BlackRock in der Kritik : Steuervermeidung oder Systemproblem?
Kritik an BlackRock :Steuervermeidung oder Systemproblem?
von Anne Sophie Feil
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Eine Studie wirft BlackRock gezielte Gewinnverlagerung vor. Der US-Finanzriese weist das zurück - und Experten sehen das größere Problem im globalen Steuerwettbewerb.
Die Firmenzentrale von BlackRock in New York.
Quelle: ZDF
Immer wieder wird darüber diskutiert, ob internationale Großkonzerne mit hohen Einnahmen fair besteuert werden. Nun steht die Vermögensverwaltung BlackRock im Fokus: Eine vom Europaabgeordneten Martin Schirdewan (Die Linke) beauftragte Studie wirft dem Konzern vor, gezielt Gewinne in europäische Niedrigsteuerländer zu verlagern.
Studie untersucht Gewinnverlagerung bei BlackRock
Ceyhun Elgin, Wirtschaftsprofessor und Steuerexperte an der Universität Bogazici in Istanbul, untersuchte im Auftrag Schirdewans BlackRocks Steuerpraxis von 2017 bis 2023. Er analysierte, wie der Konzern über interne Lizenzgebühren - vor allem für die eigene Software "Aladdin" - Gewinne aus Hochsteuerländern wie Deutschland in Staaten mit niedriger Besteuerung wie Irland oder Luxemburg verlagert haben könnte.
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Um mögliche Steuerausfälle zu schätzen, verglich Elgin die erwartbaren Gewinne in Ländern mit hohen Steuern - basierend auf verwaltetem Vermögen und branchenüblichen Margen - mit den tatsächlichen Erträgen und Steuersätzen laut Geschäftsberichten.
Das Ergebnis: In Deutschland habe BlackRock effektiv 12 bis 18 Prozent Steuern gezahlt - deutlich unter dem nominalen Satz von rund 30 Prozent - und signifikant unter dem Niveau der Wettbewerber Vanguard oder Amundi. Der Studie zufolge entgingen Deutschland so 315 bis 378 Millionen Euro an Steuern, EU-weit könnten es bis zu einer Milliarde Euro gewesen sein.
Vermögensverwalter wie BlackRock, The Vanguard Group oder State Street gehören zu den einflussreichsten Akteuren im globalen Finanzsystem. Sie verwalten das Kapital ihrer Kunden - darunter institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen und Stiftungen, seltener auch vermögende Privatpersonen - und investieren es, um den Wert der Anlage langfristig zu steigern. In Deutschland gehören BlackRock und Vanguard zu den größten institutionellen Investoren in Unternehmen des DAX, dem Leitindex der 40 größten börsennotierten Konzerne.
Kritik von den Linken - Widerspruch aus der Branche
Schirdewan sieht darin systematischen Missbrauch von Lücken im Steuerrecht und fordert strengere Regeln der EU und mehr Transparenz für multinationale Konzerne.
Indem Gewinne in die Niederlande übertragen werden, die eine Steueroase für multinationale Konzerne ist, entzieht sich BlackRock seiner gesellschaftlichen Verantwortung.
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Martin Schirdewan, Linken-Europaabgeordneter
Der Vermögensverwalter selbst weist die Vorwürfe zurück. Eine BlackRock-Sprecherin sagt, die Studie enthalte falsche und irreführende Behauptungen.
BlackRock zahlt Steuern gemäß den von den jeweiligen Steuerbehörden festgelegten Steuersätzen.
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BlackRock-Sprecherin
Man werde "von unabhängigen Steuerexperten und Rechtsanwälten über unsere Verpflichtungen" beraten und handele "konservativ, um sicherzustellen, dass BlackRock alle gesetzlich vorgeschriebenen Steuern zahlt. Jede gegenteilige Behauptung ist schlichtweg falsch", so die Sprecherin.
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Globale Mindeststeuer seit Ende 2023
Ein Branchenexperte betont gegenüber ZDFheute, dass es grundsätzlich üblich und legal sei, wenn große Konzerne innerhalb ihres Unternehmens Lizenzgebühren berechnen - zum Beispiel für Software. Wichtig sei, dass die Preise auf marktüblichem Niveau angesetzt würden.
Eine gezielte Manipulation sei heute schwer umzusetzen, da Steuerbehörden weltweit enger kooperieren und Konzerne strenger prüfen. Die Ursache für geringere Steuerquoten liege eher im internationalen Steuerwettbewerb als in bewusster Umgehung durch einzelne Firmen.
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Kritisiert wird auch der Untersuchungszeitraum. Ende 2023 trat eine globale Mindeststeuer von 15 Prozent in Kraft - auch in der EU. Sie erlaubt es, Gewinne nachzuversteuern, wenn ein Unternehmen in einem Land unter diesem Mindestsatz bleibt. Ziel ist es, Gewinnverlagerungen unattraktiver zu machen. Damit reagieren viele Staaten auf die anhaltende Diskussion um faire Unternehmensbesteuerung.
Debatte über Fairness - nicht über Legalität
Der Fall BlackRock zeigt die Herausforderungen nationaler Steuerpolitik in einer globalisierten Wirtschaft. Auch wenn die untersuchten Praktiken rechtlich zulässig sind, werfen sie dennoch die Frage auf, ob rechtlich Erlaubtes auch gesellschaftlich legitim ist. Die Debatte dreht sich damit weniger um Gesetzesverstöße als um Gerechtigkeit im globalen Steuersystem.
Solche Diskussionen betreffen nicht nur staatliche Einnahmen, sondern auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in faire wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen. Ein Thema also, das politisch weiterhin hohe Relevanz hat.
Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.