehmen First Brands und Tricolor hat die Risiken privater Kredite durch Schattenbanken ins Rampenlicht gerückt. Die Pleiten führten zu hohen Verlusten bei traditionellen Banken.

First Brands und Tricolor waren stark von Schattenbanken mit Krediten finanziert. Die Schattenbanken verkauften die Firmenkredite jedoch als verzinste Wertpapiere an klassische Banken. So schlummerte das Kreditrisiko in den Bilanzen.

"Erinnert an die Finanzkrise"

Als die Kredite ausfielen mussten dreistellige Millionenbeträge in den Bilanzen klassischer Banken abgeschrieben werden. Eine Kettenreaktion im Bankenmarkt blieb aus - noch. Der britische Zentralbank-Chef äußerte nach den US-Pleiten, dass es "Parallelen zu den frühen Phasen der globalen Finanzkrise gebe" und dass die britische Zentralbank plane, einen "Stresstest" mit der Branche durchzuführen.

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In der Finanzkrise 2008 führten Kreditausfälle zu einem globalen Crash. Auch damals waren Kredite als Wertpapiere an klassische Banken verkauft worden, die dann wertlos wurden.

Ansteckung aus dem Schattenreich

Der Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank 2024 zeigt: Rund 40 Prozent der Kredite an Unternehmen und Haushalte im Euroraum stammen von Akteuren außerhalb des klassischen Bankensektors - Tendenz steigend. In Deutschland halten Schattenbanken laut BaFin etwa 40 Prozent der Vermögenswerte im Finanzsystem.

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Steffen warnt: "Meine Forschung zeigt, dass Firmen, die verstärkt durch Schattenbanken finanziert werden, mehr Kreditlinien bei Banken nutzen und so Risiken auf diese übertragen." Ironischerweise befeuere der Aufstieg der Nicht-Banken Forderungen nach einer Lockerung der Bankregulierung: Banken beklagen Wettbewerbsnachteile gegenüber unregulierten Rivalen.

Schattenbanken unterstehen nicht der Zentralbank und können daher in der Krise nicht auf ihre Hilfe zählen. Genau das macht die engere Verflechtung von regulierten Banken und Schattenbanken so riskant.

Dennis Berger ist Redakteur im Team Wirtschaft und Finanzen.

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