Depression in der Familie - Tipps für Angehörige

Depression betrifft die ganze Familie:Hilfe für Angehörige von Menschen mit Depressionen

von Corinna Klee

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Für Angehörige von Menschen mit Depressionen ist der Umgang mit der Erkrankung eine große Belastung und stellt sie vor besondere Herausforderungen. Was Betroffene beachten sollten.

Zwei Menschen gehen mit Hund über Waldweg

Seitdem sie denken kann, hat Claudia Depressionen. Was das für ihren Partner Thorsten bedeutet und wie die beiden als Paar das Leben mit Depressionen meistern.

20.10.2025 | 5:06 min

Etwa 45 Prozent der Deutschen sind von Depressionen betroffen - aufgrund der eigenen Erkrankung oder als Angehöriger. Das zeigt die letzte repräsentative Befragung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention.

Depressionen belasten die gesamte Familie stark. Doch sie werden oft unterschätzt. Eine Depression ist weit mehr als nur ein vorübergehendes Stimmungstief. Die Erkrankung bringt langfristige seelische und physische Herausforderungen mit sich, die das Zusammenleben und das emotionale Gleichgewicht aller Familienmitglieder tiefgreifend beeinflussen kann.

Mann sitzt an die Wand gelehnt auf dem Boden und hält sich die Hände vors Gesicht.

Statt freundlich und zugewandt, immer häufiger wütend und aggressiv - die Diagnose: Depressionen. Bei Männern äußert sich die Krankheit oft ganz anders als bei Frauen.

09.10.2025 | 7:24 min

Angehörige müssen Depression als Krankheit akzeptieren

Angehörige erleben häufig Gefühle wie Angst, Hilflosigkeit, Überforderung und Schuld, während die Betroffenen sich innerlich zurückziehen. Viele Partner denken, dass Konflikte in der Partnerschaft oder die Lebensumstände verantwortlich für die Depressionen seien, erklärt Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Depressionshilfe und Suizidprävention. Dabei seien nie äußere Umstände ursächlich für eine Depression.

Schuld ist die Veranlagung zu der Erkrankung Depression. Menschen mit dieser Veranlagung rutschen immer wieder in diesen Zustand.

Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Psychiater

Häufig wird eine Depression von den Angehörigen nicht als die schwere Erkrankung akzeptiert, die sie ist. Angehörige müssten deswegen zunächst verstehen, dass eine Depression professionell behandelt werden muss, so Hegerl weiter.

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Harald Lesch steht neben trauriger Frau auf Stuhl
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Was Angehörige von Menschen mit Depressionen tun können

Für Angehörige ist es häufig schwierig, sich in den Betroffenen hineinzuversetzen. Oft fehlt das Verständnis dafür, dass derjenige antriebslos ist und dass selbst einfache Dinge, wie ein Spaziergang oder den Müll wegbringen, an manchen Tagen nicht möglich sind. Ratschläge und Ermahnungen wie "Reiß dich mal zusammen" helfen nicht, sondern verstärken bei dem Betroffenen nur den Druck und die Schuldgefühle.

"einfach Mensch - Claudia: Mein Leben mit der Depression": Claudia steht im Garten und praktiziert Qi­gong.

Claudia, 54, ist gelernte Ergotherapeutin und lebt seit zehn Jahren mit Depressionen. Sie sucht nach Wegen, um im Alltag mit ihrer Krankheit umzugehen.

11.10.2025 | 15:04 min

Wichtig ist, sich über die Erkrankung Depression zu informieren und das Verhalten nicht als Schwäche oder mangelnden Willen misszuverstehen. Geduld, Verständnis und das Verlassen auf das eigene Bauchgefühl seien besonders wichtig im Umgang mit den Angehörigen, sagt Hegerl.

Erkrankte wollen nicht mit Samthandschuhen angefasst werden. Das erhöht oft nur ihre Schuldgefühle.

Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention

Dennoch darf man die Gefühle der Betroffenen nicht bagatellisieren, sondern sollte sie ermutigen, sich professionelle Hilfe zu holen.

  • Warnzeichen: Plötzlicher Rückzug, Hoffnungslosigkeit, direkte oder indirekte Äußerungen wie beispielsweise "Mir kann keiner helfen", "Ich bin eine Last" oder "Ohne mich seid ihr besser dran".
  • Offenes Ansprechen: Bei Suizidgedanken sollte die Situation von Angehörigen immer ernst genommen und aktiv gehandelt werden. Fragen wie "Hast du solche Gedanken?" können helfen, die Dringlichkeit besser einzuschätzen.
  • Hilfe organisieren: Angehörige sollten einen Termin beim Hausarzt oder Facharzt vereinbaren und Betroffene dorthin begleiten. Die Betroffenen schaffen es oft nicht selbst, sich um eine Therapie zu kümmern.
  • Soforthilfe: Bei akuter Gefahr 112 oder den psychiatrischen Notdienst anrufen.


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Angst vor Co-Depression ist meist unbegründet

Die Belastung durch einen erkrankten Partner oder ein erkranktes Familienmitglied führt in der Regel nicht zu einer eigenen Depression. Allerdings gibt es eine familiäre Häufung. Die Vererbung spielt dabei eine wichtige Rolle.

Wenn jemand selbst eine Veranlagung für eine Depression hat, kann die Zusatzbelastung zum Trigger werden.

Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Psychiater

Studien zeigen, dass das Erkrankungsrisiko etwa doppelt bis dreifach so hoch ist, wenn Verwandte ersten Grades betroffen sind. Das bedeutet nicht, dass eine Depression zwangsläufig auftritt.

Allerdings geht die Veranlagung mit einer erhöhten Anfälligkeit für Depressionen einher. Das tatsächliche Auftreten hängt dann stark von weiteren Faktoren wie belastenden Lebensereignissen, Stress oder chronischen Erkrankungen ab.

Dr. Leon Windscheid steht lächelnd neben Jan Ullrich auf einem Feldweg. Beide tragen Sportkleidung und Fahrradhelme. Im Hintergrund ist ein Maisfeld und ein grauer Himmel zu sehen.

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06.10.2025 | 43:32 min

Unterstützung für Angehörige

Angehörige sollten auf die eigene psychische Gesundheit achten. Sich selbst Auszeiten zu nehmen, ist wichtig. Neben ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung für die Erkrankten gibt es Selbsthilfegruppen und Beratung speziell für Angehörige, beispielsweise über den Angehörigenverband.

Anlaufstellen und Informationen für Angehörige bietet auch die Deutsche Depressionsliga sowie die Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Gruppen für Angehörige können Austausch, Unterstützung und Entlastung bieten. Merken Angehörige, dass sie an ihre Grenzen kommen, sollten sie sich umgehend Unterstützung suchen.

Erste Anlaufstellen zusammengestellt vom Aktionsbündnis für seelische Gesundheit
Beratungs- und Notfallkontakte - Aktionsbündnis Seelische Gesundheit

Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0800 / 111 0111 und 0800 / 111 0222 erreichbar.
Oder per Chat und E-Mail: www.telefonseelsorge.de

Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: 0800 / 33 44 533 (kostenfrei)

Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention
Depression: Infos und Hilfe - Stiftung Deutsche Depressionshilfe

Deutsche Depressionsliga e. V.
https://depressionsliga.de

Wenn Sie bemerken, dass Ihr Angehöriger sich in einer akuten Krise befindet, wenden Sie sich an die nächste psychiatrische Klinik oder wählen Sie den Notruf unter 112.

Krisendienst Psychiatrie: 0800 / 655 3000


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