Christoph Biermann: Königsklasse zerstört nationalen Wettbewerb
Interview
Fußball-Autor zur Königsklasse:Biermann: Champions League zerstört die Liga
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Die runderneuerte Champions League endet am Samstag mit dem Finale Paris Saint-Germain gegen Inter Mailand. Hat sich der neue Modus bewährt? Ein Fazit mit Autor Christoph Biermann.
Der Autor Christoph Biermann sieht den nationalen Wettbewerb durch die neue Champions League gefährdet.
Quelle: AP
Mehr Teams, mehr Spiele. In München endet am Samstag mit dem Endspiel zwischen Paris Saint-Germain und Inter Mailand (Anstoß 21 Uhr, ab 19.25 Uhr live im ZDF und) die erste Champions-League-Saison nach neuem Modus. Autor Christoph Biermann zieht im Gespräch mit ZDFheute ein Fazit.
Wann? Samstag, 31. Mai, ab 20 Uhr Wo? Erstmals live und in voller Länge auf Twitch - im ZDF-Kanal Mit dabei: ZDF-Kommentator Gari Paubandt,Meira Werner (Moderatorin Eintracht Spandau) und Denis Kudat (Schiri) Spiel: PSG vs. Inter Mailand - Finale der Champions League Rückblick aufs Turnier, Special-CL-Bingo, Live-Schalten nach München Reactions auf alles rund ums Spiel - interaktiv und live!
ZDFheute: Herr Biermann, wie hat sich der neue Modus der Champions League auf Ihr persönliches Konsumverhalten ausgewirkt?
Christoph Biermann: Mich hat die Champions League dadurch anfangs etwas verloren. Das lag einerseits an der neuen Riesentabelle und auch am Modus: Es war extrem zufällig, wer gegen wen nur zu Hause oder nur auswärts spielt. Letztlich fand ich in der Vorrunde nur einige Spitzenspiele und die Playoffs interessant. Ich habe deutlich weniger geguckt und bin so richtig erst eingestiegen, als die K.o-Runde begann.
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ZDFheute: Wie beurteilen Sie die Reform aus sportlicher Sicht? Hat sich an der Qualität der Spiele etwas verändert?
Biermann: Ich kann keinen wesentlichen Unterschied feststellen. Dieser Wettbewerb besteht im Grunde darin, dass wir eine wie auch immer gestaltete Vorrunde haben und dann in den allermeisten Fällen die Mannschaften in der Ko-Runde landen, von denen man es ohnehin erwartet hat.
Die Unterschiede zwischen den großen Klubs und den kleineren sind gigantisch.
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Christoph Biermann
ZDFheute: In der ZDF-Doku "Trophy Men - die Erfindung der Champions League" in der auch Sie zu Wort kommen, sagt einer der beiden Erfinder in Bezug auf die Reform, dass Inflation zu Werteverlust führt. Gibt es Anzeichen für eine Übersättigung?
Biermann: Da muss man die Rechteinhaber fragen, ob die Leute weniger eingeschaltet haben. Ich sehe das allergrößte Problem der Champions League sowieso nicht in Übersättigung, sondern dass sie den Wettbewerb in den nationalen Ligen kaputt macht und dort immer wieder die gleichen vorne stehen.
Christoph Biermann (64) ist Chefreporter des Monatsmagazin "11Freunde", Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur und Autor zahlreicher Bücher. Drei seiner Bücher wurden als Fußballbuch des Jahres ausgezeichnet - zuletzt 2023 "Um jeden Preis: Die wahre Geschichte des modernen Fußballs von 1992 bis heute".
Es ist für die deutsche Bundesliga ein riesiges Problem, dass in den letzten dreizehn Jahren zwölfmal der FC Bayern Meister gewesen ist. Ähnliche Entwicklungen gibt es in anderen Ländern auch, weil die Spitzenklubs in der Champions League so hohe Einnahmen erlösen, dass sie den Rest der Liga abhängen können.
Die Champions League ist das größte jährliche Sportereignis der Welt. Was kaum jemand weiß: Zwei Deutsche haben sie erfunden. Jetzt erzählen sie erstmals exklusiv ihre Geschichte.16.05.2025 | 82:38 min
ZDFheute: Sie bezeichnen in der Doku die Champions League als Gelddruckmaschine. Gibt es für diese Maschine irgendwelche Grenzen?
Biermann: Natürlich wird die Champions League nicht endlos wachsen. Außerdem gibt es einen harten Wettbewerb darum, wer die Spieler möglichst viel einsetzen darf: Da treten die Vereine gegen die Verbände an und nun die Kontinentalverbände gegen die Fifa.
Wobei man sagen muss, dass die meisten Vereine mit großer Freude zur Klub-WM fahren. Die Klage darüber, dass es in diesem Sommer keine richtige Pause gibt, in der sich die Spieler erholen können, wird mit astronomisch hohen Antrittsgagen überspielt.
Tore, Tore, Tore und Spannung bis zum letzten Spieltag der Vorrunde: Die Champions-League-Reform hat ihr Versprechen auf den ersten Blick eingelöst. Aber blickt man da noch durch?06.02.2025 | 14:35 min
ZDFheute: Die Champions-League-Reform war auch eine Reaktion auf den gescheiterten Versuch einige Großklubs, eine Super League zu gründen. Sind die Topklubs mit der Ausweitung der Champions League und der Klub-WM nun befriedet oder droht ein neuer Vorstoß?
Biermann: Im Moment ist erst mal Ruhe, aber die Verführung bleibt bestehen. Es ist nicht aus der Welt, zu sagen: Warum soll man Klubs aus kleineren Ligen Huckepack nehmen, wenn die Leute doch sowieso nur die großen Klubs aus den großen Ligen sehen wollen. Daher kann es immer wieder passieren, dass die großen Klubs die Zeit für eine Super League gekommen sehen.
ZDFheute: Was jetzt schon passiert, ist der weltweite Einstieg von Investoren, teilweise in mehrere Klubs gleichzeitig. Die Bundesliga hält sich mit der 50+1-Regel Investoren vom Leib - wie lange wird das Bollwerk halten?
Biermann: Das ist relativ stabil, weil der deutsche Fußball funktioniert.
Die Stadien sind voll, die Leute gucken sich die Spiele an, wir sind in keiner Weise in einer Krise.
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Christoph Biermann
Ich glaube auch, dass das Gefühl, dass unsere Vereine nicht irgendwelchen Geschäftsleuten von irgendwoher gehören, ein starker Teil der deutschen Fußballidentität ist.
Seit seinem Halbfinal-Tor gegen den FC Barcelona ist Francesco Acerbi in aller Munde. Wird der Abwehr-Oldie von Inter Mailand auch im Champions-League-Finale gegen PSG zum Faktor?