Rente, Schulden & Co: Ist der Bundeshaushalt generationengerecht?
Etat in Milliardenhöhe:Wie generationengerecht ist der Bundeshaushalt?
von Dennis Berger
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Gut 520 Milliarden Euro will die schwarz-rote Koalition 2026 ausgeben. Ein Großteil des Bundeshaushalts fließt in Rente und Verteidigung. Doch wer zahlt in Zukunft die Zeche?
Finanzminister Klingbeil (SPD) verteidigt hohe Schulden mit Investitionen in Sicherheit, Bildung und Klima - und schiebt Einsparungen bis 2027 auf.30.07.2025 | 7:15 min
Ein neuer Kanzler, ein dicker Etat: Die Regierung von Friedrich Merz (CDU) plant für 2026 Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro - 3,5 Prozent mehr als 2025. Fast 200 Milliarden davon fließen allein ins Ressort Arbeit und Soziales.
Größter Einzelposten im Haushalt: der Bundeszuschuss an die Rentenversicherung mit 127,8 Milliarden Euro, der bis 2029 sogar noch steigen soll. Jüngere finanzieren damit ein System, von dem sie selbst laut Experten weniger profitieren dürften.
Renten-Konflikt: Ökonomen fordern Reformen
Besonders in der Kritik: die Rentenpolitik. Ökonomen fordern beharrlich Reformen, denn ohne sie, warnt Marcel Thum vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in Dresden, "wachsen die Kosten ungebremst".
Durch den Renteneintritt der Babyboomer steht unser Rentensystem ohnehin vor gewaltigen Herausforderungen.
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Marcel Thum, Geschäftsführer der Ifo-Niederlassung Dresden
Das Kabinett bringt den Bundeshaushalt 2026 auf den Weg. Trotz neuer Milliarden für Investitionen bleibt die strukturelle Finanzlücke ab 2027 ein ungelöstes Problem.30.07.2025 | 3:11 min
Maßnahmen wie die Mütterrente verschärfen laut Thum die Schieflage zulasten der Jüngeren. Die schwarz-rote Koalition habe es bei der Rente "verpasst, den Haushalt zu entlasten und die notwendigen Reformen anzugehen", bilanziert Ulrich Schmidt, Ökonom am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel.
Stillstand beim Klimaschutz?
Das Bundesverfassungsgericht betont den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Generationengerechtigkeit: Treibhausgasemissionen sollten weiter reduziert werden, damit die Last auf künftige Generationen nicht zu hoch wird.
Hessen hat besonders viele marode Brücken – ein Symbol für den Sanierungsstau im ganzen Land. Der Haushalt 2026 soll helfen. Doch reicht das für die Infrastrukturwende?30.07.2025 | 2:44 min
Doch Forscher mahnen Nachholbedarf an. Klimaökonom Wilfried Rickels am IfW bemängelt, dass die Haushalte bei der grünen Transformation nicht entlastet wurden. Zwar seien Projekte wie die Wasserstoff-Förderung oder der Netzausbau wichtig, doch hätte ein Klimageld besonders ärmeren Haushalten geholfen.
Hier wurden bei den Haushaltsplanungen große Chancen vertan.
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Wilfried Rickels, Kieler Institut für Weltwirtschaft
Auch wenn die Pläne positive Ansätze enthielten, reichten die Anstrengungen nicht aus, um bis 2045 klimaneutral zu werden, so Rickels.
Man müsse "die Klimagelder nehmen, um in Zukunftstechnologien zu investieren", sagt Franziska Brantner, Parteivorsitzende Bündnis 90/Die Grünen zur Haushaltsplanung der neuen Regierung.08.07.2025 | 5:03 min
Expertin: Bildungsgerechtigkeit bleibt auf der Strecke
Auch Bildung ist eine Frage von Generationengerechtigkeit. Der Bund überweist den Ländern 2026 zwar rund fünf Milliarden Euro für Kitas, doch laut der Denkfabrik Dezernat Zukunft entstehen damit keine neuen Einrichtungen. Gründungsdirektorin und SPD-Mitglied Philippa Sigl-Glöckner kritisiert die Regierung scharf:
Obwohl der Bund jetzt 400 Milliarden Euro investieren kann, gibt es nicht einen zusätzlichen Euro für Investitionen mit der höchsten Rendite: Kitas. Wir nehmen die frühkindliche Bildung nicht ernst genug in Deutschland.
Die Generaldebatte war ein heftiger Schlagabtausch im Bundestag: Kanzler Merz verteidigt den Sparkurs - AfD, Linke und Grüne kritisieren vor allem die geplante hohe Neuverschuldung.09.07.2025 | 1:40 min
Berufstätige Frauen blieben benachteiligt und der Bildungserfolg hänge weiterhin stark vom Elternhaus ab, sagt Sigl-Glöckner. Gleichzeitig seien Subventionen für die Wirtschaft oft "ungezielt".
All das kostet viel Geld, bringt aber wahrscheinlich nur begrenzt Wachstum. Zur Modernisierung der deutschen Wirtschaft dürften die genannten Maßnahmen wenig beitragen.
In der unterfinanzierten Pflege, wichtig für die älteren Generationen, fehlten Lösungen. "Es klafft ein Loch in der Pflegefinanzierung, das der Bund provisorisch mit Darlehen gestopft hat", warnt Sigl-Glöckner. Höhere Beiträge drohen, zahlen müssten die Jüngeren.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) setzt auf eine Rekordverschuldung, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Bis 2030 könnte die Schuldenlast um eine Billion Euro steigen.
Um eine Beitragssatzsteigerung ab Januar abzuwenden, brauche es "kurzfristig mehr Unterstützung im Haushalt", so Nina Warken (CDU), Bundesgesundheitsministerin, zur Pflegereform.07.07.2025 | 10:10 min
Jonas Hohenforst, 23 Jahre alt und Botschafter der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen, sieht die Politik in der Pflicht. Hohenforst gehört zu den jüngeren Generationen, die diese Schulden und die verpassten Chancen von heute in der Zukunft meistern müssen. Er fordert Disziplin bei Investitionen und eine konsequente Rückzahlung der Schulden:
Eine weitere Aufweichung der Schuldenbremse sehe ich kritisch und erwarte als junger Mensch, dass mit dem Geld wirklich nur zusätzliche Investitionen und keine Löcher in der Beamtenversorgung oder unnötige Subventionen finanziert werden.
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Jonas Hohenforst, Botschafter der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen
Der wachsende Schuldenberg werde den Handlungsspielraum künftiger Generationen massiv einschränken, warnt IfW-Ökonom Schmidt: "Das lässt die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland düster erscheinen."
Dennis Berger ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.