Mitgliederbegehren gegen Grundsicherung:Das strategische Dilemma von Bas und Klingbeil
von Lars Bohnsack
SPD-Linke wollen ein Mitgliederbegehren gegen die neue Grundsicherung starten. Darin zeigt sich ein grundsätzlicher Richtungsstreit. Die SPD-Spitze steht vor einem Dilemma.
SPD-Führung mit Bärbel Bas und Lars Klingbeil vor Dilemma: Ob die neue Grundsicherung kommt, hängt auch von der Parteibasis ab. (Archivbild)
Quelle: ImagoDie SPD steht wieder einmal vor einer Bewährungsprobe. Während die Parteispitze gemeinsam mit der Union eine Reform des Bürgergelds vorbereitet, formiert sich Widerstand aus den eigenen Reihen.
Ein Mitgliederbegehren soll eine Abkehr von geplanten Sanktionen und eine Rückbesinnung auf sozialdemokratische Grundwerte fordern.
Was steckt hinter der geplanten Grundsicherung?
10.10.2025 | 1:51 minDie "neue Grundsicherung für Arbeitssuchende" soll das Bürgergeld ablösen. Kernpunkte sind strengere Sanktionen, eine verschärfte Vermögensprüfung und die Rückkehr zum Vermittlungsvorrang. Wer wiederholt Termine beim Jobcenter versäumt, muss mit schnellen Leistungskürzungen von bis zu 30 Prozent rechnen.
SPD-Linke kritisiert "Tabubruch"
Im Extremfall droht sogar die vollständige Streichung der Leistung, inklusive der Kosten für Unterkunft und Heizung. Und auch die bisherige Karenzzeit bei der Vermögensprüfung entfällt.
Schonvermögen soll sich künftig an der Lebensleistung orientieren. Die Maßnahmen sollen laut Koalition die Mitwirkungspflicht stärken und Missbrauch verhindern.
Doch geht es wirklich um Effizienz oder um soziale Härte, fragt sich ein Teil des linken Flügels der SPD und redet von einem Tabubruch. Juso-Chef Philipp Türmer etwa warnt:
Wir dürfen nicht zulassen, dass die SPD erneut in eine Agenda-Politik abrutscht, die Menschen in Not stigmatisiert, statt ihnen zu helfen.
Philipp Türmer, SPD
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Was das Mitgliederbegehren fordert
Jusos und linke Parteiströmungen wollen deshalb ein Mitgliederbegehren starten. In der Begründung heißt es:
Die SPD darf keine Politik mittragen, die Armut bestraft.
Aus dem Mitgliederbegehren
Die Forderungen: keine Verschärfungen der Sanktionen, mehr Unterstützung statt Druck, klare Abgrenzung von populistischen Narrativen. Zudem verlangen die Antragssteller eine Vermögenssteuer für Reiche statt Verkürzungen bei Bedürftigen.
Laut SPD-Chefin Bärbel Bas sind 800.000 Empfänger des Bürgergelds arbeitsfähig.
12.10.2025 | 5:51 minFür die SPD geht's ums Grundsätzliche
Das Mitgliederverfahren muss noch offiziell gestartet werden und ist klar geregelt. Zunächst müssen ein Prozent der Mitglieder das Begehren, das bereits online ist, unterstützen.
Erreichen die Initiatoren innerhalb von drei Monaten die Unterstützung von 20 Prozent der Mitglieder, muss die Parteiführung den Antrag entweder umsetzen oder einen Mitgliederentscheid durchführen. Ein Szenario, das so oder so die Regierungskoalition unter Druck setzen könnte.
Bislang hat sich die Parteispitze nicht zum Mitgliederentscheid geäußert. Die Führung spielt auf Zeit, vielleicht auch, weil das Begehren mehr ist als ein innerparteilicher Streit. Es ist Ausdruck einer grundsätzlichen Richtungsdebatte.
Mit dem Bürgergeld wollte die SPD einst ihr Hartz-IV-Trauma überwinden. Nun räumen es die Sozialdemokraten wieder ab und beschließen harte Sanktionen.
12.10.2025 | 4:14 minDilemma für Bas und Klingbeil
Einerseits will die SPD als Regierungspartei Handlungsfähigkeit demonstrieren und mit CDU und CSU Kompromisse eingehen. Andererseits befürchten einige Genossen, dass die SPD ihre sozialpolitische Identität verliere, wenn sie Sanktionen mittrage, die sie als unsozial empfinden.
Das stellt die SPD-Führung mit Bärbel Bas und Lars Klingbeil vor ein strategisches Dilemma. Ob die Reform kommt, hängt nicht mehr nur von der Koalition ab, sondern auch von der Parteibasis.
Sollte die beim Mitgliederbegehren die nötige Unterstützung erreichen, wird die SPD-Spitze gezwungen sein, sich klar zu positionieren. Es könnte der Lackmustest für die Glaubwürdigkeit der SPD werden.
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