Künstliche Intelligenz: Virtuelle Beziehung mit KI-Partner führen

Chatbots als virtuelle Partner:Wie KI-Apps emotionale Nähe schaffen

Julia Ludolf
von Julia Ludolf
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Liebe zu einem virtuellen Partner empfinden: Was wie Science-Fiction klingt, ist für manche gelebte Realität. Doch welche Chancen und Risiken bergen sogenannte KI-Companion-Apps?

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Mithilfe von KI-Companion-Apps lassen sich virtuelle Begleiter erstellen, die Nutzer digital durch den Alltag begleiten. Zu den beliebtesten Programmen zählen unter anderem Kindroid, Replika, Chai und Character.AI.
Das Prinzip dahinter: Die KI umschmeichelt die Nutzer - besonders bei romantischen Beziehungen. Laut Medienpsychologin Jessica Szczuka wirken diese Komplimente positiv auf Menschen, obwohl sie von einer KI stammen und somit keine echte soziale Bedeutung haben. Die Expertin hat eine Studie zu Mensch-Chatbot-Beziehungen geleitet und gibt Einblicke in mögliche Risiken - aber auch in unbegründete Sorgen.

Um einen individuellen Avatar zu erstellen, müssen Nutzer zunächst persönliche Fragen beantworten - etwa zum Umgang mit Einsamkeit. Auf dieser Basis wird die KI auf die Bedürfnisse der jeweiligen Person zugeschnitten. Anschließend lassen sich Aussehen, Stimme und weitere Erscheinungsmerkmale der künstlichen Persona individuell festlegen.

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Bedürfnis nach sozialer und sexueller Interaktion

KI-Companion-Apps können besonders für Menschen spannend sein, die ihre sozialen und sexuellen Bedürfnisse nicht oder nur schwer in zwischenmenschlichen Beziehungen ausleben können, erklärt Medienpsychologin Jessica Szczuka.
Es gebe genug Menschen, die keine 'Guten Morgen'-Nachricht vom Partner oder der Partnerin erhalten. In solchen Fällen können die Apps laut Szczuka zumindest kurzfristig ein positives Gefühl vermitteln.

Jessica Szczuka sieht in den Apps auch eine Möglichkeit zum Training: "Chatbots tragen dazu bei, grundlegende Kommunikationsfähigkeiten wieder zu erlernen." Etwa in Situationen, in denen direkte menschliche Interaktion nicht möglich sei.

Die App Replika wurde beispielweise zu Beginn als therapeutischer Companion-Bot beworben und hat unter anderem ein Tool für Atemübungen in Paniksituationen angeboten.

Einsamkeit ist nicht entscheidend

"Der Diskurs dreht sich vor allem um das Thema Einsamkeit", kritisiert Jessica Szczuka. Ihrer Ansicht nach müsse die Diskussion jedoch differenzierter geführt werden: "Menschen, die unter Einsamkeit leiden, können nicht einfach einen Chatbot verschrieben bekommen." Einsamkeit allein sei nicht das auschlaggebende Merkmal für die Akzeptanz dieser Technologie.
Vielmehr sei die romantische Fantasie eine der Hauptgründe für die Nähe zum Chatbot, so Jessica Szczuka. "Sprich, die Fähigkeit, über das Sichtbare auf dem Bildschirm hinaus Dinge in die Beziehung hineinzuinterpretieren."
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Wie Chatbots die Beziehungsmodelle verändern

Die Medienpsychologin unterstreicht, dass nicht jeder das Bedürfnis hat, sich einen virtuellen Partner zu erstellen.

Nur weil diese Technologie da ist, wird sie nicht für jeden etwas sein.

Dr. Jessica Szczuka, Medienpsychologin

Nicht alle Menschen würden in zehn Jahren romantische oder sexuelle Beziehungen mit einem Chatbot anstelle eines Menschen führen, betont Szczuka.
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Virtuelle Beziehungen - kein neues Phänomen

Für die Medienpsychologin ist die emotionale Nähe zu Chatbots kein überraschendes Phänomen. "Menschen lassen sich seit jeher auf Beziehungen mit Personen ein, die sie gar nicht wirklich kennen." So entstehen beispielweise Fernbeziehungen über Online-Portale - und trotzdem könne man eine tiefe emotionale Bindung zu diesen Personen aufbauen.

Emotionalität und Intimität wird mit Sprache aufgebaut.

Dr. Jessica Szczuka, Medienpsychologin

Auch Sexting sei kein neues Phänomen - es ist nur eine weitere Form, die zusätzlich mit KI-Chatbots möglich ist.

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Risiken durch emotionale Manipulation durch KI

"Problematisch kann es werden, wenn die Nutzung in Richtung Manipulation geht", warnt Jessica Szczuka. Solche Fälle können schwerwiegende Folgen wie etwa Suizide haben.
Im vergangenen Jahr sorgten zwei Suizidfälle für Aufsehen, bei denen die Betroffenen zuvor intensiv mit KI-Chatbots kommuniziert hatten: ein Jugendlicher in den USA und ein Familienvater in Belgien. Beide Vorfälle erhielten internationale Aufmerksamkeit.
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Stand der Regulierung bei KI-basierten Chatbots

KI-Chatbots können auch auf gesellschaftlicher Ebene Risiken bergen, etwa indem sie politische Haltungen beeinflussen. Laut Szczuka sei dies auch der Grund für das sogenannte Bot-Disclosure-Gesetz in einigen US-Bundesstaaten, wie zum Beispiel in Kalifornien. Das Gesetz besagt, dass der Chatbot deutlich machen muss, dass er künstlich ist. Der Artificial Intelligence Act der Europäischen Union zielt auf dasselbe ab.
Derzeit werde überprüft, ob dieser Hinweis überhaupt standhält. Jessica Szczuka erklärt: "Ich gehe davon aus, dass Sprache so mächtig ist, dass die Information zwar wahrgenommen, aber ignoriert wird." Darüber hinaus gibt es laut der Expertin in der EU noch keine Richtlinie, die KI-Companion-Apps gezielt reguliert.

Medienpsychologin Jessica Szczuka weist darauf hin, dass die "Bezahlung" bei solchen Programmen oft in Form persönlicher Daten passiere. Man könne aber nicht davon ausgehen, dass der Nutzer in der kostenpflichtigen Pro-Version besser vor Datenmissbrauch geschützt ist.

Julia Ludolf ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

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Quelle: dpa

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