Debatte um Altersbezüge: Experten üben Kritik am Rentenpaket

Analyse

Kritik am geplanten Rentenpaket:Mehr Rente - steigende Kosten: Der große Widerspruch

ZDF Börse mit Frank Bethmann

von Frank Bethmann

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Die Renten sollen steigen - und die junge Generation trägt die Kosten? Experten werten die Pläne als Schritt in die falsche Richtung: Die Generationengerechtigkeit sei in Gefahr.

Eine Seniorin hält Geldscheine in der Hand.

Debatte um Altersbezüge: Experten üben Kritik am Rentenpaket

Quelle: Imago

Im Sommer 2026 dürften sich rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland freuen: Ihre Bezüge steigen voraussichtlich um 3,7 Prozent - und damit stärker als erwartet. Auch in den kommenden Jahren sollen die Renten deutlich steigen. Das geht aus dem Rentenversicherungsbericht 2025 hervor, der im Bundeskabinett beraten wird.

Die Rentner profitieren hierbei von der geplanten Stabilisierung des Absicherungsniveaus der Rente bis 2031 bei 48 Prozent, vorausgesetzt das umstrittene Rentenpaket der Bundesregierung wird Gesetz. Auch gibt der Rentenversicherungsbericht Aufschluss über weitere zu erwartende Auswirkungen. So muss der Bund der Rentenversicherung ab 2027 in steigendem Maß Geld für die geplante Stabilisierung des Renten-Sicherungsniveaus überweisen - bis zu rund 10 Milliarden Euro im Jahr.

Merz in Sachsenanhalt

Das geplante Rentenpaket ist heftig umstritten. Ohne die Zustimmung der jungen Gruppe der Union droht es zu scheitern - und diese stellt sich weiter quer.

18.11.2025 | 2:13 min

Höhere Renten - steigende Beiträge: Wie passt das zusammen?

Nicht wenige fragen, wie passt das zusammen? Einerseits werden die Renten kräftig erhöht, auf der anderen Seite drohen für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Beitragserhöhungen - die ersten seit rund 20 Jahren. So sei bis 2030 ein Anstieg der Rentenausgaben um fast 26 Prozent zu erwarten, sagt Alexander Gunkel, Vorsitzender des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung.

Gleichzeitig soll bis 2028 der Beitragssatz der Beschäftigten um voraussichtlich 1,2 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent steigen. Für Arbeitnehmer bedeutet das höhere Abzüge, für Arbeitgeber steigende Lohnkosten.

Experte: "Wälzt alle Kosten auf die junge Generation ab"

Statt die Rentenkosten ins Uferlose laufen zu lassen, sollte man lieber sehen wie man die Kosten in den Griff bekommt, sparen Ökonomen wie der renommierte Rentenforscher Axel Börsch-Supan nicht mit Kritik. Zentraler Streitpunkt hierbei: die Haltelinie.

Es ist eine irre Dummheit, den Nachhaltigkeitsfaktor mit der Haltelinie wieder aufzugeben. Das verschiebt die Lasten einseitig in Richtung der Jüngeren.

Axel Börsch-Supan, Rentenforscher

Die Haltelinie setzt dabei den Nachhaltigkeitsfaktor außer Kraft. Dieser soll dafür sorgen, dass die Renten weniger stark steigen, wenn sich das Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern verschlechtert. Die Haltelinie dagegen sorgt nun dafür, dass das Rentenniveau konstant bleibt und nicht unter 48 Prozent sinkt. So, Börsch-Supan, nehme das geplante Rentenpaket die Alten aus der Haftung "und wälzt alle Kosten auf die junge Generation ab."

Markus Lanz vom 18. November 2025: Karl Lauterbach, Markus Lanz, Johannes Winkel, Karina Mößbauer, Hans-Werner Sinn

Über den Disput der Jungen Union mit der Mutterpartei, zum Koalitionsstreit über die Rente sowie zur Zukunftsfähigkeit des Sozialstaates.

18.11.2025 | 76:45 min

Rentensystem muss dringend reformiert werden

Das Rentensystem in Deutschland muss dringend reformiert werden. Sonst steigen die Kosten ungebremst an und die Lasten für kommende Generationen werden unzumutbar, heißt es in einem Gutachten des Ifo-Instituts für die Friedrich Naumann Stiftung.

Je länger man mit durchgreifenden Reformen warte", so Joachim Ragnitz, Rentenexperte des Ifo-Instituts, "desto schwieriger werde es, die Rentenfinanzen zu sanieren." Er argumentiert, die heute Älteren hätten wegen der niedrigen Geburtenzahlen die Probleme verursacht, also sollten sie auch einen höheren Anteil an den Lasten tragen.

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Bei der Rente beharren die Junge Gruppe der Union, Kanzler und SPD auf Maximalpositionen – so funktioniere Politik aber nicht, analysiert ZDF-Studioleiterin Diana Zimmermann.

18.11.2025 | 3:04 min

Rentensystem bietet Fehlanreize

Elementar um Kosten zu senken sei zudem, Fehlanreize zu beenden. "Die Rente mit 63 ist ein teurer Fehler", sagt beispielsweise Marcel Thum vom Ifo-Institut. Ebenso sei nach Einschätzung zahlreicher Fachleute die Mütterrente ein Schritt in die falsche Richtung.

Und auch die geplante Aktivrente, die Rentenbeziehern die Möglichkeit geben soll, im Alter steuerfrei hinzuzuverdienen, setze "die Kette der ökonomisch falschen Entscheidungen fort", so Joachim Pompertz, Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gegenüber dem Tagesspiegel.

Rente droht zum Generationenkonflikt zu werden

Pompertz sieht darüber hinaus noch an anderer Stelle dringenden Handlungsbedarf. Deutsche Arbeitnehmer müssen seiner Meinung nach länger arbeiten und später in Rente gehen.

Wir müssen die Einnahmenbasis verbreitern. Dazu gehört auch, alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.

Joachim Pompertz, Ökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft

In Detailfragen mag es unterschiedliche Auffassungen geben, in der Sache aber ist sich die Mehrheit der Experten einig: Die gesetzliche Rente benötigt dringend strukturelle Reformen. Sie ist kaum noch zu finanzieren und wird zunehmend ungerechter. Junge Menschen zahlen perspektivisch höhere Beiträge und bekommen niedrigere Leistungen. Ohne nachhaltige Kursänderung droht aus dem Generationenvertrag Rente ein ernsthafter Generationenkonflikt zu werden.

Frank Bethmann ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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