Neues aus der Forschung: Depressionen individuell behandeln

Depression individuell behandeln:Personalisierte Therapie gegen Depressionen

von Thomas Bleich

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Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Traurigkeit: Depressionen sind oft nur schwer zu behandeln. Wie Forschende nach neuen individuellen Wegen zu Diagnose und Behandlung suchen.

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21.10.2025 | 5:33 min

Depressionen zeigen sich bei jedem Menschen anders, denn Ursachen, Symptome und Verläufe sind individuell und beruhen auf teilweise unbekannten neurobiologischen Mustern. Forschende arbeiten daran, zu verstehen, was bei Patienten mit Depressionen in Kopf und Körper geschieht. Nur so ist es möglich, ihnen besser und effektiver zu helfen.

Depression ist oft schwer behandelbar

Patienten mit Depressionen werden meist nach einem bestimmten Schema behandelt: mit Psychotherapie und Antidepressiva, einzeln oder in Kombination. Oft führt das zu einer Besserung der Symptome.

Bei fast einem Drittel der Betroffenen mit schweren Depressionen ist die übliche Behandlung mit einem Antidepressivum jedoch nicht ausreichend wirksam. Zudem kann sie erhebliche Nebenwirkungen haben.

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Mehr Lebensqualität durch gezielte Diagnose

Statt verschiedene medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungsverfahren auszuprobieren, soll eine optimale Therapie in Zukunft schon zu Beginn der Behandlung individuell festgelegt werden.

An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) koordiniert Hannah Maier einen Forschungsverbund von mehreren Partnern in Deutschland. Patienten, die wegen Depressionen in stationärer Behandlung sind, werden hier in eine Beobachtungsstudie aufgenommen, für die sie umfassend untersucht werden.

Wir wollen verstehen, welcher Patient auf welches Medikament oder welche Therapie tatsächlich besser anspricht.

Priv.-Doz. Dr. Hannah Maier, Medizinische Hochschule Hannover

Die Forschenden sehen große Chancen für eine effektivere Behandlung von Patienten mit schweren Depressionen bei denen die Standardbehandlung mit Psychotherapie und Antidepressiva keinen Erfolg gezeigt hat. Ziel ist, bei den Erkrankten von Beginn an einen Gewinn an Lebensqualität zu erreichen und zu vermeiden, dass die Depression chronisch wird.

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Forschungsprojekt untersucht Subtypen von Depression

In dem Forschungsprojekt "P4D" wird derzeit untersucht, wie die Behandlung von Depressionen besser auf einzelne Patienten zugeschnitten werden kann. Die Abkürzung P4D steht für personalisierte, prädiktive, präzise und präventive Medizin zur Verbesserung der Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Prävention depressiver Erkrankungen.

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Durch personalisierte Ansätze mithilfe von Biomarkern, Magnetresonanztomografie (MRT), Hirnstrommessungen und Schlafdiagnostik soll schon zu Beginn einer Therapie bestimmt werden, welche Behandlung für wen am besten geeignet ist. Koordiniert wird das Projekt an der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der MHH.

Das besondere an dem P4D-Projekt ist, dass wir eine sehr umfassende Diagnostik und Charakterisierung der Patienten vornehmen.

Priv.-Doz. Dr. Hannah Maier, Koordinatorin P4D-Forschungsprojekt

Das Projekt solle auch dazu beitragen, verschiedene Formen von Depressionen, sogenannte Subtypen, besser zu verstehen, erklärt Hannah Maier.

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Bluttest soll zeigen, ob Antidepressivum wirkt

Individuelle Unterschiede auf neurobiologischer Ebene führen dazu, dass gängige Antidepressiva nicht bei allen Patienten gleich wirken. Bei ihrer Auswahl und Dosierung müssen daher diese individuellen Merkmale der Patienten stärker berücksichtigt werden. Große Hoffnung setzen die Forschenden dabei auf die Identifizierung von Biomarkern.

Der Biomarker BDNF wird derzeit intensiv beforscht. Die Abkürzung BDNF steht für Brain-Derived Neurotrophic Factor. Es handelt sich um ein Protein, das eine Schlüsselrolle bei der Funktion, dem Wachstum und dem Überleben von Nervenzellen im Gehirn spielt.

Faktoren wie Stress, Ernährung, Bewegung und Medikamente können den BDNF-Spiegel beeinflussen. Daher könnte BDNF gut als Biomarker für die psychische Gesundheit und Resilienz dienen. Und nicht nur das: Vielleicht ermöglicht er künftig sogar Aussagen zur Wirksamkeit von Antidepressiva.


In einem Teil des Forschungsprojekts wird derzeit untersucht, ob eine frühe Bestimmung des Biomarkers BDNF im Blut die Behandlung von Patienten mit Depressionen verbessern kann.

Wir untersuchen, ob BDNF darauf hinweisen kann, ob Patienten auf bestimmte Antidepressiva ansprechen oder nicht.

Priv.-Doz. Dr. Hannah Maier, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, MHH

Die Stimulation des Vagusnervs, der direkt mit dem Gehirn verbunden ist, gilt als vielversprechende Therapie zur Linderung von Depressionen und Symptomen wie Erschöpfung und Antriebslosigkeit.

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Patienten, die laut Bluttest nicht auf ein Antidepressivum ansprechen, könnten dann mit alternativen Methoden wie einer intensivierten Psychotherapie oder Stimulationsverfahren behandelt werden, so Hannah Maier.

Als Stimulationsverfahren werden Methoden zur nichtmedikamentösen Behandlung von Depressionen bezeichnet. Sie werden oft bei schwer zu behandelnden Depressionen eingesetzt, wenn andere Therapien nicht wirken.

Zu den gängigen Verfahren gehören die transkranielle Magnetstimulation (TMS), bei der Magnetpulse von außen über den Schädel verabreicht werden, um die Hirnaktivität zu beeinflussen.

Ein weiteres Verfahren ist die Elektrokonvulsionstherapie (EKT), auch als Elektrokrampftherapie bekannt. Dabei wird unter Vollnarkose und Muskelentspannung ein kurzer gezielter elektrischer Impuls ausgelöst, um einen kontrollierten Krampfanfall zu erzeugen. Dadurch werden im Gehirn biochemische Veränderungen und die Entstehung neuer Nervenverbindungen angeregt.

Weitere Verfahren sind die Vagusnerv-Stimulation (VNS) sowie die tiefe Hirnstimulation (THS), für die Elektroden ins Gehirn implantiert werden müssen.


Langwierige Behandlungsversuche mit nebenwirkungsreichen Medikamenten könnten ihnen dadurch erspart bleiben.

Dr. Thomas Bleich ist Arzt und Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

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Quelle: dpa

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