Europapokal ohne RB Leipzig: Das sind die Gründe

Zum ersten Mal überhaupt seit Leipzigs furioser Aufstiegssaison 2016/17 finden die Europacup-Wettbewerbe ohne RB statt.

Henning Zülch, Professor an der Leipziger Wirtschaftshochschule HHL, macht drei große Komplexe aus, wie sich eine Saison ohne Europapokal und Champions League für RB Leipzig auswirkt: Sponsoring und Markenwert, Kaderplanung und Wettbewerbsfähigkeit.

"Das ist eine Spirale, die dann einsetzt. Da hängt ein riesiger Rattenschwanz dran, das kann man nicht wegdiskutieren", sagt der Fachmann. "RB braucht die permanente, maximale Sichtbarkeit in der Champions League, um zu signalisieren, dass man zur Speerspitze des europäischen Fußballs gehört."

Finanziell kann der Klub eine Spielzeit durch Millioneneinnahmen aus Spielerverkäufen kompensieren. Doch das Lockmittel für Topspieler schlechthin, die große Bühne Königsklasse, fehlt.

Die Inkonstanz der vergangenen Jahre auf den Entscheiderpositionen fällt RB nun auf die Füße. Seit Ralf Rangnicks Abgang wechselten die Sportchefs ähnlich häufig wie die Trainer. So konnte nicht mehr gezielt am Kader gebaut werden; seit Sommer 2023 jagte ein Kaderumbruch den nächsten.

In diesem Verkaufs-Wirrwarr ging der Fokus auf die Spielidee verloren. Zu wenige Akteure vor allem im zentralen Mittelfeld und in der Offensive sind in der Lage, das Pressing-Gegenpressing-Spielprinzip, das immer die Grundlage der Leipziger Idee sein muss, auf höchstem Niveau umzusetzen.

Ja, denn Rasenballsport benötigt sowohl dringend frische Konzepte für das Spiel mit dem Ball als auch eine Schärfung der Spielidentität gegen den Ball. Beides verwässerte in der Amtszeit von Marco Rose mehr und mehr. Zsolt Löw brachte frische Energie und zumindest phasenweise Stabilität und Stringenz, scheiterte aber letztlich an allen Zielen. In sieben Wochen waren die Versäumnisse der Vergangenheit nicht aufzuholen.

Der neue Trainer muss nun den Umbruch im Team managen, die RB-DNA wieder schärfen und zugleich auf ein neues Niveau heben. Der möglichst noch junge Trainer der Zukunft braucht vor allem eine klare Fußballidee für RB, muss ein Spiel- und Spielerentwickler sein sowie uneitel und offen für die Expertise von Jürgen Klopp & Co.. Wer dieser Tausendsassa ist? Die Trainersuche könnte noch zur Hängepartie werden.

Jürgen Klopp ist in alle maßgeblichen Entscheidungen involviert, doch noch ist sein Einfluss kaum zu spüren. Er war erst ein paar Mal in Leipzig, gibt keine Interviews zum Tagesgeschäft und agiert vornehmlich im Hintergrund. Noch ist offen, ob Klopp aus dieser Chefberaterrolle heraus zum Gamechanger werden kann, oder ob es nicht mehr Nähe bedarf, um für die Feinheiten vor Ort empfänglich zu sein und "Kloppos" Aura wirken zu lassen.

Er weiß zweifelsohne, wie man Kader baut und einen Klub wieder nach oben führt. Doch dazu muss er vor Ort sein und zeigen, dass er es ernst meint mit seinem Job bei Red Bull.

Sportchef Marcel Schäfer hat einen Umbruch "mit aller Konsequenz" angekündigt. Bis zu 13 Spieler - inklusive zurückkehrender Leihspieler - könnten RB Leipzig in diesem Sommer verlassen. Darunter wohl auch die Jungstars Benjamin Sesko und Xavi Simons, die zusammen 150 Millionen Euro einbringen sollen, sowie einige der alten Helden wie Yussuf Poulsen und Kevin Kampl.

RB fahndet nach Zugängen, die sich auch für eine Saison ohne europäischen Wettbewerb nicht zu schade sind, bedingungslosen Einsatz garantieren und ihr Ego der Entwicklung des Klubs unterordnen.