Wellbrock-Trainer: "An schnelles Schwimmen ist nicht zu denken"

Interview

Trainer zu vier Mal Gold:Wellbrocks Triumph "ein absolutes Märchen"

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Nach vier Mal WM-Gold im Freiwasser geht es für Florian Wellbrock ins Becken. Die Umstellung fiel ihm zuletzt oft schwer. Über die Gründe spricht sein Trainer Bernd Berkhahn.

Archiv: Bernd Berkhahn, am 31.07.2024, Frankreich, Paris
War von Wellbrocks Überlegenheit im Freiwasser beeindruckt: Trainer Bernd Berkhahn (Archivbild)
Quelle: dpa

Nach medaillenlosen Olympischen Spielen hat Florian Wellbrock bei der WM in Singapur viermal Gold im Freiwasser gewonnen - ein historischer Erfolg. Nächste Woche folgen die Beckenwettkämpfe. Der Wechsel dorthin fiel ihm in der Vergangenheit oft schwer.
Bundestrainer Bernd Berkhahn über die neuerlichen Erfolge seines Schützlings und warum er trotzdem unsicher ist, ob Wellbrock das im Becken fortsetzen kann.

... ist 54 Jahre alt und Schwimm-Bundestrainer im Freiwasserschwimmen und für Lange Strecken im Becken. Parallel dazu trainiert er am Bundesstützpunkt Magdeburg eine der erfolgreichsten Trainingsgruppen Europas - mit DSV-Stars um Lukas Märtens, Isabel Gose und Florian Wellbrock.

ZDFheute: Herr Berkhahn, bei Olympia im Vorjahr blieb Florian Wellbrock als Titelverteidiger ohne Medaille und Finale. Jetzt gewinnt er bei der Freiwasser-WM vier Mal Gold - ein historischer Erfolg. Haben Sie mit so einem Comeback gerechnet?
Bernd Berkhahn: Berechenbar ist das nie, deshalb machen wir Sport. Die Vorbereitung war gut, aber du weißt nie, wie stark die Konkurrenz ist - vor allem im nacholympischen Jahr. Wir haben weniger trainiert und vor allem langsam begonnen.
Gerade Florian musste erstmal die letzte Saison aufarbeiten und hat dafür auch neue psychologische Unterstützung gesucht. Trotzdem bleibt man unsicher. Klar war: Wir wollten oben mitspielen.

Dass er so überlegen ist und vier Mal Gold gewinnt, ist ein absolutes Märchen.

Trainer Bernd Berkhahn über Wellbrocks Erfolge im Freiwasser

Wellbrocks historischer Sieg
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ZDFheute: Seit seinem ersten WM-Titel 2019 galt Wellbrock als Medaillenbank im Freiwasser, doch in Paris klappte es zuletzt nicht. Was haben Sie in diesem Jahr im Aufbau geändert, um wieder erfolgreich zu sein?
Berkhahn: Das Jahr nach Olympia sollte mehr Luft bringen. Wir haben weniger trainiert, auf frühe Höhentrainingslager verzichtet und erst ab Januar gezielter gearbeitet. Auch die späteren Trainingslager waren kürzer als üblich. Das hat gutgetan - auch, weil die Athleten mehr Zeit zuhause in Magdeburg verbringen konnten. Aber um ehrlich zu sein: Vieles von Florians Form stammt noch aus den harten Jahren davor.
ZDFheute: Hat Wellbrock in diesem Jahr also seine Lockerheit zurückgewonnen?
Berkhahn: Er konnte zumindest durchatmen. Diese Saison hat etwas Druck genommen. Nach der Enttäuschung von Paris war das wichtig.
Florian Wellbrock (Mitte), Silbermedaillengewinner Gregorio Paltrinieri (links) und Marc-Antoine Olivier (Dritter) nach dem Rennen über 5 km
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ZDFheute: Die Favoriten im Freiwasser sind dieselben geblieben. Warum hat Wellbrock sie diesmal so dominiert?
Berkhahn: Florian ist ein Ausnahmetalent. Sein niedriger Belastungspuls ist optimal für lange Strecken - im warmen Wasser hier in Singapur ein riesiger Vorteil, weil er nicht so überhitzt wie die anderen. Dazu kommt seine effiziente Technik. Wenn das zusammenspielt, ist er kaum zu schlagen. Vier Goldmedaillen - das gab’s noch nie. Es war eine fantastische Woche für ihn.










ZDFheute: Im Becken folgen nun die 1.500 Meter Freistil. Der Umstieg fällt ihm schwer, seit 2022 hat er bei keinem Event mehr Medaillen sowohl im Freiwasser als auch im Becken gewonnen. Jetzt muss er zwei Wochen lang seine Form halten. Wie geht er damit um?
Berkhahn: Gerade weiß ich es nicht. Der Mythos, dass er die Umstellung nicht kann, stimmt so nicht - bis Fukuoka 2023 klappte es oft. Aber jetzt ist er platt. Die Hitze war brutal, er hatte Kreislaufprobleme.

Im Moment ist an schnelles Schwimmen nicht zu denken, ich kann ihn kaum belasten.

Bundestrainer Bernd Berkhahn über seinen Schützling Florian Wellbrock

Vielleicht ist es gut, dass mehr Zeit zur Regeneration bleibt. Mental ist er aber voll da, seine Einstellung ist besser als in Paris.
ZDFheute: Wie war seine Einstellung dort?
Berkhahn: Eher ängstlich. Das war sicher ein Faktor für das Scheitern in Paris. Davon ist aktuell aber nichts zu spüren.
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ZDFheute: Trotzdem startet er in Singapur nicht über 800 Meter Freistil. War das eine Folge seiner letzten Leistungen oder eine Entscheidung zugunsten von Lukas Märtens?
Berkhahn: Lukas war in der Qualifikation schneller. Damit hat er das Vorrecht. Für ihn ergeben die 800 Meter gerade am meisten Sinn - und da er nun mal schneller war als Flo, konnte der sie nicht schwimmen. Da sind wir knallhart.
ZDFheute: Damit liegt Wellbrocks Fokus voll auf den 1.500 Metern. Was erhoffen Sie sich von diesem Rennen? Wird er seine Goldserie fortsetzen?
Berkhahn: Schwer zu sagen. Seine Vorbereitung war sehr gut, das ist jetzt aber schon eine Weile her - dazwischen liegen vier Goldmedaillen und viel Belastung. Ich weiß nicht, zu was er nächste Woche fähig ist und hoffe, in den kommenden Tagen mehr Klarheit zu bekommen. Gerade trainieren alle unterschiedlich, alle machen ihre Sets - und Flo schwimmt eher ruhig.
Das Interview führte Jannik Höntsch.

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Quelle: Reuters

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