Kein Geld für Wirecard-Aktionäre

BGH erteilt Schadenersatzforderungen Absage:Kein Geld für Wirecard-Aktionäre

von Christoph Schneider und Charlotte Greipl

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Zehntausende Gesellschafter hatten nach der Insolvenz von Wirecard Forderungen angemeldet - doch dass sie noch Geld erhalten, ist nahezu ausgeschlossen.

Wirecard

Der Finanzdienstleister Wirecard ist 2020 insolvent gegangen. Tausende Aktionäre fordern einen Schadenersatz. Ob die Geschädigten ihre Forderungen zugestanden bekommen, entschied nun der BGH.

13.11.2025 | 1:59 min

Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag entschieden, dass Wirecard-Aktionäre nicht mehr damit rechnen können, Geld aus der Insolvenzmasse zu erhalten. Frühere Geschäftspartner des Konzerns, etwa Banken und Dienstleister, haben die Chance, etwas von ihrem Geld wiederzusehen – Aktionäre hingegen, die Hoffnungen in das Unternehmen gesetzt hatten, gehen aller Voraussicht nach leer aus.

Verschiedene Verfahren

Das einstige Erfolgsunternehmen, das 2018 sogar an der Börse in den Dax aufstieg, fiel tief. 2020 meldete Wirecard Insolvenz an, nachdem bekannt wurde, dass Bestätigungen für Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gefälscht waren und das Testat für den Jahresabschluss 2019 verweigert wurde.

Nach Jahren der Aufarbeitung auch in einem Bundestagsuntersuchungsausschuss laufen längst juristische Verfahren auf mehreren Ebenen: In einem Strafverfahren verantworten sich der ehemalige Wirecard-Chef Markus Braun und zwei Mitangeklagte seit Dezember 2022 vor dem Landgericht München. Wer trägt welche Schuld, und wer wusste wann was; es sind die entscheidenden Fragen im immer noch laufenden Strafprozess. Daneben haben geschädigte Aktionäre ein zivilrechtliches Musterverfahren angestrengt, das aktuell  vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht verhandelt wird –  Hauptklagegegner ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die aus Sicht der Aktionäre Wirecard über Jahre nicht richtig geprüft haben soll.  

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Kernfrage: In welchem Verhältnis stehen die Aktionäre zu „normalen“ Gläubigern?

Insgesamt bleiben zivilrechtlich noch Forderungen der geprellten Aktionäre bestehen: rund 50.000 haben Schadensersatzansprüche in einer Höhe von 8,5 Milliarden Euro angemeldet. Sie werfen den Verantwortlichen von Wirecard vor, ein nicht vorhandenes Geschäftsmodell vorgetäuscht und über die Vermögenslage des Konzerns gelogen zu haben.

Zusammen mit den anderen Forderungen von Gläubigern wie Banken und Lieferanten addiert sich die geforderte Summe auf 15,4 Milliarden Euro. Aus der Insolvenzmasse verfügt der bestellte Insolvenzverwalter Michael Jaffé  allerdings nur über rund 650 Millionen Euro.  

Für die Aktionäre war es daher wichtig zu wissen, in welcher Reihenfolge Forderungen aus der Insolvenzmasse zu bedienen sind. Steht an erster Stelle die Bedienung der Gläubiger wie Banken und Lieferanten oder sind die Aktionäre ihnen gleichgestellt?

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650 Millionen Euro kann Insolvenzverwalter an Wirecard-Gläubiger verteilen

Für Insolvenzverwalter Jaffé war klar: erst sind die klassischen Gläubiger zu bedienen, dann kommen die Aktionäre. In diesem Sinne urteilte auch zunächst das Landgericht München I. Danach sei eine Einordnung der Ansprüche von Aktionären als Insolvenzforderung „mit den Grundwerten des Insolvenzrechts nicht vereinbar“, so die 29. Zivilkammer des LG München I. Gegen diese Einschätzung legten die Aktionäre Berufung ein und bekamen vor dem OLG München Recht. Doch Insolvenzverwalter Jaffé legte Revision beim BGH ein.

Der hat am Mittwoch klargestellte, dass Zahlungen an Gesellschafter erst nach der vollständigen Befriedigung aller Gläubiger möglich sind. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Aktionäre vom wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens profitieren. Im Krisenfall tragen sie aber auch das Risiko, leer auszugehen.

Die verbliebenen 650 Millionen Euro kann Insolvenzverwalter Jaffé nun an die Gläubiger verteilen. Dass danach noch Geld für die Wirecard-Aktionäre übrig bleibt, ist nahezu ausgeschlossen.

Christoph Schneider und Charlotte Greipl sind Redakteure in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF

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