Schnellere Räder, wissenschaftlich ausgeklügelte Ernährung und bessere Rundum-Betreuung: Das können Gründe sein, warum Mathieu van der Poel (links) und Tadej Pogacar schneller unterwegs sind als ihre Kollegen vor 15 Jahren.
Quelle: Imago / Photo News / Jan De Meuleneir
Zuletzt hat sich Florian Lipowitz mit einer Aussage nach vorne gewagt. Er sei ein sauberer Fahrer, kein Doping, niemals. Überhaupt sei der Radsport, das Berufsfeld der deutschen Saisonüberraschung, "sogar die am meisten kontrollierte Sportart".
Fakt ist zudem, dass bei der
Tour de France seit 2015 kein Dopingfall mehr publik wurde. Zuvor jedoch gab es reichlich Skandale, 1998 etwa die Tour de Farce mit der Verbannung des flächendeckend gedopten Teams Festina und der Flucht zahlreicher anderer Mannschaften.
2006 wurde das Blutdopingnetzwerk des spanischen Gynäkologen Eufemiano Fuentes aufgedeckt, in das auch Jan Ullrich verwickelt war. Und danach kamen bei der Tour im Jahrestakt immer neue Meldungen aus dem Schattenreich des Sports ans Tageslicht. Bis 2015.
Jan Ullrich im aktuellen sportstudio: "Nein hätte mit Karriereende gleichgestanden"
Ex-Radprofi Jan Ullrich spricht über seine Dopingzeit und erklärt, warum es im Radsport nicht mehr möglich sei, flächendeckend zu dopen. Und: Sein Weg aus der Drogenabhängigkeit.09.06.2024 | 34:06 min
Engmaschige Kontrollen
Gleichzeitig nimmt die Geschwindigkeit des Pelotons zu.
Tadej Pogacar und
Jonas Vingegaard, die großen Favoriten dieser Frankreich-Rundfahrt, haben zuletzt Rekordzeiten für Anstiege in den Bergen reihenweise pulverisiert. Wie passt das zusammen?
Fakt ist, dass die Kontrollen im Feld engmaschiger sind als in jedem anderen Sport. Zudem übernimmt mit der International Testing Agency eine unabhängige Organisation die Kontrollen bei der Tour. Fakt ist zudem, dass der Radsport längst nicht die einzig professionell ausgeübte Sportart ist, in der gedopt wird.
Das markante Bergtrikot der Tour de France wird in diesem Jahr 50. Vorbild für seine Farbgebung war ein französischer Bahn-Rennfahrer, der in den 1930er Jahren erfolgreich war.
von Stephan Klemm
Hightech-Maschinen rollen extrem schnell
Hinzu kommt, dass es durchaus profane Erklärungen für die erhöhten Durchschnittsgeschwindigkeiten innerhalb des Pelotons gibt. Die Räder sind längst aerodynamische Hightech-Maschinen, die zwischen 15.000 und 17.000 Euro kosten.
Ralph Denk, Teamchef der deutschen Mannschaft Red Bull-Bora-hansgrohe, erwähnt ein Beispiel, mit dem er den Einfluss der Technik illustrieren möchte. Er selbst war einst ein Amateurfahrer, der auf seiner hügeligen Trainingsstrecke im heimischen Raubling bei Rosenheim "Mühe hatte, durchtrainiert einen 30er Schnitt zu fahren". Nun aber "setze ich mich auf so eine Maschine und habe untrainiert auch einen 30er Schnitt".
Erkenntnisse aus dem Windkanal
Aerodynamisch ist auch die Kleidung gestaltet. Helme, Trikots, Hosen, sogar Socken werden nach im Windkanal gewonnenen, wissenschaftlichen Erkenntnissen angefertigt.
Hinzu kommen mittlerweile veritable Performance-Center, in denen pro Team um die fünf Trainer hauptamtlich angestellt sind. Sie kümmern sich individuell um die bis zu 30 Fahrer eines World-Tour-Teams, werten ihre Trainingsdaten aus, sind über Apps stets mit ihren Athleten verbunden und wissen genau, wie sie anhand des vorliegenden Materials mit den Profis arbeiten müssen, um sie besser zu machen.
Ernährung macht die Rennfahrer schnell
Auch die Ernährung ist ein Faktor. Red Bull zum Beispiel verfügt über einen eigenen Kitchen-Truck, in dem zwei Team-Köche nach den Vorgaben eines Ernährungsberaters Speisen zubereiten, der täglich dabei ist und die Nahrung für die acht Tour-Starter festlegt.
Vor den Rennen essen sie vermehrt Porridge mit Früchten, gleich danach gibt es im Bus reichlich kohlenhydrathaltige Nahrung. Und beim Abendessen wird vor allem auf Variationen mit Reis, Nudeln und weißem Fleisch oder Fisch geachtet.
Die Strecke der 112. Tour de France, die am Dienstag vorgestellt wurde, ist sehr berglastig. Es riecht wieder nach einem Duell zwischen Pogacar und Vingegaard.
von Stephan Klemm
Mittlerweile können sich die Profis in den Rennen auch viel besser verpflegen als ihre Vorgänger zu Beginn des Jahrtausends. Nach einer Gewöhnung des Magens an die Aufnahme besonders großer Kohlenhydratmengen während einer Etappe ist es den Profis möglich, bis zu 120 Gramm dieser Substanz pro Stunde aufzunehmen. Lange Zeit galten 30 Gramm als das Limit.
Auch Rückenwind hat eine Wirkung
Schließlich spielen auch weiche Faktoren wie eine moderne Straßenbeschaffenheit und Rückenwindsituationen eine Rolle bei der Entwicklung von Geschwindigkeitsrekorden.
Erklärungen für das steigende Tempo in den Rennen ohne medizinische Hilfsmittel gibt es also durchaus. Gleichwohl dürfte es weiterhin Fahrer geben, die mit Dopingsubstanzen eine Abkürzung zum Ruhm suchen.