Steuerschätzung: Einnahmen deutlich niedriger als erwartet

Ernüchterung für Schwarz-Rot:Steuerschätzung: Einnahmen niedriger als erwartet

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Keine guten Voraussetzungen zum Start der neuen Bundesregierung: Laut neuer Schätzung fallen die Steuereinnahmen bis 2029 deutlich niedriger aus als zuletzt noch erwartet.

Pressekonferenz mit Finanzminister Lars Klingbeil zur Steuerschätzung
Die Bundesregierung muss mit weniger Steuereinnahmen rechnen als zuletzt angenommen. Dadurch werde es nicht leichter, den Haushalt aufzustellen, sagte Finanzminister Klingbeil.15.05.2025 | 2:53 min
Die neue schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit deutlich weniger Steuereinnahmen rechnen als noch im Herbst angenommen. Die Steuerschätzer sagen nach Angaben des Finanzministeriums voraus, dass in dieser Zeit 33,3 Milliarden weniger in die Kassen des Bundes fließen, als man noch im Oktober dachte.
Das dürfte die Arbeit des neuen Finanzministers Lars Klingbeil (SPD) nicht gerade einfacher machen. "Die Ergebnisse zeigen: Wir müssen durch höheres Wirtschaftswachstum die Einnahmen stärken", erklärte der SPD-Politiker.

Nur so gewinnen wir neue finanzielle Spielräume. Wir stoßen deshalb jetzt die größte Modernisierung unseres Landes seit Jahrzehnten an.

Lars Klingbeil, Finanzminister

Klingbeil
Finanzminister Klingbeil will rasch eine Reform der Schuldenbremse anstoßen. Er werde "in Kürze eine Expertenkommission einsetzen, die Vorschläge dafür entwickelt", kündigte der SPD-Politiker im Bundestag an.15.05.2025 | 1:35 min
Insgesamt sei das Ergebnis der Steuerschätzer aber weitgehend so, wie es während der Koalitionsverhandlungen schon erwartet wurde.
Für den Gesamtstaat, also Bund, Länder und Kommunen zusammen, sind die Steuerschätzer ebenfalls pessimistisch. Insgesamt fließen bis 2029 Bund, Ländern und Kommunen nach den Schätzungen 81,2 Milliarden Euro weniger zu - wovon 26,4 Milliarden Euro auf die Länder und 27,2 Milliarden Euro auf die Kommunen entfallen.

Klingbeil muss Haushalt für 2025 aufstellen

Eine wichtige Grundlage für die Schätzung der Steuereinnahmen ist die Konjunkturprognose der Bundesregierung. Und die hat Ende April gezeigt: Die Wirtschaft tritt auf der Stelle. Zum dritten Mal in Folge kein Wachstum, das Bruttoinlandsprodukt stagniert. Und auch im kommenden Jahr erwartet die Regierung kaum Aufschwung und nur ein Wachstum von 1,0 Prozent.
Ein Containerschiff wird am Containerterminal Burchardkai (CTB) im Hamburger Hafen abgefertigt.
Nach dem IWF hatte im April auch die damalige Bundesregierung ihre Konjunkturprognose gesenkt.24.04.2025 | 1:34 min
Mit diesen Zahlen im Gepäck muss der neue Finanzminister Lars Klingbeil jetzt den Haushalt für das laufende Jahr aufstellen - deutlich verspätet wegen des Ampel-Bruchs und der vorgezogenen Bundestagswahl.
Am 25. Juni will er die Pläne durchs Kabinett bringen - und es ist zu erwarten, dass vom Entwurf seines Vorvorgängers Christian Lindner (FDP) kaum etwas übrig bleiben wird. Zu viel hat sich politisch seitdem getan, zu viele Weichen hat Schwarz-Rot neu gestellt.

Vorläufige Haushaltsführung: Opposition kritisiert fehlenden Etat

Für 2025 fällt die Steuerschätzung noch vergleichsweise harmlos aus, die Schätzer erwarten nur 0,6 Milliarden weniger Einnahmen als im Herbst. Doch Klingbeil stimmte seine Kabinettskollegen am Mittwoch im Bundestag bereits darauf ein, dass trotz historischer Kreditmöglichkeiten kein unbegrenzter Spielraum herrsche. "Ja, wir werden auch Haushaltskonsolidierung vorantreiben müssen", sagte Klingbeil.
Frank Bethamnn an der Börse
Bei den deutschen Kommunen ist im vergangenen Jahr ein Rekorddefizit aufgelaufen. Frank Bethmann von der Börse erläutert die Gründe für diese Entwicklung. 01.04.2025 | 1:11 min
Ob der neue Haushalt tatsächlich wie geplant Anfang September beschlossen werden kann, wird davon abhängen, wie sehr Klingbeils Kollegen dabei mitziehen. Die Opposition jedenfalls macht Druck: Noch länger mit vorläufiger Haushaltsführung, also ohne echten Etat, arbeiten zu müssen, sei schlecht für die Arbeit der Ministerien, schlecht für die Wirtschaft und schlecht für das gesamte Land, kritisierten die Grünen.

Steuereinnahmen: Schwarz-rot muss priorisieren

Union und SPD war schon bei der Formulierung ihres Koalitionsvertrags klar, dass sich ihre zahlreichen Vorhaben nicht ohne Weiteres finanzieren lassen - jedenfalls nicht ohne einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Alle Vereinbarungen des Koalitionsvertrags stehen deshalb unter einem Finanzierungsvorbehalt. Das heißt: Sie werden nur umgesetzt, wenn ausreichend Geld zur Verfügung steht.
Die Zahlen der Steuerschätzer dürften die Bedeutung dieses Satzes noch einmal unterstreichen. Allein im kommenden Jahr erwarten die Experten für den Bund nun 10,2 Milliarden Euro weniger Einnahmen als noch im Herbst. Auch wenn der Gesamtstaat erstmals mehr als eine Billion Euro einnehmen könnte, muss sich Klingbeil nun mit Kanzler Friedrich Merz und den anderen Ministerinnen und Ministern zusammensetzen und priorisieren.
ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann
Finanzminister Klingbeil muss bis 2029 wohl mit weniger Steuereinnahmen planen als erwartet. ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Diana Zimmermann zu den Details. 15.05.2025 | 1:38 min
Quelle: dpa, Reuters, AFP

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