Finnlands Außenministerin: "Sanktionen wirken"

Interview

Russland-Politik der EU:Finnlands Außenministerin: "Sanktionen wirken"

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Finnland wirbt für scharfe Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Im ZDF-Interview verteidigt Außenministerin Elina Valtonen die Pläne der EU - und lobt Deutschland.

Elina Valtonen, die Aussenministerin von Finnland, im Gespräch mit Johann Wadephul (CDU), Bundesaußenminister, am 09.09.2025 in Berlin.

Finnlands Außenministerin Elina Valtonen sieht Deutschland in einer Führungsrolle in Europa. (Archivbild)

Quelle: Imago

ZDFheute: Frau Ministerin, der deutsche Bundeskanzler sagt, Deutschland müsse eine Führungsrolle übernehmen in Europa. Das würden die anderen Staaten erwarten. Hat er recht?

Elina Valtonen: Er hat völlig recht. Wir sind sehr glücklich und dankbar für die Rolle, die Deutschland in den letzten Jahren und jetzt vor allem unter Kanzler Merz eingenommen hat. Wir müssen nicht nur stark bleiben, sondern noch stärker werden in der Verteidigung der Demokratie und der europäischen Werte.

ZDFheute: Warum wird von Deutschland eine Führungsrolle erwartet?

Valtonen: Deutschland ist politisch und wirtschaftlich die stärkste Macht in Europa. Die Europäische Union ist für all ihre Mitgliedsstaaten die einzige Möglichkeit, in der Weltpolitik relevant zu bleiben. Und ja, da blicken natürlich alle auf Deutschland. Es ist wichtig, dass sich die führende Demokratie Europas dafür einsetzt, dass auch andere Länder, besonders auf der Ostseite Europas, eine Chance haben.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Johann Wadephul (CDU), Außenminister

Die Erwartungen an Deutschland, international eine Führungsrolle zu übernehmen, steigen. Doch kann die Bundesregierung die Erwartungen erfüllen? Bisher ist sie vor allem eines: zögerlich.

14.09.2025 | 6:05 min

ZDFheute: Die EU schnürt gerade das 19. Sanktionspaket gegen Russland. Wirken die Sanktionen überhaupt?

Valtonen: Die Sanktionen wirken. Sie sollten ja nie Russland über Nacht zum Kollabieren bringen. Und natürlich haben wir nicht vollkommen verhindern können, dass Russlands Kriegsindustrie an die militärischen Komponenten herankommt, die im Westen hergestellt werden. Aber wir haben es für Russland sehr viel schwerer gemacht.

ZDFheute: Sie glauben, dass die russische Wirtschaft schwächelt?

Valtonen: Es ist sehr viel teurer geworden. Das spiegelt sich darin wieder, dass die Inflation inoffiziell bei ungefähr 20 Prozent liegt, der Leitzins ist bei 20 Prozent. Für keine Wirtschaft ist das auf lange Sicht durchzuhalten. Wir müssen einfach nur an unsere Strategie glauben. Die Ukraine stärken, Russland schwächen und an unserer eigenen Verteidigung arbeiten.

Das wird zu Frieden führen. Nicht morgen, aber auf lange Sicht schon.

Bundesaußenminister Johann Wadephul, CDU, im Berlin-direkt-Interview

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14.09.2025 | 7:49 min

ZDFheute: Um die Sanktionen zu verabschieden, sind in der EU noch zwei Hürden zu nehmen. Sie heißen Ungarn und die Slowakei. Was ist Ihr Rat? Wie soll man umgehen mit diesen Ländern?

Valtonen: Wir haben es in den letzten Jahren auch irgendwie geschafft, mit diesen Ländern umzugehen. Obwohl sie vielleicht in dieser Frage ein bisschen anders ticken als wir, ist es doch gerade die Eigenschaft der Europäische Union, dass sie eine Gemeinschaft aus 27 Ländern ist. 

Da ist es auch okay, dass manche Regierungen ab und zu anders denken. Wir sind eben Demokratien. Aber wie wir außenpolitisch Entscheidungen fällen, das muss geändert werden. Das Einstimmigkeitsprinzip ist nicht mehr optimal in dieser Weltlage. 

ZDFheute: Deutschland hat rechtliche Bedenken, die russischen Vermögenswerte, die in der EU lagern, zu beschlagnahmen. Was sagen Sie der Bundesregierung?

Valtonen: Wir sind dafür, dass sie beschlagnahmt werden, und es wird sich auch eine rechtliche Lösung dafür finden. Ich bin mir sicher, dass das Geld eh eingefroren bleibt, bis Russland eines Tages all den Schaden ersetzt hat, den es in der Ukraine und in Europa angerichtet hat. Jetzt müssen wir in der EU kreativ sein.

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