CAR-T-Zelltherapie hilft bei Rheuma: Neuer Ansatz gegen Arthritis

CAR-T-Zelltherapie bei Rheuma:Neue Therapie gegen rheumatoide Arthritis

von Thomas Förster
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Bei einigen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wirken selbst moderne Behandlungen nicht ausreichend gegen die Symptome. Wie die CAR-T-Zelltherapie helfen kann.

Eine ältere Person hält ihr schmerzendes Handgelenk fest, welches rötlich hervorgehoben ist.

Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Vor allem Finger-, Hand- und Zehengelenke sind betroffen.

Quelle: Imago / Imagebroker

Bis zu 17 Millionen Menschen in Deutschland haben Rheuma. Unter dem Oberbegriff werden über 100 Krankheiten unterschiedlicher Ursache und Symptome zusammengefasst. Allen gemeinsam sind Schmerzen an Gelenken, Muskeln, Sehnen oder Knochen sowie Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparats.

Zwar gibt es viele Therapiemöglichkeiten, doch bei bis zu einem Fünftel der Rheuma-Patienten helfen sie kaum. Hoffnung für Betroffene mit einer schweren entzündlich-rheumatischen Erkrankung verspricht eine neue Behandlung: die CAR-T-Zelltherapie.

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Rheumatoide Arthritis und Folgen

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind chronische Autoimmunerkrankungen, bei denen der Körper fälschlicherweise von Teilen des Immunsystems angegriffen wird.

Krankhafte sogenannte B-Zellen führen zu Entzündungen, vor allem im Bewegungsapparat, erklärt Martin Krusche, stellvertretender Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

B-Zellen sind widerstandsfähig und verstecken sich in vielen Nischen des Körpers, weshalb gängige Medikamente sie schlecht erreichen.

Dr. Martin Krusche, Internist und Rheumatologe

Zu den häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gehört die rheumatoide Arthritis, bei der B-Zellen vor allem die Gelenkinnenhaut angreifen. Genau hier setzt die CAR-T-Zelltherapie an.

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Ursprung der CAR-T-Zelltherapie

Auch T-Zellen sind Teil des Immunsystems. Diese macht man sich bei der Car-T-Zelltherapie zunutze. Die T-Zellen werden im Labor gentechnisch verändert und mit einem speziellen Rezeptor, dem chimären Antigen-Rezeptor (CAR), ausgestattet.

Die Therapie ist eine Form der Immuntherapie, die ursprünglich für Krebserkrankungen entwickelt wurde. Sie wird vor allem bei Blutkrebs und als neuer Ansatz bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt.

Die ersten experimentellen Therapien mit CAR-T-Zellen wurden 2010 in den USA angewendet. Die Ergebnisse galten als bahnbrechend. Krebspatienten konnten geheilt werden, bei denen andere Therapien zuvor versagten. Bei ihnen bekämpften die CAR-T-Zellen die bösartigen Krebszellen. Die CAR-T-Zelltherapie wurde anschließend so angepasst, dass sie auch die krankhaften Zellen bei Autoimmunerkrankungen gezielt eliminieren kann.


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Gentechnik verändert T-Zellen im Labor

Ärzte setzen die CAR-T-Zelltherapie derzeit im Rahmen von Studien bei rheumatischen Erkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) und der rheumatoiden Arthritis ein.

Dafür wird dem Patienten Blut abgenommen. Die darin enthaltenen T-Zellen werden dann isoliert und im Labor gentechnisch so verändert, dass sie auf ihrer Oberfläche den neuen Antigen-Rezeptor (CAR) tragen.

Die CAR-T-Zellen werden dem Patienten anschließend als Infusion verabreicht. Sie erkennen die krankhaften B-Zellen anhand eines bestimmten Antigens und zerstören diese über biochemische Prozesse. Dadurch wird auch die Produktion schädlicher B-Zellen gestoppt und die Erkrankung zurückgedrängt.

Gesunde B- und T-Zellen sind ein wichtiger Teil des Immunsystems. Nach der Therapie fehlen die B-Zellen zunächst, was die körpereigene Immunabwehr schwächt. Einige Monate nach der Behandlung bilden sich jedoch neue B-Zellen aus Stammzellen im Knochenmark. Diese neuen Zellen sind gesund und greifen den Körper nicht mehr an. Mediziner sprechen daher auch von einem Neustart des Immunsystems.


Heilung durch CAR-T-Zellen?

In bisherigen Studien konnte bei Patienten mit einer schweren entzündlich-rheumatischen Autoimmunkrankheit durch die einmalige Behandlung eine Remission erreicht werden. Das heißt: Die Symptome gingen stark oder ganz zurück. Viele Patienten können zudem auf Rheuma-Medikamente verzichten.

Ich könnte mir vorstellen, dass wir eine dauerhafte Heilung bei vielen Patienten erreichen können.

Dr. Martin Krusche, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Es besteht allerdings auch das Risiko, dass die Krankheit zurückkehrt.

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Nebenwirkungen der CAR-T-Zelltherapie

Die Vernichtung der B-Zellen kann eine starke Immunreaktion mit Fieber, Schüttelfrost und Blutdruckabfall auslösen, erklärt Martin Krusche.

Das sind Zustände, die potenziell lebensbedrohlich sein können.

Dr. Martin Krusche, Internist und Rheumatologe

Die Behandlung erfolgt deshalb nur in spezialisierten Zentren unter intensiver Überwachung. Langzeitergebnisse zu Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie gibt es noch nicht.

CAR-T-Zelltherapie künftig kein Standard

CAR-T-Zellen im Labor herzustellen ist aufwendig und teuer. Kosten von bis zu einer Viertelmillion Euro pro Patient sind möglich. Daher wird die Therapie auch nach einer Zulassung zunächst nur bei schweren Fällen eingesetzt, bei denen alle herkömmlichen Behandlungen versagen. Zudem testet man andere Herstellungsverfahren für CAR-T-Zellen, die die Therapie günstiger machen könnten.

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Quelle: dpa

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